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Expertin gibt wichtige Tipps

«Arbeiten, wo andere Urlaub machen»: Deshalb ist Workation so beliebt

Arbeit und Urlaub miteinander zu verbinden, ist inzwischen keine Seltenheit mehr: Immer mehr Unternehmen bieten Workation für ihre Arbeitnehmer an. Eine Expertin gibt im Interview Tipps in Sachen Planung und Organisation.

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Arbeiten mit Blick aufs Meer? Für viele Arbeitnehmer ist das inzwischen möglich.
Arbeiten mit Blick aufs Meer? Für viele Arbeitnehmer ist das inzwischen möglich. kitzcorner/Shutterstock.com

Lust auf einen Tapetenwechsel und ein wenig Abwechslung vom Arbeitsalltag? Dann könnte Workation genau das Richtige sein – also von Orten aus zu arbeiten («Work»), wo andere Urlaub («Vacation») machen. Das Arbeitsmodell erfreut sich immer grösserer Beliebtheit, vor allem, weil es zu einer besseren Work–Life–Balance verhelfen kann und viele aus ihrem Trott herauskommen möchten. Doch wer über ein paar Wochen oder gar Monate aus dem Ausland arbeiten möchte, muss dabei einige wichtige Punkte beachten. Das fängt bei der Organisation an und hört bei rechtlichen Verträgen auf. Anne–Katrin Schwanitz, eine der Autorinnen des Haufe TaschenGuides «Workation» und Leiterin Unternehmenskommunikation & Marketing, hat im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news die wichtigsten Tipps zusammengefasst.

Der Begriff «Workation» ist immer häufiger zu hören. Mutiert diese Form des Arbeitens aktuell zum Trend?

Anne–Katrin Schwanitz: So wie auch Homeoffice als Form des mobilen Arbeitens spätestens seit Corona zunehmend an Bedeutung gewonnen hat, ist Workation als eher neue Form, Arbeit und Urlaub miteinander zu verbinden, eine attraktive Möglichkeit für Arbeitnehmende und Arbeitgebende geworden. Arbeitnehmende schätzen Workation, weil sie auf diese Weise auch aus dem Ausland heraus arbeiten dürfen – was früher nur vom Unternehmen entsandten Personen (sogenannten Expatriates) vorbehalten war. Für Arbeitgeber wiederum erweist sich das Angebot einer Workation als Benefit–Möglichkeit und somit als Anreiz, ihre Attraktivität gegenüber potenziellen und bestehenden Arbeitnehmenden zu erhöhen.

Insbesondere die Generation Z wünscht sich diese Arbeitsform verstärkt. Laut dem Randstad Arbeitsbarometer 2023 erhoffen sich 64 Prozent der Gen Z vom Arbeitgebenden die Option der Workation.

Allerdings gibt es bisher noch nicht so viele Unternehmen, die Workation sozusagen institutionalisiert anbieten. Nur acht Prozent der Arbeitgebenden stimmen dem Wunsch der Gen Z zu, laut der Randstad–ifo–Personalleiterbefragung 2023. Der bürokratische Aufwand ist vielen Unternehmen zu gross, aber da immer mehr über rechtliche Rahmenbedingungen bekannt wird und inzwischen auch Fachliteratur verfügbar ist, wird das Thema für Arbeitgebende sicherlich immer interessanter und greifbarer.

Wie viele Menschen nehmen Workation aktuell in Anspruch?

Schwanitz: Es ist schwer, das ganz genau in Zahlen zu definieren, da in den Unternehmen die Begriffe teilweise auch verschwimmen und beispielsweise Remote Work alle Formen von mobilem Arbeiten einschliessen können. Nach einer Umfrage aus 2023 vom ADAC unter 5.000 Personen hat jedoch jede zehnte Person Workation bereits genutzt bzw. ist es ihr möglich, Workation zu machen. Es muss allerdings auch klar sein, dass die Möglichkeit, eine Workation zu machen, nicht automatisch bedeutet, dass alle diese gleich in Anspruch nehmen können oder wollen.

In welcher Lebensphase oder in welchem Alter eignet sich Workation am besten?

Schwanitz: Workation bietet sich in jeder Lebensphase und in jedem Alter an, um eine Abwechslung vom Alltag zu haben. Sie bietet die Möglichkeit für einen Tapetenwechsel oder, um beispielsweise in den langen Sommerferien der Kinder länger an einem anderen Ort als dem Homeoffice oder Büro sein zu können. Wir beobachten aber – auch basierend auf dem Feedback der Unternehmen, die wir zu Workation beraten – dass diese Option vor allem von Personen in Anspruch genommen wird, die familiär noch nicht oder nicht mehr gebunden ist. Denn aufgrund der Schulpflicht von Kindern sind die zeitlichen Möglichkeiten für Workations eingeschränkt und wer in den Ferien verreisen will, zahlt entsprechend drauf.

Von einigen Firmen haben wir gehört, dass es Team–Workations gibt, beispielsweise um ein Projekt konzertiert voranzubringen und zwar in einer angenehmen Atmosphäre und an einem anderen, Kreativitätsfördernden Ort.

Welche Länder sind derzeit besonders beliebt und eignen sich gut für Workation?

Schwanitz: Da bei einer Workation gearbeitet wird, muss der Arbeitsort eine gute Infrastruktur bieten, die das Arbeiten auf Distanz ermöglicht, wie beispielsweise eine stabile und gute Internetverbindung. Beliebt sind Orte, wo die Sonnengarantie hoch ist. So liegen etwa bei Umfragen aus dem Jahr 2023 bezogen auf Europa die spanischen Städte Valencia, Barcelona und Madrid unter den Top 5 sowie auch die portugiesischen Städte Lissabon und Porto darunter. Neben vielen Sonnenstunden bieten diese Orte auch zahlreiche, so genannte Co–Working–Spaces, also Räumlichkeiten, wo die Voraussetzungen für mobiles Arbeiten geschaffen wurden.

Weltweit ist Thailand auf Platz eins laut dem TUI Workation Index 2023. Thailand liegt auch bei den Ländern mit vielen Sonnenstunden und der hohen Anzahl an Co–Working–Spaces bei Umfragen oft vorne. Die Lebenshaltungskosten in Thailand sind vergleichsweise niedrig, was das Land auch zu attraktiven Reisezielen, vor allem für Familien, macht.

Letztlich hängt es jedoch massgeblich davon ab, ob man eine Workation in Europa und auch ausserhalb Europas von Arbeitgebendenseite aus machen darf.

Welche Bereiche müssen in jedem Fall rechtlich abgeklärt werden?

Schwanitz: Abhängig davon, wie lange eine Workation dauern darf, sind alle vier Rechtsbereiche – Aufenthaltsrecht, Arbeitsrecht, Sozialversicherungsrecht und Steuerrecht – zu prüfen und vertraglich abzusichern. Sobald Landesgrenzen überschritten werden, müssen diese Rechtsbereiche betrachtet werden.

Wie kläre ich das mit meinem Arbeitgeber?

Schwanitz: Zunächst sollte man fragen, ob so etwas überhaupt möglich ist, denn es ist eine selbst initiierte Sache des Arbeitnehmenden. Bei einer Entsendung geht die Arbeit im Ausland von der arbeitgebenden Organisation aus. Somit haben Arbeitnehmende ganz andere Hebel als bei einer Workation. Im besten Fall gibt es dafür Unternehmensrichtlinien, um vorab zu checken, ob die Voraussetzungen für eine Workation am Ort XY erfüllt werden können.

Eine Workation sollte nie ohne Zustimmung der arbeitgebenden Partei gemacht werden. Denn diese bestimmt laut Gesetz den Arbeitsort. Wer nicht um Erlaubnis bittet, den Arbeitsort zu wechseln, verletzt mindestens seine Sorgfaltspflichten und riskiert eine Abmahnung. Offene und klare Kommunikation ist immer angeraten.

Welche Vor– und Nachteile gibt es bei Workation?

Schwanitz: Workation bringt für Arbeitnehmende viele Vorteile mit sich. Sie ermöglicht es, Arbeit und Erholung in Einklang zu bringen und kann neue Perspektiven und Ideen für die eigene Arbeit ermöglichen. Vielen berufstätigen Eltern hilft Workation auch, die vielen langen Ferienzeiten ihrer schulpflichtigen Kinder zu überbrücken, ohne den kompletten Jahresurlaub dafür aufbrauchen zu müssen. Diese Arbeitsform bietet gesundheitliche Vorteile, da es stressfreier sein kann, mal von woanders aus zu arbeiten, ohne gleich den Job aufzugeben. Ausserdem ist es eine bezahlte Alternative zum Sabbatical und fördert interkulturelle und sprachliche Kompetenzen.

Arbeitgebende unterstützen Mitarbeitende dadurch die Work–Life–Balance von Mitarbeitenden, das steigert deren Zufriedenheit und Motivation und führt dadurch zu einer gesteigerten Produktivität. Es kann auch bei der Mitarbeiterbindung und –gewinnung helfen und bietet einen Recruiting Vorteil im «War of talents».

Sowohl für die Arbeitnehmenden als auch für die Arbeitgebenden können allerdings organisatorische und strukturelle Herausforderungen auftreten. Arbeit auf Distanz kann herausfordernd sein, wenn sich Mitarbeitende in unterschiedlichen Zeitzonen befinden. Es kann das Verhältnis zu anderen Mitarbeitenden auf die Probe stellen, Online–Meetings können anstrengend sein und es kann das Phänomen der Proximity Bias auftreten. Dieses tritt auf, wenn wir unbewusst dazu neigen, Personen, die sich in unserer unmittelbaren Nähe befinden, positiver wahrzunehmen und zu bewerten. Dies kann dann wiederum dazu führen, dass Personen im unmittelbaren Umfeld bevorzugt werden und jene, die im Ausland arbeiten möglicherweise ausgeschlossen oder vernachlässigt werden.

Ausserdem kann mobiles Arbeiten dazu führen, dass man weniger persönlichen Kontakt zu anderen Mitarbeitenden hat. In einigen Bereichen des Unternehmens ist generell kein mobiles Arbeiten möglich, was ein Gefühl der Benachteiligung erzeugen kann.

Wie schaffe ich es, Arbeit und Urlaub bzw. Freizeit zu trennen?

Schwanitz: Workation erfordert sicherlich eine gewisse Eigendisziplin. Coworking–Spaces können helfen, sich getrennt von der Familie auf die Arbeitszeit zu konzentrieren. Generell empfehlen wir, einen Workation–Arbeitstag genauso zu beginnen wie einen Homeoffice– oder Präsentarbeitstag. Es hilft beispielsweise, sich so zu kleiden wie man es auch im Büro täte und sich beim Team oder der Chefin zum Arbeitsbeginn anzumelden und später wieder abzumelden.

Von SpotOn am 27. März 2024 - 03:19 Uhr