Ein Bild der Zärtlichkeit. Er drückt die Frau sanft an sich, sie umarmt ihn stürmisch. Die Fotografie wurde 1963 in Stampa aufgenommen und zeigt Alberto Giacometti (1901–1966) in inniger Umarmung mit seiner Frau Annette (1923–1993). Zwar hat Giacometti zu diesem Zeitpunkt bereits seit vier Jahren eine Affäre mit der jungen Pariser Prostituierten Caroline, die ihm oft Modell steht, doch dies scheint das Eheglück nicht zu trüben. Die Ausstellung in Chur beruht auf einem langfristigen Depositum von Remo Stoffel. Ein privater Sammler hat dem Museum vor drei Jahren zwei Mappen mit Fotografien und eine Reihe von Zeichnungen von Alberto Giacometti angeboten, Unternehmer Stoffel hat für die Finanzierung gesorgt. In der aktuellen Schau «Alberto Giacometti: neu gesehen» stehen nun ausgesuchte Skulpturen des Bergeller Künstlers im Dialog mit zum Teil in der Öffentlichkeit noch nie gesehenen Zeichnungen und Aufnahmen. Letztere stammen von unbekannten, aber auch von bekannten Fotografen wie Henri Cartier-Bresson, Robert Doisneau, Man Ray, Gordon Parks und Ernst Scheidegger. Alberto Giacometti wurde in seinem Leben viel abgelichtet. Das Interesse der Fotografen galt sowohl seiner
Person als auch seinem aufs Wesentliche reduzierten OEuvre. Vor allem jene Aufnahmen, die den Künstler beim Arbeiten oder Betrachten seiner Werke zeigen, sind aufschlussreich. So auch die Fotografie von Gordon Parks «Alberto Giacometti arbeitet im Atelier, Paris, 1951» (r. u.). Passend zum Bild die Worte des französischen Schriftstellers Jean Genet: «Da im Augenblick die Statuen sehr hoch sind – in braunem Ton–, wandern seine Finger, wenn er vor ihnen steht, auf und ab wie die eines Gärtners, der ein Rosenspalier schneidet. Die Finger spielen an der Statue entlang, und das ganze Atelier vibriert, lebt.»
Bündner Kunstmuseum, Chur:
Bis 4. 9. Di–So 10–17 Uhr, Tel. 081 - 257 28 68, Katalog CHF 49.–,
www.buendner-kunstmuseum.ch