Papst Benedikt XVI. (1927-2022) ist tot. «Schmerzerfüllt muss ich mitteilen, dass Benedikt XVI., Papst Emeritus, heute um 09:34 Uhr im Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan verstorben ist», machte das vatikanische Presseamt am 31. Dezember 2022 öffentlich.
Geboren wurde Joseph Aloisius Ratzinger am 16. April 1927 als drittes von drei Kindern eines Polizisten und einer Köchin in Marktl am Inn an einem Karsamstag. Dass es ihn einmal von der kleinen Gemeinde im oberbayerischen Landkreis Altötting an die Spitze der römisch-katholischen Kirche verschlagen würde, konnte damals noch keiner ahnen. Und doch ging er schnurstracks seinen Weg.
Schon als Kind war Ratzinger Ministrant. Seine Jugend war von Umzügen geprägt - bedingt durch den Beruf des Vaters und die Kriegsjahre. 1939 schickten ihn die Eltern auf das erzbischöfliche Studienseminar St. Michael in Traunstein. Im staatlichen Chiemgau-Gymnasium hatten es ihm angeblich schon damals die geisteswissenschaftlichen Fächer angetan. Kriegsbedingt wechselte er auf das Maximiliansgymnasium in München. In dieser Zeit soll er erstmals das Priesteramt als Berufsziel genannt haben. Im Dezember 1944 wurde er zur Wehrmacht eingezogen. Kurzzeitig geriet er in amerikanische Kriegsgefangenschaft, aus der er im Juni 1945 entlassen wurde. Im Gymnasium in Traunstein machte er schliesslich das Abitur.
Eine steile akademische Karriere
Von 1946 bis 1951 studierte Joseph Ratzinger Katholische Theologie und Philosophie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Freising und an der Universität in München. 1951 wurde er gemeinsam mit seinem Bruder Georg Ratzinger (1924-2020) zum Priester geweiht. Danach wirkte er als Kaplan in München. 1953 promovierte er zum Doktor der Theologie, anschliessend folgte eine steile akademische Karriere: Mit erst 31 Jahren trat Ratzinger eine Professur für Dogmatik und Fundamentaltheologie an seiner Alma Mater in Freising an. 1959 wechselte er an die Uni nach Bonn, 1963 zog es ihn an die Uni Münster und 1966 nach Tübingen.
1976 wurde Joseph Ratzinger Vizepräsident an der Universität Regensburg und «Päpstlicher Ehrenprälat». In Pentling nahe Regensburg bewohnte er ab 1970 ein eigenes Haus mit seinem Bruder Georg und der Schwester Maria (1921-1991), ehe Papst Paul VI. (1897-1978) ihn 1977 zum Erzbischof von München und Freising sowie wenig später auch zum Kardinal ernannte. An der Pentlinger Adresse war Ratzinger auch als Papst noch gemeldet.
Als Papst Paul VI. 1978 starb, nahm Ratzinger am Konklave teil, in dem das nächste Kirchenoberhaupt gewählt wurde: Papst Johannes Paul II. (1920-2005). Ebendieser ernannte Kardinal Ratzinger 1981 zum Präfekten der Glaubenskongregation. Gleichzeitig erhielt er die vatikanische Staatsbürgerschaft.
Weisser Rauch am weiss-blauen Himmel
Mit 75 Jahren wollte Kardinal Ratzinger eigentlich zurücktreten, doch Papst Johannes Paul II. lehnte mit den Worten ab: «Sie brauchen diesen Brief gar nicht zu schreiben, denn ich will Sie bis zum Ende haben.» Wenige Tage nach dessen Tod am 2. April 2005 wiederum begann am 18. April das Konklave. Einen Tag und vier Wahlgänge später stieg endlich weisser Rauch auf, der Nachfolger war gefunden: Aus Kardinal Joseph Ratzinger wurde Papst Benedikt XVI.
Über diese Wahl waren besonders in Deutschland nicht alle erfreut. Die «Bild»-Zeitung titelte damals zwar mit dem Bonmot «Wir sind Papst». Aber Ratzinger, der schon als Kardinal päpstlicher als der Papst war, galt als streng und erzkonservativ und wurde in Rom «Rottweiler Gottes» oder «Panzerkardinal» genannt. Als Präfekt der Glaubenskongregation trat er für den priesterlichen Zölibat und gegen die rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Beziehungen ein.
Erst in jüngster Zeit brachte ein Missbrauchsgutachten der Katholischen Kirche über Fälle zwischen 1945 und 2019 den emeritierten Papst in Schwierigkeiten: Sein umstrittener Umgang mit Missbrauchstätern in der Kirche und deren Opfern während seiner Zeit als Erzbischof setzten ihn massiv unter Druck.
Die ernstzunehmende Kritik an seinen erzkonservativen Ansichten verstummte während des Pontifikats nie, auch wenn er bei Kirchentagen wie ein Popstar gefeiert wurde. Was vielleicht auch etwas an seinem ständigen Begleiter lag, dem zugewandten Privatsekretär Georg Gänswein (66), der aufgrund seines guten Aussehens auch der «George Clooney des Vatikans» genannt wurde. Und man war dann doch stolz, dass nach 482 Jahren wieder ein Deutscher auf dem Stuhl Petri sass.
Im Februar 2013 gab Papst Benedikt XVI. im Alter von 85 Jahren seinen Amtsverzicht aus Altersgründen bekannt. Das Konklave zur Wahl des Nachfolgers begann am 12. März. Seit 13. März 2013 ist der zehn Jahre jüngere Papst Franziskus (86) im Amt. Zwei Päpste unter den Lebenden hatte es zuletzt im 15. Jahrhundert gegeben.
Was machte Papst Benedikt XVI. zuletzt?
«Vater Benedikt» war zuletzt körperlich geschwächt, aber bei klarem scharfem Verstand gewesen, so sein Privatsekretär Gänswein. Er habe regelmässige Spaziergänge im Kloster Mater Ecclesiae in den Vatikanischen Gärten gemacht, wo er zurückgezogen lebte. Dort widmete er sich dem Gebet und der Meditation, wie er selbst sagte. Öffentliche Auftritte waren selten. An der Seligsprechung seiner Vorgänger 2014 nahm er teil. Ein Jahr später nahm er die Ehrendoktorwürde der Uni Krakau entgegen.
Joseph Ratzinger starb wenige Tage nachdem sein Nachfolger Franziskus mitgeteilt hatte, dass sein Vorgänger «sehr krank» sei. Franzsikus hatte die Gläubigen gebeten, für den emeritierten Papst, der «im Stillen» die Kirche unterstütze, zu beten, damit Gott ihn «bis zum Ende» tröste.