«Die Zusammenarbeit hat den Druck genommen»
«Teamwork makes the dream work» – Teamarbeit macht den Traum wahr. Das beweisen die Luzerner Gärtner Samuel Binder (22) und Reto Dali (22). In einzelnen World-Skills-Disziplinen tritt man aus technischen Gründen zu zweit an. Das betrifft auch die Gärtner. Dali und Binder, die sich flüchtig von gemeinsamen Kursen während der Ausbildung kennen und später von den Swiss Skills zusammen aufgeboten wurden, sind darüber äusserst froh: «Das hat uns enorm Druck genommen», erklärt Binder.
Man müsse nichts alleine durchstehen, und was einer weniger gut könne, beherrsche der andere besonders gut. «Wir haben uns perfekt ergänzt», schwärmt Dali. «Das hat uns den Sieg gebracht.» Bis jetzt fehlen Binder die Worte, um zu beschreiben, wie sich das anfühlt: «Es ist einfach unglaublich. Nur wenige dürfen das erleben.» Auch Dali ist stolz auf den Weltmeistertitel und wird dafür ordentlich gefeiert. Nach seiner Rückkehr verabredet er sich mit seiner Freundin – meint er zumindest. In Wahrheit wird er in ein Klubhaus gelockt und von der Gemeinde Gunzwil LU, seiner Familie und Freunden mit einem Znacht überrascht. «Das war wirklich cool!»
«Dank meinem Beruf bin ich nicht mehr schüchtern»
«Ich wollte lernen, aus mir herauszukommen», erzählt Carmen Többen. Die 21-jährige Bernerin wählt die Ausbildung zur Hotel-Kommunikationsfachfrau, arbeitet mittlerweile im «Baur au Lac» in Zürich. Jetzt gehört Többen weltweit zu den Besten unter 23-Jährigen ihres Berufs. Es ist das Ergebnis ihrer Arbeitserfahrung und von intensivem Training.
Geprüft wurde an den World Skills, wie sie E-Mails während der vier Prüfungstage laufend beantwortete, ihre Leistung bei Rollenspielen und ihre Sozialkompetenz. Besonders freut sich Többen über die neue Bekanntschaft mit 21 anderen Hotelfachpersonen aus aller Welt sowie die Blumen und den Apéro, den das Team ihres Arbeitgebers für sie organisierte.
«Ich gebe mich nicht schnell zufrieden»
«Ich bin ein Tüpflischiisser», behauptet Michael Bieri (20) von sich selbst. Das habe er von seinen Eltern. Sie seien zielorientiert und ehrgeizig. Und nun extrem stolz auf Michael. «Sie begleiteten mich nach Lyon und brachen in Tränen aus, als ich gewonnen hatte.» Lange fand der Berner keine Lehrstelle als Zimmermann, weil er nicht das benötigte Sekundarstufen- Niveau absolviert hat.
Sein heutiger Arbeitgeber legt aber keinen Wert auf dieses – und hat nun einen Weltmeister im Team. Die Goldmedaille ist «eine riesige Wertschätzung» für alle Verzichte, die Bieri im Rahmen des Trainings für die World Skills auf sich genommen hatte. «Es hat sich so was von gelohnt!»
«Ich bin Weltmeisterin, weil ich es kann»
Aus Langeweile schnuppert Sophie Schumacher (22) in den Sommerferien im Betrieb, in dem ihr Vater als Automechaniker arbeitet. Der Beruf sagt ihr zu, doch später merkt sie: «Autos sind mir eigentlich zu klein.» Lastwagen mag sie lieber. So wird die Bernerin Automobil-Mechatronikerin, Fachrichtung NFZ – und zwar die Beste unter 23-Jährige weltweit.
Häufig werde sie gefragt, wie es für sie ist, in einer männerdominierten Branche zu arbeiten. Diese Frage verstehe sie nicht, schliesslich sei sie es sich gewohnt. «Während der vier Prüfungstage verschwendete ich auch nicht eine Sekunde daran, mich zu fragen, wer welches Geschlecht hat.» Neben dem Sieg freut sich Schumacher besonders, dass ihre Familie sie durch und durch unterstützt und ihr Korbballteam extra nach Lyon reiste. «Eine schöne Überraschung!»
«Plötzlich gehörte ich zu den Besten»
Als Kind spielte Michael Ryter (22) mit dem Apfelmus in seinem Teller bereits so, als wäre er Gipser. Schulnoten hingegen seien gar nicht sein Ding gewesen. In der Sekundarstufe besucht der Zürcher Oberländer das tiefste Niveau. Doch während der Ausbildung zum Gipser-Trockenbauer EFZ bei der Franz Reinhardt AG «hat es klick gemacht», weil er sich tatsächlich für den Beruf interessiert und Spass daran hat.
Plötzlich gehört er zu den Besten, qualifiziert sich für die Swiss Skills und später für die World Skills. Während des Wettkampfs bemerkt Ryter Fehler, die er macht, und rechnet nicht mehr mit dem Sieg. «Vielleicht bin ich teilweise zu streng mit mir oder zu genau bei der Arbeit», meint er lachend. «Auch wenn die Reise sehr anstrengend war: Es bleibt ein schönes, einmaliges Erlebnis!»
«Jetzt möchte auch ich Junge fördern»
«Das sechsmonatige Training für die World Skills entspricht fünf Jahren Berufserfahrung», sagt Cedric Lang. Ein Grund, weshalb der 22-jährige Landmaschinenmechaniker beim internationalen Berufswettbewerb teilnehmen wollte. «Der WM-Titel ist die Krönung obendrauf», meint der Schaffhauser, der schon als Kind gerne werkte. Seit September arbeitet er nicht mehr bei der Waldvogel Agro-Tech GmbH in Lohn SH.
Er studiert stattdessen Maschinenbau an der ETH Zürich: «Ich möchte mich weiterbilden und eines Tages meine eigene Firma gründen.» Bis dahin kehrt er gelegentlich zu seinem ehemaligen Arbeitgeber zurück und bildet Lernende aus: «Die Lehre ist der Grundpfeiler unserer Wirtschaft. Ich bin sehr stolz, dass das in der Schweiz so ist, und möchte meinen Beitrag leisten.»
«Die Goldmedaille gibt Selbstvertrauen»
Öfters zweifelte Philippe Dourassov (21) seine berufliche Leistung an, obwohl der Informatiker durchaus qualifiziert ist. «Unter diesem Phänomen, dem sogenannten Hochstapler-Syndrom, leiden viele im Bereich Cybersecurity.» Denn fürs Hacken gebe es keine Anleitung: «Manchmal finden andere schneller, was man sucht, und man arbeitet alleine – meistens zumindest.»
Für die World Skills spannt der Waadtländer mit dem Basler Informatiker Edward Booth (22) zusammen. Sie lernen sich 2022 bei einem anderen Informatik-Wettkampf kennen. «Die Zusammenarbeit funktioniert trotz Sprachbarriere super», schwärmt Booth. Ihre Trainings via Videokonferenz brachten ihnen den WM-Titel. Sollte das Hochstapler-Syndrom also wieder aufkommen, hängt an der Wand nun ein goldglänzendes Symbol dafür, dass die beiden es draufhaben.