Zuletzt schien es, als würde den Marvel Studios kaum noch etwas gelingen. Das grosse Marvel Cinematic Universe, die nach reinen Einspielergebnissen erfolgreichste Filmreihe der bisherigen Kinogeschichte, geriet zunehmend ins Straucheln. Veröffentlichungen wie «Ant–Man and the Wasp: Quantumania» und «The Marvels» auf der Filmseite oder Superhelden–Serien wie «Secret Invasion» und «Echo» auf dem Streamingdienst Disney+ sorgten für Enttäuschung und Ernüchterung unter den zuvor euphorisierten Superhelden–Fans. Die Befürchtung entstand, dass das MCU in absehbarer Zeit vor dem Aus stehen könnte.
Mit «Deadpool & Wolverine», der am 24. Juli in den deutschen Kinos startet, erscheint nun jedoch ein neues Marvel–Werk, das das Ruder wieder herumreissen soll. Ryan Reynolds (47) feiert als Schandmaul Deadpool sein Debüt im Marvel Cinematic Universe. Der allseits beliebte Hugh Jackman (55) kehrt nach seiner eigentlichen Abschiedsvorstellung in «Logan – The Wolverine» doch noch einmal als mit Adamantium–Klauen bewehrter Mutant Wolverine auf die Kinoleinwand zurück. Was kann da schiefgehen?
Die Erwartungen an den einzigen Kinostart der Marvel Studios in diesem Kalenderjahr waren im Vorfeld gewaltig, und tatsächlich erfüllt der dritte «Deadpool»–Teil diese auch grösstenteils.
Darum geht es in «Deadpool & Wolverine»
Rund sechs Jahre nach den Ereignissen aus «Deadpool 2» hat der früher als Deadpool bekannte Wade Wilson (Reynolds) sein Superhelden–Dasein an den Nagel gehangen. Gemeinsam mit dem ehemaligen X–Force–Mitglied Peter (Rob Delaney, 47) verkauft er stattdessen Autos, die Beziehung zu seiner grossen Liebe Vanessa (Morena Baccarin, 45) ist zerbrochen. Da tritt überraschend die Time Variance Authority auf den Plan und informiert Deadpool, dass er einen Wolverine (Jackman) finden muss, um das gesamte Universum zu retten. Der Auftakt zu einer ganzen Reihe von Multiversums–Abenteuern.
Wolverine und Deadpool betreten das MCU
Für den Genuss von «Deadpool & Wolverine» sollten Marvel–Fans und Kinozuschauer zuvor die Streaming–Serie «Loki» mit Tom Hiddleston (43) als Titelfigur gesehen haben. Denn ohne Vorwissen über Varianten, die TVA, das sogenannte Stutzen und die Leere am Ende der Zeit wird es möglicherweise schwierig, der Multiversums–Geschichte des 34. Marvel–Kinofilms zu folgen.
Doch «Deadpool & Wolverine» wäre auch kein «Deadpool»–Film, wenn die Handlung nicht stellenweise zur Nebensache geraten würde. Selbstverständlich nimmt sich der nie die Klappe haltende Söldner Deadpool auch in seinem dritten Kinoauftritt alle Freiheiten, auf der Meta–Ebene nach Belieben Hohn und Spott über alles nur Erdenkliche auszugiessen.
So kriegt etwa der eingangs skizzierte, momentan desaströse Zustand des Marvel Cinematic Universes selbst sein Fett weg, wenn Deadpool seinen neuen Onscreen–Partner Wolverine offiziell im MCU Willkommen heisst, und sich im gleichen Atemzug dafür entschuldigt, dass sich dieses gerade auf einem Tiefpunkt befinden würde.
Überhaupt werden den ganzen Film über Witze über Disney, die Marvel Studios, das frühere, im Jahr 2019 von Disney gekaufte «Deadpool»–Studio 20th Century Fox, Marvel–Boss Kevin Feige (51), Wolverine–Darsteller Jackman und dessen nie endende Superhelden–Karriere und viele andere Dinge mehr gerissen. Wohl nicht alle unter den Zuschauerinnen und Zuschauern werden sämtliche dieser Jokes verstehen, doch genau darin bestand ja schon seit eh und je ein besonderer Reiz der smarten «Deadpool»–Reihe.
Atemberaubende Cameo–Auftritte und unendlicher Respekt für die Figuren
Auch musikalisch setzt sich dieser ironische Ansatz fort, wenn Hits der vergangenen Jahrzehnte wie etwa «Bye Bye Bye» von *NSYNC, «Like a Prayer» von Madonna (65) oder – etwas obskurer – «Iris» von den Goo Goo Dolls in Schüsselszenen erklingen.
Doch neben diesen eher zu erwartenden Zutaten überrascht «Deadpool & Wolverine» besonders mit einer grossen Liebe für die gezeigten Figuren. Gerade Fans des Mutanten Wolverine und dessen Darstellers Jackman äusserten im Vorfeld die Sorge vor einem zu respektlosen Umgang mit beiden. Und selbstverständlich reisst Hauptdarsteller Reynolds eine Menge Witze über den Australier und den von ihm dargestellten, ikonischen Charakter. Aber gerade das Ende des Films zieht noch einmal auf eine Art den Hut vor Wolverine, die beinahe den im Grunde perfekten Abschied in «Logan» in den Schatten zu stellen vermag.
Daneben treten eine ganze Reihe frühere Marvel–Figuren und Darsteller auf. Diese überraschenden Cameo–Auftritte sollen hier nicht gespoilert werden, doch zeugen auch sie von unendlichem Respekt vor den Fan–Lieblingen vergangener Tage und deren Darstellerinnen und Darstellern.
Und auch die Altersfreigabe ab 16 Jahren steht «Deadpool & Wolverine» hervorragend zu Gesicht. Die Kämpfe fallen hier – untypisch für das Marvel Cinematic Universe – extrem blutig aus. Köpfe werden abgeschlagen, Eingeweide treten zutage, das Blut fliesst in Strömen, und auch der Humor fällt deutlich derber und erwachsener aus als in den in Deutschland ab zwölf Jahren freigegebenen «Avengers»–Filmen und anderen Marvel–Werken.
Es bleibt abzuwarten, ob «Deadpool & Wolverine» wirklich der letzte Marvel–Auftritt des legendären Hugh Jackmans bleiben wird. Viele Fans würden sich auch angesichts dieser Performance mit Sicherheit eine weitere Zugabe wünschen – am besten gleich wieder mit Deadpool an seiner Seite, da auch die Chemie der beiden Darsteller Reynolds und Jackman rundum überzeugt.