Nach «Annie - kopfüber ins Leben» (2020, derzeit in der ZDF-Mediathek) folgen nun die Fortsetzungen «Annie und der verliehene Mann» (15.9.) und «Annie und das geteilte Glück» (22.9.) jeweils um 20:15 Uhr im ZDF. Schon im ersten Teil wurde das klassische Vater-Mutter-Kind-Familienmodell gehörig auf den Kopf gestellt, als Annie Frieding (Bernadette Heerwagen, 45, «München Mord») während einer Ehekrise mit Ralf Frieding (Thomas Loibl, 53) von Fitnesstrainer Raimund Adjey (Eugene Boateng, 37) schwanger wird und sich für das Kind, aber auch für ihre Ehe entscheidet. Sie starten ein ungewöhnliches Patchwork-Modell, in dem Ralf der soziale Vater des kleinen Jungen wird und Raimund sich als biologischer Vater dennoch um ihn kümmert.
In den neuen Filmen gehen sie nun einen Schritt weiter. Denn als Annie und Ralfs beste Freunde, Tine (Kathrin von Steinburg, 45) und Nils (Manuel Rubey, 43), an ihrem unerfüllten Kinderwunsch fast verzweifeln, schlägt Annie kurzerhand vor, dass ihr eigener Mann Ralf aushelfen soll. Mit diesem unorthodoxen, grossherzigen Plan soll Tine endlich schwanger werden. Doch alles kommt anders als gedacht, denn Ralf und Tine finden zunehmend Gefallen aneinander... Beim Gedanken daran, ihren eigenen Mann, Schauspieler Ole Puppe (53), an ihre beste Freundin zu «verleihen», sagt Schauspielerin Bernadette Heerwagen im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news: «Vor den ‹Annie›-Filmen hätte ich auf jeden Fall sofort gesagt: Nein, never ever würde ich meinen Mann verleihen.» Ausserdem erklärt sie, die Herausforderungen bei polyamoren Beziehungen.
Wie waren denn die Reaktionen auf den ersten Film, der ja auch schon von einem eher ungewöhnlichen Patchwork-Familienmodell erzählt?
Bernadette Heerwagen: Es gab viele Reaktionen auf den ersten Film. Vielen langjährigen Paaren geht es offenbar so, dass sie schon lange keinen Sex mehr haben, was die Ehekrise von Annie und Ralf ja auslöste. Dennoch ist es komischerweise ein Tabuthema. Und ich bin heilfroh, dass Drehbuchautorin Dominique Lorenz dieses Thema aufgegriffen hat, weil darüber viel mehr offen gesprochen werden sollte. Das könnte vermutlich so manche Ehe retten.
Vielleicht ist Monogamie für manche Paare überholt, für andere nicht, was ich auch verstehen kann. Es gibt aber einfach so viele Formen des Zusammenlebens und wir erzählen in den drei Filmen auf eine gute, lustige, aber auch dramatische Art und Weise davon, was andere Familienmodelle für den einzelnen bedeuten können. Fakt ist, es erfordert viel Mut, Toleranz und Grossherzigkeit von allen Seiten.
Unkonventionell geht es auch in den neuen Filmen weiter. «Annie und der verliehene Mann» und «Annie und das geteilte Glück». So «verleiht» Annie ihren Mann an ihre Freundin, deren eigener Mann keine Kinder zeugen kann... Könnten Sie sich vorstellen, Ihren Mann zu verleihen oder zu teilen?
Heerwagen: Irgendwie ist die Idee total naheliegend, wenn ich es mir aber für meinen Mann und mich konkret vorstelle, muss ich schlucken. Es gehört schon viel Chuzpe dazu, das durchzuziehen. Vor den «Annie»-Filmen hätte ich auf jeden Fall sofort gesagt: Nein, never ever würde ich meinen Mann verleihen. Heute würde ich zumindest drüber nachdenken - ob ich es dann wirklich machen würde, steht auf einem anderen Blatt. Aber immerhin mal einen anderen, offeneren, toleranteren Gedanken in diese Richtung zuzulassen, ist eine der grossen Stärken dieser drei Filme.
In den Filmen geht es auch um ein harmonisches Miteinander von Familien nach Trennungen. Die grössten Hindernisse sind dabei häufig das Ego, die Eifersucht und der gesellschaftliche Druck. Wie kann man vor allem die ersten beiden in den Griff bekommen?
Heerwagen: Die Figur Nils zum Beispiel muss das ja tun und er versucht loszulassen und auf spirituelle Art und Weise seinen Weg zu finden. Vermutlich ist es aber einfach wichtig, in die Entscheidungen miteinbezogen zu werden. Auf diese Weise funktionieren auch polyamore Beziehungen. Im Unterschied dazu weiss beim Fremdgehen meist einer der Partner nicht Bescheid. Bei Polyamorie hintergeht man sich nicht, was Ego und Eifersucht im Zaum halten kann.
Was ist denn die grösste Herausforderung bei polyamoren Beziehungen?
Heerwagen: Mit beiden Partnern eine echte Beziehung zu führen, zu reden, mit beiden Sex zu haben, kann schon eine Doppelbelastung sein, denke ich. Eine Frau, die in einer polyamoren Beziehung lebt, hat mir gesagt, dass das, was wir in «Annie» erzählen, genau ihre Geschichte ist. Es ist also gar nicht abwegig, wie man vielleicht im ersten Moment denkt.
Ich habe mich anfangs auch gefragt, wie ich das spielen soll, aber je mehr ich mich damit beschäftigt habe, desto mehr habe ich es auch verstanden und nachvollziehen können. Schliesslich ist es sicher auch nicht angenehm, einen grantigen Mann zu Hause zu haben, der dich zwar einerseits liebt, andererseits aber Sehnsucht nach einer anderen Frau hat. Da gibt es nur die Trennung oder man probiert halt aus, ob man damit glücklich sein kann.
Annie und Ralf haben eine ältere Tochter. Der wird das Treiben der Eltern irgendwann zu bunt und sie teilt ihnen mit, dass ihre «Eltern-Lizenz nun erloschen ist». Sie sind ja auch Mama. Graut Ihnen schon davor, wenn Ihre beiden Töchter in die Pubertät kommen und - berechtigt oder nicht - streng mit Ihnen werden?
Heerwagen: Ich würde mal sagen, ich lass mich überraschen und geniesse die Zeit, in der sie noch Kinder sind. Sie sind jetzt sechs und neun Jahre alt und so langsam fängt es an, dass ich eine Idee davon bekomme, wie es in der Pubertät werden könnte. Ich werde auf jeden Fall versuchen, entspannt zu bleiben und die Aufgabe anzunehmen.
Einen grossen Unterschied zwischen den beiden Frauen im Film ist die Ernährung. Die eine kocht eher bodenständig, die andere tendenziell vegan. Wie halten Sie es denn privat damit?
Heerwagen: Ich bin weder vegan noch vegetarisch unterwegs, aber meine grosse Tochter ist Vegetarierin und so versuche ich, beim Kochen möglichst auf Fleisch zu verzichten. Wir haben Hühner, insofern fällt vegan aus. Und wenn ich mal Fleisch kaufe, dann nur bei einem Nachbarn auf dem Land. Da weiss ich, dass das Tier ein schönes Leben hatte und nicht in Massentierhaltung aufgezogenen worden ist. Generell interessiere ich mich aber auch für vegane Küche. Wir bauen ja selbst Gemüse, Salat und Obst an und können uns quasi regional, saisonal aus dem eigenen Garten versorgen.
Welche Ernte war in diesem besonders heissen Sommer denn besonders gut und welche besonders schlecht?
Heerwagen: Wir haben Glück, dass wir hier im Allgäu Regen hatten, bei uns ist es grün. Und so konnten wir dieses Jahr Weizen, Rote Beete, Zucchini, Spargel, Mangold, Kürbis, Bohnen, Kartoffeln, Gurken, Erbsen, Salat, Kirschen, Erdbeeren, Himbeeren, Johannisbeeren, Äpfel und Birnen ernten. Und unser Kastanienbaum trägt auch zum ersten Mal richtig grosse Früchte. Vor kurzem war ich aber in Hamburg und Wien und habe gesehen, wie braun die Natur an vielen Stellen ist. Das hat mich wirklich geschockt.
Die Arbeit im eigenen Garten wäre dann vermutlich auch schon die Antwort auf meine letzte Frage, wie Sie nach längeren Dreharbeiten am besten entspannen?
Heerwagen: Naja, es ist schon sehr viel Arbeit und vergangenes Jahr war es zum Beispiel alles andere als angenehm, weil das Wetter zu kalt und zu nass war. Da ist gar nichts gewachsen, nur das Unkraut. Ich war irgendwann so überfordert, dass ich aufgegeben habe, weil ich kurz vor einem Burnout stand. Die zu bewirtschaftende Fläche war einfach zu gross.
Dieses Jahr haben wir die Fläche verkleinert und mein Mann hat sich allein darum gekümmert. Insofern entspanne ich dabei, ihm zuzugucken und hier und da ein paar kleinere Aufgaben zu übernehmen. Manchmal entspannt es mich aber einfach auch, in der Stadt zu sein und zu drehen. Du wirst morgens abgeholt, geschminkt, die Kleidung wird dir rausgelegt, du musst nicht kochen. Das geniesse ich schon sehr. Natürlich sind zehn bis zwölf Stunden lange Drehtage auch stressig. Irgendwie gibt es für mich zu Hause und beim Drehen Stress und Entspannung zugleich.