20 Jahre ist das nun auch schon her. Am 6. Juni 2002 startete «Spider-Man» mit Tobey Maguire (46) in den deutschen Kinos. Damals war noch nicht zu ahnen, welchen Einfluss dieser Film haben sollte. Denn zusammen mit «X-Men» von 2000 gilt die Produktion als die Initialzündung des modernen Superhelden-Booms.
Zwanzig Jahre später beherrschen die Filme um Hulk, Captain America und Co. die Kinolandschaft. Und nicht zu vergessen Spidey selbst. «Spider-Man: No Way Home» mit Maguires Nachfolger Tom Holland (26) war kürzlich ein gigantischer Kinohit. In einer Gastrolle schaute Maguire höchstpersönlich vorbei. Damit schloss sich ein erfolgreicher Kreis.
Erster Superhelden-Kassenhit
«Spider-Man» war direkt ein grosser Kassenerfolg. Gleich an seinem ersten Startwochenende spielte er mehr als 100 Millionen US-Dollar ein. Zuvor gelang dies keinem anderen Film. Stand heute liegt «Spider-Man» auf Platz 84 der erfolgreichsten Kinofilme aller Zeiten.
Spätere Filme über den Spinnenmann waren zwar erfolgreicher, die hatten aber auch schon das voll ausgebaute Marvel Cinematic Universe hinter sich. Der 2002er-Spidey musste ihnen erst den Weg ebnen. Fast aus dem Nichts.
Auch bei der Kritik kam Maguires Debüt gut an. Der Film holte zwei Oscar-Nominierungen, für die visuellen Effekte und den Sound. Bei den MTV Movie Awards gewann er zwei Preise: für Darstellerin Kirsten Dunst (40) - und für den besten Filmkuss. Die Szene, in der Dunsts Mary Jane den kopfüber nach unten baumelnden Spinnenmann küsst, ging in die Filmgeschichte ein.
Maguire nahm dafür sicher in Kauf, dass ihm beim Dreh das Regenwasser die Nasennebenhöhlen füllte. Er und Dunst wurden während des Drehs zu einem Paar.
Der 11. September 2001 überschatte die Promotion von «Spider-Man»
Der Erfolg von «Spider-Man» war auch aus anderen Gründen keine Selbstverständlichkeit. Denn der Film startete in den USA in einem Klima der Verunsicherung. Die Selbstmordattentate vom 11. September 2001 waren erst etwas mehr als ein halbes Jahr weg.
Der historische Hintergrund überschattete die Promotion des Films unmittelbar. Im ersten Teaser spannte Spider-Man sein Netz zwischen den Zwillingstürmen des World Trade Centers. Sony Pictures musste den Trailer zurückrufen. Die Produktionsfirma musste auch Plakate aus dem Verkehr ziehen, auf dem das Gebäude zu sehen war.
Die Ereignisse vom 11. September 2001 könnten aber auch mitverantwortlich für den Erfolg von «Spider-Man» sein. Das Publikum gierte einerseits nach Eskapismus, andererseits feierte der Film seinen Handlungsort New York wie kaum ein anderer Streifen seiner Zeit.
«Spider-Man»: Story und Darsteller
Die Story von «Spider-Man» muss man eigentlich nicht gross erklären, sie ähnelt der Comicvorlage, den Serienvorläufern und den späteren Reboots: Der schüchterne Schüler Peter Parker wird von einer mutierten Spinne gebissen. Daraufhin entwickelt der Teenager Superkräfte. Er kann an Hauswänden hochklettern und Spinnenfäden aus der Hand schiessen. «Aus grosser Kraft folgt grosse Verantwortung»: Unter dem Namen Spider-Man bekämpft Peter das Böse. Das weckt Begehrlichkeiten. Einerseits die von Mary Jane, seinem Schulschwarm. Auf der anderen Seite die von Norman Osborn. Der Wissenschaftler, der sich in den schurkischen Grünen Kobold verwandelt hat, will Spidey auf die dunkle Seite ziehen.
Tobey Maguire übernahm die Titelrolle, obwohl er vorher nie einen «Spider-Man»-Comic gelesen hatte. Doch das Skript sagte dem Jungstar zu, der vorher eher kleinere, anspruchsvolle Dramen drehte («Der Eissturm», «Die WonderBoys»). Seinen Schwarm Mary Jane verkörperte die ehemalige Kinderdarstellerin Kirsten Dunst. Charakterdarsteller Willem Dafoe (66) gibt als Grüner Kobold einen starken Schurken ab. In einer Nebenrolle als Osborns Sohn Harry ist der damals nach völlig unbekannte James Franco (44) zu sehen. Regie führte Horrorspezialist Sam Raimi (62, «Tanz der Teufel»), der gerade mit «Doctor Strange in the Multiverse of Madness» zu Marvel zurückkehrte.
So ging es weiter mit Maguires «Spider-Man»
Nach dem Erfolg war eine Fortsetzung nur Formsache. «Spider-Man 2» folgte 2004. Wieder mit Tobey Maguire und Kirsten Dunst, wieder mit Sam Raimi als Regisseur. Das Sequel kam bei den Kritikern besser an als der Vorgänger, spielte aber weniger Geld ein als dieser.
Der dritte und letzte Film des bewährten Teams kam dann 2007. Obwohl «Spider-Man 3» bei der Kritik als schwächster Eintrag der Trilogie gilt, schnitt er an den Kinokassen sogar noch besser ab als der erste Teil.
2012 kam «The Amazing Spider-Man» in die Kinos, der erste Part des zweiteiligen Reboots mit Andrew Garfield (38) und Emma Stone (33). 2017 startete die nächste Neuauflage des Mythos. Diesmal mit Tom Holland (26) und Zendaya (25). Der Spinnenmann ist und bleibt eines der Zugpferde der Superheldenwelt.
Wie viel sich seit dem Kinostart von «Spider-Man» gesellschaftlich geändert hat, zeigt eine Anekdote aus den letzten Wochen. Ein britischer Fernsehsender zensierte bei der Ausstrahlung einen homophoben Spruch. In der Szene, in der Spider-Man in den Wrestling-Ring steigt, sagt er zu seinem Gegner: «Süsses Kostüm. Hat dir das dein Mann geschenkt?» Der Verweis auf den Ehemann fehlte nun.