Frau Toman, macht das Prinzessinnenamt Letizia krank?
Dr. Erika Toman: Das ist nur aufgrund der Fotos schwer zu sagen. Aber Magersüchtige sind vom Typ her meist perfektionistisch. Das heisst: Sie sind streng zu sich selbst und neigen zu Schuldgefühlen. Wenn dieser Druck von aussen noch verstärkt wird und man ständig unter Beobachtung steht, kann der Wahn, die Essensgewohnheiten zu kontrollieren, überhandnehmen.
Als sie noch als Bürgerliche lebte, wirkte Letizia gesünder.
Eine extreme Lebensveränderung rüttelt massiv an der Identität und am Selbstwertgefühl. Auf einmal wird man fremdbestimmt, und auch die Beurteilungsinstanz ist schwer zu fassen. Deshalb braucht es in einer solchen Position viel Selbstvertrauen. Letizia versucht, alles richtig zu machen, weiss aber nie, ob sie gegen eine Regel verstossen hat oder ob irgendjemand einen Fehler entdeckt.
Die Prinzessin zeigt sich im ärmellosen Kleid, in dem alle ihre spindeldürren Arme sehen. Ein Hilfeschrei?
Kein bewusster. Im Gegenteil: Sie gefällt sich wohl so und ist sogar stolz darauf. Trotzdem drückt sie über den Körper ein massives Unbehagen aus, das sie nicht anders vermitteln kann. Schwer zu verstehen ist auch, warum ihre Berater sie nicht darauf angesprochen haben. Oft traut man sich als Aussenstehender nicht und fürchtet sich vor der Reaktion.
Wie erkennt man, ob jemand an Magersucht leidet?
An erster Stelle steht natürlich das Aussehen. Magersüchtige sind nicht nur schlank, sondern stark untergewichtig. Dann spielt aber auch das Verhalten eine wichtige Rolle. Beschäftigt sich jemand ständig mit dem Thema Essen oder Gewicht? Entschuldigt sich bei Einladungen damit, dass er oder sie schon gegessen hat oder kocht für andere und isst dann nicht. Das alles sind Anzeichen. Dazu kommt auch die Stimmung. Zum Beispiel wenn jemand vordergründig heiter, aber sonst eher zurückgezogen oder sogar depressiv ist.
Dr. Erika Toman ist Psychologin und Präsidentin des Experten-Netzwerks Essstörungen Schweiz ENES.
Mehr zu Prinzessin Letizia und die Frage, wie krank sie ist, finden Sie in der aktuellen Ausgabe der «Schweizer Illustrierten», Nr. 48, vom 28. November 2011 - und auf dem iPad.