Mit seinem epochalen filmischen Meisterwerk «2001: Odyssee im Weltraum» revolutionierte Stanley Kubrick (1928-1999) vor mittlerweile 55 Jahren den Science-Fiction-Film. Noch vor der ersten Mondlandung im Jahr 1969 zeigte Kubrick Kinozuschauern in seinem 143 Minuten langen, visionären Film mittels ausgeklügelter Spezialeffekte hypnotische, realistisch wirkende Bilder des Weltalls.
Gleichzeitig erschuf der als Perfektionist geltende Regisseur ein filmisches Rätsel, das abstrakt und unzugänglich daherkommt, und zu keinem Zeitpunkt einfache Antworten liefert. «Dir steht es frei, über die philosophische und allegorische Bedeutung des Films zu spekulieren, wie du möchtest», erklärte der Filmemacher selbst im Jahr 1968 in einem Interview mit dem «Playboy».
Die Bilder des Weltraums
Als die Produktion von «2001: A Space Odyssey», so der Originaltitel des Films, im Jahr 1964 begann, gab es noch gar nicht die hochauflösenden, farbigen Bilder und Videoaufnahmen des Weltalls, die wir heutzutage kennen. Kubrick und sein Team malten sich auf wissenschaftlich fundierte Weise aus, wie es sein würde, in der Umlaufbahn zu schweben - und trafen mit ihrer Vision voll ins Schwarze.
So bemerkte etwa der reale kanadische Astronaut Chris Hadfield (63) zu den in «2001» zu sehenden Bildern des Weltraums: «Wie man die Erde sieht, die Geschwindigkeit, mit der man über den Planeten rast, die weite Krümmung des Globus - in der Wirklichkeit ist es genau so, wie sie es in ‹2001› vermutet haben».
Auch die US-Weltraumbehörde NASA befindet in einem Blog-Eintrag aus dem Jahr 2014, der auflistet, welche Zukunftsvoraussagen aus «2001» sich bisher bewahrheitet haben: «Der Film [...] lieferte eine realistische Vorausschau darauf, wie unsere Zukunft im Weltall aussehen könnte».
Revolution der Tricktechnik
Während der Produktion von «2001» in England scheuten Kubrick und sein Team weder Kosten noch Mühen. Allein die Konstruktion eines komplett rotierenden Sets von 12 Metern Durchmesser, das den Innenraum des Raumschiffs Discovery One darstellt, verschlang die für damalige Zeiten astronomische Summe von 750.000 US-Dollar.
Das «Riesenrad» getaufte Set ermöglichte eine überzeugende Simulation der künstlichen Schwerkraft, die an Bord des Raumfahrzeugs herrschen soll. Solch allzu irdische und geerdete Kategorien wie oben und unten gab es in Kubricks entfesselter Vision nicht mehr.
Von dem bedeutendsten Raumschiff in «2001: Odyssee im Weltraum» wurde zudem ein 15 Meter langes Modell hergestellt, um unter Einsatz etlicher für damalige Zeiten revolutionärer Kamera-Tricks realistisch wirkende Aussenaufnahmen zu ermöglichen. Der von Kubrick in «2001» etablierte Sci-Fi-Standard wurde erst gegen Ende des folgenden Jahrzehnts in neuen Klassikern wie «Star Wars» (1977) oder «Alien» (1979) überhaupt erst wieder erreicht.
Kubricks zu Beginn der Produktion erst 22-jähriger Spezialeffekte-Guru Douglas Trumbull (1942-2022) war in den folgenden Jahren noch in massgeblichen Rollen an den Sci-Fi-Meisterwerken «Lautlos im Weltraum» (1972), «Die unheimliche Begegnung der 3. Art» (1977) und «Blade Runner» (1982) beteiligt.
Ja, so überzeugend waren die Spezialeffekte in «2001», dass Verschwörungstheoretiker in den Folgejahrzehnten behaupten würden, Kubrick habe der NASA geholfen, die Mondlandung zu inszenieren.
Visionäre Filmmusik und der berühmteste Match-Cut der Filmgeschichte
Auch viele weitere Innovationen stecken in «2001: A Space Odyssey». So enthält Kubricks Werk den wohl berühmtesten Match-Cut der Filmgeschichte. Vier Millionen Jahre vor unserer Zeit wirft ein Primat einen Knochen - und damit das erste menschliche Werkzeug - in die Luft, und dessen Form verwandelt sich in ein weisses Raumschiff, und damit eines der höchstentwickelten Werkzeuge, das die Menschheit jemals erschaffen hat.
In diesem gewaltigen Zeitsprung - zwischen diesen beiden Einstellungen - liegt die gesamte Geschichte der Menschheit - und Stanley Kubrick hatte seinen Ruf als zerebraler Filmemacher weg.
Daneben weiss auch Kubricks innovativer Einsatz der Filmmusik in «2001» zu begeistern. Der Legende nach verwarf der Meister-Regisseur einen bereits fertiggestellten Score des Komponisten Alex North (1910-1991), und setzte stattdessen auf eine Reihe klassischer Musikstücke wie etwa das Nietzsche-inspirierte «Also sprach Zarathustra» von Richard Strauss (1864-1949), das gleich drei Mal in «2001» erklingt.
Nachfolgende Generationen von Filmemachern nahmen diesen für damalige Zeiten äusserst originellen Einsatz von bereits veröffentlichten Stücken als Filmmusik auf. So liess etwa Francis Ford Coppola (83) in «Apocalypse Now» nicht nur Richard Wagners (1813-1883) «Walkürenritt» erklingen, sondern auch gleich noch «The End» von den Doors. Und auch aus den Filmen Quentin Tarantinos (60) ist ein ähnlicher Einsatz bekannter Musikstücke als Filmmusik nicht wegzudenken.