Am 23. Oktober 1999 stürzte Rex Gildo (1936–1999) zwei Stockwerke tief aus dem Fenster seiner Münchner Wohnung, drei Tage später erlag er im Krankenhaus seinen schweren inneren Verletzungen. Ob der Sänger sich nach einem Streit mit seinem Assistenten das Leben nahm oder versehentlich im Alkohol– und Medikamentenrausch abstürzte, ist bis heute unklar. Auch die Art der Beziehung, welche die beiden miteinander pflegten, ist bis heute Gegenstand zahlreicher Spekulationen.
Karriere–Endstation Möbelhaus
Zum Zeitpunkt seines fatalen Fenstersturzes war die Karriere Rex Gildos bereits in ihrer traurigen Endphase angelangt. Nur wenige Stunden zuvor hatte er in dem Möbelhaus «Wohnparadies» des hessischen Städtchens Bad Vilbel seinen letzten Auftritt absolviert. Die goldenen Zeiten, in denen er mit der Darbietung seiner Hits wie «Fiesta Mexicana», «Der letzte Sirtaki» oder «Marie, der letzte Tanz ist nur für dich» noch grosse Hallen füllen konnte, waren eindeutig vorbei.
Seine grosse Zeit waren die 1960er und 1970er, als er zunächst an der Seite von Partnerinnen wie Conny Froboess (80) oder Gitte Haenning (78) in der Unterhaltungsbranche reüssierte, bevor er als Solo–Künstler zu einem der grössten Schlagerstars seiner Zeit aufstieg. In den weiteren Jahrzehnten konnte der vorherige Top–Entertainer trotz einiger verzweifelter Comeback–Versuche nicht mehr an seine vorherigen Erfolge anknüpfen.
«Sexy Rexy» fällt auseinander
Mit zunehmendem Alter kam dem stets braungebrannten Sänger mit dem strahlend weissen Lächeln und dem pechschwarzen Toupet zunehmend sein einstiger Nimbus als hüftenschwingender «Sexy Rexy» abhanden. Wenn sich die Presse überhaupt noch für ihn interessierte, dann vornehmlich für seine angeblichen Probleme.
Nach Gildos mysteriösem Ableben nahmen die Spekulationen um eine mögliche Homosexualität des Sängers für eine Weile wieder volle Fahrt auf. Der Schlagerstar selbst hatte dies, auch seinem näheren Umfeld gegenüber, zu Lebzeiten stets bestritten.
Fred Miekley – Onkel oder Geliebter?
Im Zentrum der Spekulationen stand dabei das Verhältnis Rex Gildos zu seinem Entdecker und jahrzehntelangen Manager Fred Miekley (gest. 1988). Obwohl die beiden nicht miteinander verwandt waren, gab Gildo den älteren Mentor, mit dem er jahrelang unter demselben Dach lebte, offiziell als seinen Onkel aus.
Dass der Schlagersänger im Jahr 1974 seine Cousine Marion Ohlsen heiratete, das Verwandtschaftsverhältnis jedoch verheimlichte und die Braut als eine reine Zufallsbekanntschaft darstellte, gab Gerüchten über eine mutmassliche Scheinehe weitere Nahrung. Auch nach einer nicht offiziell kommunizierten Trennung blieben die beiden dennoch weiterhin verheiratet.
Rex Gildos mysteriöses Privatleben zeichnet sich auch auf seinem blütenweissen Grabstein auf dem Münchner Ostfriedhof ab. Dort ist er unter seinem bürgerlichen Namen Ludwig Franz Hirtreiter bestattet – gemeinsam mit seinem mutmasslichen Lebenspartner Fred Miekley und seiner Cousine und Ehefrau Hirtreiter.
Rosa von Praunheims «Rex Gildo – der letzte Tanz»
Nachdem es lange Jahre ruhig um Rex Gildo war, entfachte im Jahr 2022 der Regisseur Rosa von Praunheim (81) mit seinem semi–dokumentarischen Filmdrama «Rex Gildo – der letzte Tanz» den Diskurs um dessen sexuelle Orientierung aufs Neue. In dem Werk stellt der prominente Filmemacher und Queer–Aktivist von Anfang an klar, dass er an der hartnäckig versteckten Homosexualität der abgestürzten Schlager–Ikone keinerlei Zweifel hegt.
In einer originellen Mischung aus frei inszenierten Spielfilmszenen, – unter anderem verkörpert Ben Becker (59) den mutmasslichen Lebenspartner Fred Miekley – Zeitzeugeninterviews mit Weggefährten und kunterbuntem TV–Archivmaterial zeichnet von Praunheim darin das Bild eines Mannes, der sein wahres Ich bis zur totalen Selbstverleugnung vor der Öffentlichkeit geheim hielt, um sich dem normativen Druck der Gesellschaft anzupassen.
Auch wenn der Film und sein impliziertes Outing bei dem verstorbenen Künstler mit Sicherheit auf Ablehnung gestossen wäre, weisst er dennoch auf ein generelles Problem hin, mit dem nicht nur homosexuelle Schlagerstars bis Ende der 1960er zu kämpfen hatten: Erst im Jahr 1969 wurde der unter den Nationalsozialisten formulierte «Schwulenparagraph» 175, der sexuelle Handlungen unter Männern rigoros unter Strafe stellte, insoweit entschärft, dass Sex unter Männern ab 21 Jahren fortan nicht mehr strafbar war.
Wollte Gildo nur unbeschwerte «Fiesta Mexicana»?
Hätte Rex Gildo sich zu einer – eventuell vorhandenen – homosexuellen Orientierung bekannt, hätte dies nicht nur seine junge Karriere beendet, sondern ihn auch ins Gefängnis gebracht. Dass die Schlager–Ikone darauf keine Lust hatte und lieber unbehelligt seine «Fiesta Mexicana» feiern wollte, kann man ihm nicht wirklich vorwerfen. Der letzte Tanz, auch was die Deutungshoheit über sein Privatleben angeht, ist letztendlich nur für ihn.