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Jürg Benninger

Mehr als eine Masche!

In der Kunstszene ist Jürg Benninger eher ein Aussenseiter. Denn der Künstler erschafft seine Skulpturen und Wandbilder mit der Häkelnadel. Und versetzt die Leute damit in Staunen.

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Alles hängt an einem Faden: Der Künstler Jürg Benninger in seinem Genfer Atelier.
Fred Merz

Sie laden zum Knuddeln ein: die bunten, dreidimensionalen Häkel-Objekte in Jürg Benningers Atelier. Männerköpfe mit Elvis-Tolle, Kruselhaar oder Stirnglatze, gestreifte Menschenwesen, aus deren Körpern sich Schlangen winden, und kuschelige Schosshündchen im wahrsten Sinne des Wortes.

Wie kommt ein Mann aufs Häkeln? Jürg Benninger, 45, reizte der Charakter des Materials. Er gerät ins Schwärmen. Wolle ist weich. Tolerant. Fügt sich seiner Fantasie. «Ich beginne zu arbeiten und weiss eigentlich noch nicht, was daraus entsteht. Es ist diese Neugier, die mich antreibt.» Während die Gedanken vorauseilen, bremsen die Hände. «Ich mag diese Langsamkeit des Entstehens. Masche für Masche.» Hinzu kommt die praktische Seite: Das Material ist stets greifbar, die Werke lassen sich gut transportieren und lagern – etwas Mottenpapier genügt! Auch vom Format her hat die Technik viele Vorteile.

Bis 1995 hat der Innerschweizer gemalt. Mit Erfolg. Danach begann er mit Sperrholz dreidimensional zu arbeiten. «Ich wollte weg vom vorgegebenen rechteckigen Format.» Schliesslich verläuft auch Benningers Leben nicht rechteckig. Mit 22 entscheidet sich der Grafiker für die Kunst. Und bekennt sich zur Homosexualität. Der Liebe wegen lebt er seit fünf Jahren in Genf.

Mit Nachtjobs hält er sich finanziell über Wasser, denn mit Häkelkunst lässt sich viel weniger Geld verdienen als mit der Malerei. «Ich lebe für die Kunst, aber in erster Linie liebe ich das Leben.» Atelierstipendien und Auszeichnungen wie der Swiss Award 2006 bestätigen ihn in seinem Schaffen.

In Boxen stapeln sich Wollknäuel und Garnspulen in allen Farben. In einem Topf stehen verschieden grosse Häkelnadeln – statt Pinsel. Das Häkeln liess sich Benninger in einer «Schnellbleiche» in einem Nähshop erklären. Drei Grundbegriffe beherrscht er: abnehmen, zunehmen oder gerade aus. Die Technik kümmert ihn wenig.

Spannend ist für ihn, dass er in einem Arbeitsgang Haut, Haare und Form herausarbeiten kann. Das Publikum bleibt vor seinen Werken oft staunend stehen. Diese Woche sind die Arbeiten des Künstlers noch in Luzern zu sehen. Danach nimmt er in Zürich an der internationalen Gruppenschau «Neue Masche – gestrickt, gestickt und anders» teil. Und ist für einmal nicht der einzige Mann. 

Galerie Das Ding, Luzern: Bis 30. 4., Do/ Fr 15–19, Sa 11–16 Uhr, Tel. 041 - 210 29 11, www.galerie-dasding.ch, www.jjwb.ch

Museum Bellerive, Zürich: 29. 4.–24. 7., Di–So 10–17 Uhr. Tel. 043 - 446 44 69, www.museum-bellerive.ch

 

Von Isolde Schaffter-Wieland am 24. April 2011 - 11:37 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 20:33 Uhr