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  5. Gitta Gsells Dokufilm Bödälä
Tanz

Sie macht allen Beine

Die Protagonisten des Schweizer Dokufilms «Bödälä – Dance the Rhythm» tanzen sich die Gefühle aus dem Leib und die Füsse wund. An den 45. Solothurner Filmtagen ­erhielt der Film den Publikumspreis.

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Gitta Gsell auf dem Dach ihres Ateliers in Zürich Altstetten
Malu Barben

Sie tuts. Immer mal wieder. In ihrem Atelier mit grosser Fensterfront hoch über den Gleisen von Zürich. Steht vom Pult auf, geht in die Mitte des Raumes, nimmt Haltung an und – bödälät. «Es tut sehr gut, zwischendurch mal aufzustampfen. So lässt sich überschüssige Energie loswerden», sagt Gitta Gsell lachend.

Dass Bödälä jedoch weit mehr ist als ein befreiendes Aufstampfen, ist in ihrem aktuellen gleichnamigen Dokumentarfilm eindrücklich zu sehen. Ausgehend von der Innerschweiz macht sich die Regisseurin auf eine rasante Entdeckungsreise durch die Schweiz. Spürt Traditionen nach. Begegnet dem Stepptänzer Lukas Weiss, begleitet die Irish-Folk-Tänzerin Sabrina an die WM nach Irland, schaut in Ania Losingers Kiste mit den zertanzten Flamencoschuhen und kehrt immer wieder zurück zu Claudia, Elias und dem Bödälä. Es wird getanzt, geklopft, gestampft, was das Zeug hält. Auf Parkbänken, Eimern, selbst gebauten Klangböden, in Beizen, an Wettbewerben und im stillen Kämmerlein. Offenbar beschränkt sich des Schweizers Rhythmusgefühl nicht auf das mechanische Ticken eines Uhrwerks. Ha!

Die Zürcherin sucht nach möglichen Parallelen zwischen all diesen archaischen Tänzen, bei denen das Stampfen zentral ist. Stellt traditionelle Schweizer Tänze wie Gäuerlen und Bödelen dem Flamenco, Irish Dance und Stepptanz gegenüber. Musik und Tanz üben auf die Regisseurin eine grosse Faszination aus. «Es sind ursprüngliche Kommunikationsmittel. Damit können wir uns viel direkter und ungefilterter ausdrücken als mit der Sprache.» Ihre Begeisterung spiegelt sich auch in ihren Filmen wider.

Einem breiten Publikum bekannt wurde Gitta Gsell mit «Propellerblume» (1999). Der Spielfilm, in dem eine angehende Opernsängerin ihren eigenen Weg
zwischen Geborgenheit und Anarchie, Oper und Techno sucht, wurde für den Schweizer Filmpreis nominiert. Für ihr stimmungsvolles Porträt über die international bekannte Schaffhauser Freejazzerin Irène Schweizer (2005) wurde sie mit der Schweizer Filmperle ausgezeichnet.

«Tanz ist ein Telegramm an die Erde mit der Bitte um Aufhebung der Schwerkraft.» Das Zitat stammt von einem, der es wissen musste: Fred Astaire. Mit seinen virtuosen Stepptanz-Einlagen hat der Amerikaner Anfang der 1930er-Jahre eine Welle der Tanz-Euphorie losgetreten, die die halbe Welt erfasste. Ganz so weit wird es
«Bödälä» wohl nicht bringen. Aber um die Schweiz mit dem Tanzfieber anzustecken, reicht es locker. Also: Schuhe anschnallen und los gehts.

Von Anina Rether am 2. März 2010 - 09:44 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 19:29 Uhr