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ESC-Gewinner vor zehn Jahren

Conchita Wurst: «Flirts habe ich schon am Laufen»

Tom Neuwirth alias Conchita Wurst sucht als Jurymitglied in der Talentshow «The Tribute» die beste Coverband. Im Interview spricht der ESC–Gewinner über seine persönliche Entwicklung, eine zweite Teilnahme am Song Contest und Sommerflirts.

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Tom Neuwirth erschuf mit Conchita Wurst eine Kunstfigur, unter deren Namen er Musik veröffentlicht.
Tom Neuwirth erschuf mit Conchita Wurst eine Kunstfigur, unter deren Namen er Musik veröffentlicht. lev radin/Shutterstock.com

Ab dem 16. August sucht Tom Neuwirth (35), besser bekannt als seine Kunstfigur Conchita Wurst, die beste Tribute–Band. In der Sat.1–Show «The Tribute – Die Show der Musiklegenden» sitzt der ESC–Gewinner mit Yvonne Catterfeld (44) und Bertram Engel (66) in der Jury. Gemeinsam mit der Sängerin und dem Schlagzeuger von Udo Lindenberg (78) und Peter Maffay (74) bewertet der österreichische Musiker 12 Coverbands. Die Ausstrahlung startet am Freitag, den 16. August (20:15 Uhr). Auf dem Streamingdienst Joyn gibt es die Folgen bereits eine Woche zuvor.

Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news spricht der Sänger über seine Ansprüche an Tribute–Bands, seine Vorstellung eines perfekten Sommers und eine erneute ESC–Teilnahme. Zudem verrät er, wie er sich in schwierigen Zeiten wieder aufrafft und was ihn sein Schauspieldebüt im Stück «Luziwuzi» gelehrt hat.

In der Show wollt ihr die besten Coverbands finden. Sie haben auch schon ein paar Cover veröffentlicht, aber mit welchem Künstler würden Sie gerne mal zusammen einen seiner Songs singen und welchen?

Tom Neuwirth: Cher steht ganz oben auf der Liste, weil wir hatten ja schon mal Kontakt. Wobei, das ist schon sehr übertrieben gesagt. Sie hat einmal über mich getweetet und that's it. Deswegen denke ich natürlich, dass wir beste Freundinnen sind. «Believe» von Cher in der Piano–Version: Das geht immer. Das würde ich gern machen.

Was muss eine gute Coverband für Sie mitbringen? Wie schafft man es, dass es nicht zum schlechten Abkupfern des Originals wird?

Neuwirth: Die Antwort ist in sich widersprüchlich, weil ich finde, es braucht Authentizität. Man muss die eigene Art und Weise, die eigene Persönlichkeit, mit einbeziehen, damit es emotional wird und mit Menschen connectet. Wenn man es nur runterarbeitet, ist man vielleicht ein guter Coverperformer/–performerin. Aber damit es wirklich zündet, muss man das Eigene in der Kunst der anderen Person finden.

Vor 10 Jahren haben Sie den ESC gewonnen. Würden Sie lieber zur heutigen Zeit dort antreten oder hatten Sie es lieber, dass Sie damals schon ein Zeichen für Vielfalt setzen konnten?

Neuwirth: Es kommt alles so, wie es soll. Ich bin natürlich sehr dankbar, dass ich diesen Moment hatte und das alles, was danach passiert ist oder währenddessen oder mit einer ganzen Community. Das war für mich ein riesiges Privileg, dass ich in dieser Situation sein durfte in der Rolle, die ich gespielt habe. Nichtsdestotrotz habe ich mir, nachdem Loreen jetzt nochmal gewonnen hat, gedacht: «Na super, muss ich das jetzt auch nochmal machen?» (lacht). Ich bin auch so ein kompetitiver Mensch, dass ich mir denke: «Jetzt will ich es aber auch nochmal wissen». Wenn das richtige Lied kommt – zurück zur Authentizität – ich finde, es muss echt natürlich kommen. Wenn ich mir denke, das ist der Song und das ist die Vision, dann würde ich nochmal antreten. Aber bis dahin nicht. Um die Frage zu beantworten: Ich sehe extremen Reiz, in der jetzigen Situation beim Eurovision Song Contest mitzumachen. Ich bin aber auch froh, dass es schon so passiert ist, wie es passiert ist.

Die Zeit um den ESC war sehr stressig für Sie, wie man aus Interviews herauslesen konnte. Sie haben auf der Bühne funktioniert, privat ging aber gar nichts mehr. Sie veröffentlichen immer noch Musik und sind viel unterwegs – geht es Ihnen jetzt trotzdem besser?

Neuwirth: Vielen Dank. Ja, mir geht es sehr gut. Ich glaube, es ist auch das Älterwerden. Wir alle machen Erfahrungen, die uns challengen, die wahrscheinlich sein müssen. Anyway, ich war damals auch noch jung, muss ich sagen, also so Mitte 20. Jetzt würde ich Entscheidungen anders treffen, jetzt hätte ich ein anderes Selbstverständnis und ein anderes Standing als Person. Ich glaube es ist gut, dass alles passiert ist, wie es passiert ist und gut, dass ich daraus gelernt habe und auch reflektieren kann, was ich heute anders machen würde oder wie ich mich in Situationen anders verhalten würde. Aber ja, danke, mir geht es sehr gut. Ich fühle mich sehr in meiner Mitte.

Haben Sie eine spezielle Situation im Kopf, in der Sie anders gehandelt hätten?

Neuwirth: Zum einen hatte ich damals in vielerlei professioneller Hinsicht nicht das Know–how zu sagen: «So, das ist jetzt meine Meinung und ich will das so und ich vertraue auch mir, wenn ich eine Entscheidung treffe gegenüber von Werbepartnern.» Sei es jetzt aus Business–Sicht oder musikalisch. Zum anderen steht mir mein Ego nicht mehr so im Weg. Ich glaube, viele Dinge haben sich so entwickelt, weil ich trotzig war oder verletzt in meinem Ego und mich nicht gesehen fühlte. Rückblickend denkt man sich, ja gut, ich war Mitte 20 und da ist alles manchmal ein bisschen dramatischer als es eigentlich ist. Daraus habe ich mich herausentwickelt.

In Ihrer neuen Single «Any Day From Now On» besingen Sie den Zusammenhalt und schauen hoffnungsvoll in die Zukunft. Sie sprechen davon, dunkle Wolken zurückzulassen. Wer oder was gibt Ihnen in schwierigen Zeiten Halt?

Neuwirth: Natürlich mein Umfeld, mein Freundeskreis, die Leute, mit denen ich mich umgebe, meine Family. Und ich hatte schon immer einen starken Willen, denn einer meiner Hauptantriebe ist, mich weiterzuentwickeln. Und wenn ich merke, irgendwas blockiert oder irgendwas macht mich unglücklich, dann bin ich nicht zu stolz, mich selbst zu evaluieren. Es ist eine Kombination aus allem. Ich habe das ein bisschen von meiner Oma gelernt. Du bist für dich selbst verantwortlich. Wenn es dir nicht gut geht, kannst du natürlich eine stützende Hand oder eine «Shoulder to cry on» bei deinem Umfeld suchen, aber die Arbeit muss man selbst leisten. Das ist schon das, was ich immer zu machen versuche.

Um auf einen anderen Song zu sprechen zu kommen: Vor drei Jahren haben Sie das sommerliche «Malibu» veröffentlicht, das auch jetzt noch gute Laune bei warmen Temperaturen macht. Sie singen von Strandtagen und Sommerflirts. Wie sehr entsprechen die Lyrics Ihrem diesjährigen Sommer?

Neuwirth: (Lacht) Also ich habe jetzt zwar keine – muss ich mal kurz nachdenken – doch, Flirts habe ich schon am Laufen, aber... Ich war noch nicht am Meer und ich hoffe, dass ich es dieses Jahr noch schaffe. Ich bin schon auch ein Geniesser. Ich habe auch Leute in meinem Umfeld, die sagen: «Boah, ich kann nicht zwei Wochen irgendwo liegen.» Dann sage ich: «Natürlich kann ich das.» Ich kann ein Buch lesen und mich zwei Wochen nicht vom Fleck bewegen. Darauf freue ich mich schon.

Sie hatten dieses Jahr auch in einem Stück Ihr Schauspieldebüt. Wie war das für Sie? Macht es Ihnen Spass, neue Seiten von sich zu entdecken?

Neuwirth: Das ist genau das. Ich liebe es, mich selbst kennenzulernen und im Zuge dessen mit ganz grossartigen Persönlichkeiten zu arbeiten, die Schauspiel studiert haben und die mir extrem viel beibringen. Ich dachte immer, ich bin eine sehr hemmungslose Person, vor allem auf der Bühne. Dann habe ich gemerkt, dass man im Schauspiel noch ein bisschen mehr aufmachen, durchlässiger sein muss. Keine Performance abziehen in dem Sinne, weil dich das blockiert. Gerade im Theater kann man sich nicht darauf verlassen, dass das, was man sich selbst zurechtgelegt hat, das ist, was gefragt ist. Weil die gegenüber spielende Person dir irgendwas anderes geben kann. Diese Offenheit und Flexibilität, die ich mir durch das Schauspiel aneignen darf, setze ich auch in anderen Performances um und es hat mich wieder ein Stück näher zu mir selbst gebracht. Es ist wirklich sehr spannend. Im Schauspiel muss man sich schon gut kennen, wenn man richtig frei sein möchte im Spiel.

Von SpotOn am 16. August 2024 - 23:34 Uhr