Ein Konzertbesuch von Bait Jaffe gleicht einem Zeitsprung in die 1930er-Jahre. Die vier Musiker auf der Bühne tragen Gilets, Schiebermützen, Cordhosen. Sehen aus wie Hafenarbeiter, Kleinganoven oder Pokerspieler aus einem Schwarz-Weiss-Film. Und spielen alte jiddische Hochzeitstänze, russische Lumpenlieder, aber auch melancholische Stücke mit berührender Tiefe. Bait Jaffe beherrscht die ganze Vielfalt der Klezmermusik. David und Sascha Schönhaus sind mit dieser Musik gross geworden.
Ihr Vater Cioma, ein russischer Jude, hatte ständig jiddische Lieder auf den Lippen. Melodien, die ihm seine Eltern und Grosseltern in der Kindheit vorgesungen hatten. So wie es seit Generationen Tradition war bei der Familie Schönhaus. Bis der Zweite Weltkrieg kam. Irgendwann hörte Cioma auf zu singen und erzählte den Söhnen von seiner Flucht vor den Nazis. Wie er mit dem Fahrrad in die Schweiz kam. Ohne Gepäck. Und ohne Eltern, die im Grauen des Krieges verschollen waren. Das Einzige, was Cioma von seiner Familie geblieben ist, sind die Melodien in seinem Kopf.
Diesem musikalischen Erbe erweisen Bait Jaffe (jiddisch für Schönhaus) seit 17 Jahren die Ehre. «Der Fundus an Melodien ist schier unerschöpflich», sagt David Schönhaus. Er habe Berge von Kassetten zu Hause, auf denen er die Lieder seines Vaters aufgenommen hat. Aus diesen Fragmenten entwickelt die Band gemeinsam ihre eigenen Kompositionen, die neben traditionellen Klezmerstücken einen wichtigen Part im Repertoire einnehmen. Einflüsse aus Klassik und Jazz sind herauszuhören. «Wir wollen nicht die Asche verehren, sondern das Feuer weitertragen», sagt David Schönhaus. Davon zeugt auch ihre neue CD «Zwiegespräche». Der Titel steht nicht nur für den musikalischen Austausch von Sascha Schönhaus (Klarinette, Saxofon, Gesang), Andreas Wäldele (Geige), Niculin Christen (Klavier) und David Schönhaus (Bass, Gesang). Er ist auch Programm. An einzelnen Konzertabenden betritt ein Gast die Bühne: Michael Goldberger.
Der Rabbiner erzählt zwischen den Musikstücken Geschichten aus dem Talmud, einer nach dem dialogischen Prinzip aufgebauten Schrift des Judentums. Die Erzählungen sollen dem Publikum von Bait Jaffe einen ungezwungenen und durchaus auch humorvollen Einblick in die Denk- und Gefühlswelt der jüdischen Kultur ermöglichen. Es gehe dabei keineswegs darum, dem Abend eine religiöse Note zu verleihen, betont Sascha Schönhaus. «Die Religion findet bei uns in der Musik statt. Und Musik ist die universellste aller Sprachen.»
Konzerte:
3. 12. um 21 Uhr, Kulturschiene, Malters LU. 5. 12. um 17 Uhr, Zwiegespräch mit Rabbi Michael Goldberger im Kellertheater Langnau i. E. BE. 18. 12. um 20.30 Uhr, Kulturscheune, Liestal BL.
Aktuelle CD: «Zwiegespräche», www.baitjaffe.ch