Sie währte kurz, war aber intensiv: die Blüte des Japonismus. Der Begriff steht für eine geradezu manische Leidenschaft für die japanische Kunst und Kultur, die sich mit der Öffnung des Landes 1854 in Frankreich ausbreitet. Nach den Pariser Weltausstellungen von 1864 und 1878, wo japanische Lackarbeiten, Vasen, Textilien, Holzschnitte und Malereien gezeigt wurden, sammelten alle, die sich für modern hielten, solche Objekte. Auch die Kunstwelt war hin und weg. So besassen u. a. van Gogh und Gauguin stattliche Sammlungen an Holzschnitten von japanischen Meistern. Ebenso Pablo Picasso. Sein Interesse galt den erotischen «Shunga». Sie werden nun in Zürich in einem kleinen Lust-Kabinett seinen eigenen erotischen Blättern aus der Serie «Raffael und die Fornarina» gegenübergestellt. Die Faszination für die hochentwickelte Bildwelt des japanischen Holzschnitts inspirierte die Künstler, selber neue Bildformen zu erproben. Sie adaptierten exotische Bildthemen für ihre eigenen Werke. So entdeckte Degas das Sujet «Frauen bei der Toilette», Courbet und Rivière wandten sich der seriellen Darstellung eines Motivs zu. Van Gogh gestaltete den Hintergrund von «Bildnis Père Tanguy» mit japanischen Figuren, bildet in «Japonaiserie» farbenprächtig eine Geisha ab, und sein berühmtes Bild «Der Sämann» ist mit seinem ins Bild wachsenden Baum nach dem Kompositionsprinzip japanischer Druckgrafik aufgebaut.
Ohne Japanismus gäbe es zudem keine Seerosenbilder von Monet. Nicht nur liess der Künstler seinen Garten im französischen Giverny nach japanischem Vorbild anlegen, auch seine meisterhaften Seerosenbilder, in die man mangels Horizont geradezu hineintauchen kann, sind dem japanischen Blick auf die Natur entlehnt.Mit über 350 Gemälden, Kunstgegenständen und Holzschnitten europäischer und japanischer Meister ist die Begegnung zweier Kulturen ein Genuss.
Kunsthaus Zürich
Bis 10. 5., Di/Fr–So 10–18 Uhr, Mi/Do 10–20 Uhr, Tel. 044 253 84 84, Katalog CHF 45.–, www.kunsthaus.ch