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Sandra Boeschenstein

Die Poesie der Linie

Die Zürcher Künstlerin Sandra Boeschenstein spürt in ihrem filigranen Werk philosophischen Fragen nach. 

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Sandra Boeschenstein gibt Ausstellung in der Galerie Marlene Frei

Klare Linien: Sandra Boeschenstein in ihrem Atelier beim Güterbahnhof in Zürich. 

Roger Hofstetter

Das Atelier ist spartanisch eingerichtet. Ein weisser Vorhang unterteilt den grossen Raum, zwei Regale, zwei Tische, ein Stuhl. An der Wand hängen rätselhafte Zeichnungen von Sandra Boeschenstein, 46. Weiss auf schwarz gezeichnet, wirken sie wie Traumwelten, seltsam unwirklich und doch vertraut. Alltagsgegenstände wie Rollkoffer, Handschuhe, Tische oder Garderobenständer stehen im leeren Raum und werden mittels Schnüren mit Flugzeugen, Pistolen, Feldstechern oder Helikoptern verbunden.

«Im Eigenschatten der Erde»: Der Titel des aktuellen Zyklus ist bezeichnend. Die Künstlerin leuchtet gern die Ränder der Wahrnehmung aus, stellt Fragen wie: «Wie weit ist hinter den Augen Licht?», schreibt Sätze wie: «Die ungelösten Kausalnähte trage ich im Futter des Mantels.» Mit Logik kommt man beim Betrachten ihrer Arbeiten nicht weit. Noch schneller sind die Grenzen des Erklärbaren bei den Sätzen erreicht, die nicht als Bildtitel auftauchen, sondern eigenständige Gedanken sind. «Mich interessiert, was passiert, wenn sich Wahrnehmen und Denken während des Zeichnens überlappen.»

Vor einem Jahr hat Sandra Boeschenstein begonnen, weiss auf schwarz zu zeichnen. Erst wird das Blatt dick mit weisser Ölkreide bemalt, dann kommen Schichten von schwarzer Ölfarbe drüber. Mit einem spitzen Griffel holt sie das Weiss wieder hervor. Die Dunkelheit ist raumfüllend, der Lichtauftritt ein Ereignis. «Ich befreie, was drunter verborgen ist.»

Auf einem Tisch stapeln sich Stempel, die die Künstlerin nach eigenen Vorlagen herstellen lässt. Unter anderem Figuren, Tiere und Menschengruppen, die sie in den Zeichnungen schwarz auf weiss verwendet. Im Gegensatz zu den dunklen Werken, in denen der Raum eine starke Präsenz hat, wirken die Menschen auf den hellen Blättern wie verloren.

Galerie Marlene Frei, Zürich
Di–Fr 12–18.30, Sa 12–16 Uhr, Tel. 044 291 20 43
www.marlenefrei.com

Von Anina Rether am 20. September 2013 - 14:16 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 18:21 Uhr