An dieser Stelle wird für gewöhnlich die Vielfalt des Kino-Angebots im kommenden Monat angepriesen. Für den Dezember erweist sich das jedoch als gar nicht so einfach, denn ein Filmstart überstrahlt sie alle: «Avatar 2: The Way of Water» steht in den Startlöchern und die Konkurrenz meidet spürbar die bildgewaltige Rückkehr nach Pandora, die Regisseur James Cameron (68) 13 Jahre nach dem bis heute erfolgreichsten Film aller Zeiten auf die Leinwand zaubert. Und dennoch schauen Kinofans nicht in die Röhre, für die «Avatar» nur «Pocahontas» in Blau war - mutigen Frauen und einem mutigen Kater sei Dank.
«She Said», 8. Dezember
Der neue Film von Emmy-Gewinnerin Maria Schrader (57) erzählt vom riskanten Weg zweier Journalistinnen, die 2017 den weitreichenden Machtmissbrauch gegenüber Frauen im US-amerikanischen Filmgeschäft aufdeckten. Megan Twohey (Carey Mulligan, 37) und Jodi Kantor (Zoe Kazan, 39) brechen das grosse Schweigen in Hollywood: Sie entlarven Business-Meetings in Hotelzimmern als sexuelle Übergriffe und stossen auf ein Netz aus Repression, Erpressung und Angst. Mit ihrer mutigen Recherche geben sie nicht nur den betroffenen Frauen ihre Stimme zurück, sondern stossen eine weltweite Welle der Solidarität an.
Einschätzung
Die Bedeutung von «She Said» lässt sich an einer vielsagenden Anekdote veranschaulichen: US-Medien zufolge hielt Richterin Lisa Lench die Jury in einem weiteren Gerichtsverfahren gegen Sexualstraftäter Harvey Weinstein (70) dazu an, sich nicht den Trailer zu Schraders #MeToo-Drama anzusehen. Für Zartbesaitete ist «She Said» wahrlich nichts, gesehen haben sollten sie die schonungslose Aufarbeitung der Abgründe, die sich über Jahrzehnte immer weiter im Showbusiness auftaten, aber allemal.
«Avatar 2: The Way of Water», 14. Dezember
Die Handlung des «Avatar»-Sequels trägt sich über ein Jahrzehnt nach dem Original zu. In dieser Zeit haben die Hauptfiguren von «Avatar», der ehemalige Mensch Jake Sully (Sam Worthington, 46) und die gebürtige Na'vi Neytiri (Zoe Saldana, 44), ihre Familienplanung offenbar kräftig vorangetrieben - drei leibliche Kinder (zwei Söhne und eine Tochter) haben sie zusammen, ein menschliches Adoptivkind ziehen sie zudem gemeinsam gross. Doch die ungestörte Harmonie auf Pandora wird ein weiteres Mal von der Habgier der Menschen gestört.
Einschätzung:
Noch immer ist «Avatar» der kommerziell erfolgreichste Film der Kinogeschichte. Auch Teil zwei wird ohne Zweifel ein gigantischer Erfolg - schon jetzt kursieren Prognosen, denen zufolge der Film allein in den USA bis zu 175 Millionen US-Dollar Einspielergebnis am Startwochenende winken. Kritiker bemängelten trotz des Erfolgs des Originals die letztendlich altbekannte «Imperialisten versus Ureinwohner»-Geschichte, die vor allem von ihrer Optik lebte. Doch genau diesen Bombast liefert das Marvel-Universum nun schon zuverlässig seit über einem Jahrzehnt. Was der Dramaturgie von Teil zwei zudem schaden könnte, ist das Wissen, dass Cameron noch drei (!) weitere «Avatar»-Filme geplant hat, die bis 2028 veröffentlicht werden sollen.
«Der gestiefelte Kater 2: Der letzte Wunsch», 22. Dezember
Auch ein Kater kann ein unangenehmes Erwachen haben. Nach unzähligen riskanten Reisen und achtlosen Abenteuern muss der gestiefelte Kater entsetzt feststellen, dass seine Leidenschaft für Gefahren letztlich ihren Preis hatte - in seiner Abenteuerlust hat er bereits acht seiner neun Leben verbraucht. Um für die dringend nötige neue Vitalität zu sorgen, begibt sich der charmante Schnurrhaargauner auf den langen Weg in den Schwarzen Wald, um dort den mythischen Wunschstern zu finden. Leider entpuppt sich dieses Unterfangen mit nur einem verbleibenden Leben auf dem Katerkonto als ungewohnt risikoreich, sodass nicht nur ernsthafte Zurückhaltung gefragt ist, sondern auch ein wenig Unterstützung in Form der so hinreissenden wie hinterhältigen Kitty Samtpfote und des gutgelaunt geschwätzigen Vierbeiners Perro.
Einschätzung:
Die Weihnachtszeit ist Familienzeit. Wer als solche ins Kino gehen will, für den ist Missbrauchsdrama und Sci-Fi-Eroberungskrieg bestenfalls nicht die erste Wahl. Worauf sich jedoch Gross und Klein wohl recht schnell einigen können: Ein Kater in Stiefeln ist auf der Niedlich-Skala kaum zu toppen. Über zehn Jahre ist es her, dass die Figur, die in «Shrek» ihren zuckersüssen Ursprung fand, ihren ersten Solofilm spendiert bekam. Wer sich ohne die Kids ins Kino stiehlt oder ihnen filmischen Englischunterricht geben will, sollte sich die Originalfassung einverleiben. Nichts gegen Benno Fürmann (50) als Stimme der Titelfigur, aber Antonio Banderas (62) als «Puss in Boots» und Salma Hayek (56) als seine Katzen-Gefährtin sind allein aus «Desperado»-Gründen unschlagbar.