Er habe es ja gesagt, meint André Reithebuch, 30, leicht verärgert und lässt den Blick über die nebelverhangenen Eggstöcke schweifen. «Freut euch nicht zu früh», meinte er vor einer knappen Stunde auf dem Parkplatz der Braunwaldbahn, als die Freude über den knallblauen Himmel gross war. Reithebuch kennt die Glarner Alpen wie seine Westentasche – und er kennt auch den Nebel, der plötzlich auftauchen kann.
Für ihn ein Kinderspiel
Dieser mindert seinen Tatendrang aber kaum. Ein kurzer Blick auf die Uhr, und los gehts! Der erste der drei Klettersteige, die Leiteregg-Route, ist für ihn ein Kinderspiel. Schliesslich steckt Reithebuch nicht nur in der Ausbildung zum Bergführer, sondern ist als Vorstandsmitglied des Vereins Trendsport Braunwald auch für den Unterhalt der Klettersteige zuständig. «Das bedeutet, dass ich zum Beispiel nach Gewittern kontrolliere, ob noch alles in Ordnung ist, und dass ich die Steige im Frühling und im Herbst einrichte und abräume.»
Das Klettern wurde dem Glarner sozusagen in die Wiege gelegt. «Ich bin in Linthal aufgewachsen, da gibts auf drei Seiten Berge. Es bleibt einem nichts anderes übrig, als zu klettern», meint Reithebuch schulterzuckend. Mittlerweile lebt er mit seiner Freundin Johanna zwar in der Hauptstadt Glarus, das Bergsteigen aber ist seine Passion geblieben. Eine, für die er sogar seine feste Anstellung als Zimmermann aufgegeben hat. Seit eineinhalb Jahren bietet der Mister Schweiz 2009 mit seiner eigenen GmbH Holzarbeiten sowie Arbeiten am hängenden Seil an, etwa Felsräumungen. Und er arbeitet hart für seine Bergführer-Ausbildung, um das Klettern vielleicht irgendwann zum Beruf machen zu können.
Es gibt keinen Grund das Glarnerland zu verlassen
Ob er sich vorstellen könnte, das Glarnerland mal zu verlassen? «Klar», meint André und hängt behände einen Karabinerhaken ins Sicherungsseil. «Aber es gibt keinen Grund. Ich habe mein Glück im Job und in der Liebe hier gefunden. Was will ich mehr?» Zu Hause, das ist für den ehemals schönsten Schweizer ein Synonym für Geborgenheit. Und diese vermitteln ihm vor allem die Berge. Dort verbringt er jede freie Minute. Im Sommer beim Wandern oder Bergsteigen, im Winter auf Skitouren. Vergangene Saison war er seinem Kanton allerdings «untreu» und arbeitete als Skilehrer in Arosa GR. «Ein Blick über die Kantonsgrenze hinaus erweitert ja bekanntlich den Horizont», meint Reithebuch grinsend.
Ein schriller Pfiff durchbricht die neblige Stille. «Ein Murmeltier. Da unten sitzt es.» André Reithebuchs ausgestreckter Zeigefinger weist zu seinen Füssen, er steht sicher in der fast senkrecht abfallenden Felswand. Seine Freundin bevorzuge zwar Wanderungen, komme aber hin und wieder auch gern mit auf eine Kraxel-Tour, erzählt er auf den letzten paar Tritten. «Eine, die mit Bergen gar nichts am Hut hat, das würde nicht gehen. Ich brauche jemanden, der Verständnis dafür hat, wie wichtig sie mir sind.»
Über Kieswege und Leitern geht es zurück Richtung Ausgangspunkt, zum Berghaus Gumen. Ein letzter Blick zurück – die Eggstöcke ragen in einen stahlblauen, nebelfreien Himmel! «Na super», seufzt Reithebuch. «Gehen wir noch mal?»
Drei Tipps von André Reithebuch zum Kanton Glarus
Im Dossier: Weitere Prominente und ihre Lieblingsorte in der Sommerserie von SI online