Elise LeGrow (34) ist mit ihrem neuen Album «Grateful» zurück. Die kanadische Soul-Sängerin mit der Ausnahmestimme plaudert im Interview mit spot on news über ihren Haarschnitt, ihre Liebe zu Vintagemode und Benachteiligungen als Frau in der Musikbranche. «Was man dagegen tun kann, ist, für sich selbst einzutreten», sagt die selbstbewusste Künstlerin. Ausserdem verrät die 34-Jährige, ob sie mittlerweile davon genervt ist, immer wieder mit Amy Winehouse (1983-2011) verglichen zu werden.
Sie haben eine aussergewöhnliche Stimme. Wie hat sich diese bei Ihnen entwickelt?
Elise LeGrow: Ich danke Ihnen! Ich habe wirklich hart daran gearbeitet. Ich habe schon sehr früh angefangen zu singen und einige der grössten Sängerinnen unserer Zeit nachgeahmt - Patsy Cline, Etta James, Martha Reeves und Whitney Houston, um nur einige zu nennen. Und dann hat es Jahrzehnte gedauert, bis ich meine eigene, einzigartige Stimme entdeckt habe, die sich, wie sich herausstellt, immer noch von Tag zu Tag weiterentwickelt.
Sind Sie mittlerweile genervt davon, dass Sie immer wieder mit Amy Winehouse verglichen werden?
LeGrow: Ganz und gar nicht. Das ist ein grosses Kompliment.
Sehen Sie Amy Winehouse als Vorbild?
LeGrow: Ja, absolut. Ich kann immer noch nicht glauben, dass sie tot ist.
Sie haben einen sehr ikonischen Haarschnitt. Schneiden Sie sich Ihren Pony selbst?
LeGrow: Bis zur Pandemie habe ich meinen Pony noch nie selbst geschnitten! Es waren verzweifelte Zeiten, da die Friseursalons geschlossen waren. Aber ich glaube, ich habe das ziemlich gut gemacht. Wenn Sie mal wieder lachen wollen, sehen Sie sich mein Zeitraffervideo auf TikTok an, das zur Melodie des Titelsongs von «Mission Impossible» läuft.
Wie würden Sie Ihren Stil beschreiben? Worauf legen Sie bei Mode Wert?
LeGrow: Mein Strassenstil ist sehr an die 1960er Jahre in Paris angelehnt mit kurzen Röcken und langen Jacken. Mein Bühnenstil tendiert eher zum New York der 1980er Jahre, mit breiten Schultern und Pailletten.
Was mögen Sie an Vintagemusik und -mode?
LeGrow: Mir gefällt, dass sowohl bei der Vintagemusik als auch bei der Vintagemode gilt: Was man sieht, ist das, was man bekommt. Die Sänger mussten unglaubliche Leistungen erbringen, denn sie hatten nicht den Luxus der Tonbearbeitungstechnologie, die wir heute haben. Und damals war Leder noch Leder und hielt ewig! Es ist erstaunlich, dass die Designer heute damit durchkommen, Kleidungsstücke ohne Tierleid aus Kunstleder - auch Plastik genannt - zu verkaufen, die sich auflösen und zerfallen.
In Ihrem Song «Forever» geht es um lange Bindungen. Wie stehen Sie dem selbst als Scheidungskind gegenüber?
LeGrow: Nun... der Valentinstag stand in dieser Woche vor der Tür und ich bin Single. Aber ich bin optimistisch!
Ihr Song «Evan» ist sehr persönlich und traurig. Welche Geschichte steckt dahinter?
LeGrow: Dieser Song war mit Abstand am schwierigsten zu schreiben, deshalb hat es auch ein Jahrzehnt gedauert. Es ist eine Hommage an meinen lieben Freund, der erschossen wurde, als er gerade 22 Jahre alt war. Der Song ist mein Versuch, seinen Verlust zu betrauern, aber auch die glücklichen Erinnerungen zu feiern, wie zum Beispiel das Herumfahren in seinem kleinen VW, wenn er bekifft war.
Ihr neues Album trägt den Titel «Grateful». Wofür sind Sie dankbar?
LeGrow: Der Titelsong «Grateful» hat eine besondere Bedeutung für mich. Als wir den Song im Februar 2020 schrieben, war er eine Fortsetzung der Geschichte in «Evan». Der Verlust meines Freundes hat mich dazu gebracht, mein eigenes Leben auf eine neue Weise zu schätzen. Ich bin jetzt viel dankbarer, dass ich am Leben bin. Dieser Tage bin ich so dankbar für die einfache Freude am Musikmachen. Vor allem inmitten von Pandemien, Naturkatastrophen und weit verbreiteten politischen Unruhen ist es ein grosses Privileg, in meinem kleinen Winkel der Welt sicher und gesund zu sein, zu schreiben, zu singen und Gitarre spielen zu lernen.
Sie singen schon seit Sie ein kleines Kind sind. Wussten Sie schon immer, dass Sie einmal Sängerin werden wollen?
LeGrow: Daran kann ich mich nicht erinnern, aber meine Mutter erzählt, dass ich mit vier Jahren gesagt habe: «Wenn ich gross bin, werde ich Sängerin». Meinen ersten Konzertauftritt hatte ich im Kindergarten, und nun, 30 Jahre später, mache ich immer noch mein Ding!
Frauen sind im Musikbusiness immer noch benachteiligt. Inwiefern haben Sie das schon selbst erlebt? Was kann dagegen getan werden?
LeGrow: Bei mehreren Gelegenheiten haben mich ältere männliche Kollegen ermahnt, ich sei «schwierig» oder eine «Diva», obwohl meine Bitten vernünftig und höflich waren. Ich gehe davon aus, dass diese Art von Ermahnungen starken Frauen vorbehalten sind, die nach Spitzenleistungen streben. Ich kann jedoch nichts über die Erfahrungen männlicher Künstler sagen - vielleicht werden auch sie herablassend behandelt. Was man dagegen tun kann, ist, für sich selbst einzutreten. Egal, welches Geschlecht Sie haben, lassen Sie sich nicht herumschubsen.
Welche privaten und beruflichen Pläne haben Sie noch für 2022?
LeGrow: Privat versuche ich, so viel wie möglich auszugehen - Sportveranstaltungen, Restaurants, Konzerte, Partys, Raves, alles, was nicht im Haus ist! Wir hatten hier in Kanada die längsten Lockdowns, und ich habe vor, die verlorene Zeit wieder aufzuholen. An der beruflichen Front ist jetzt eine Menge los. Es gibt das neue Album jetzt auch physisch und Merch in limitierter Auflage. Ausserdem wird es bald einen genreübergreifenden Track mit einem Künstler aus den Niederlanden geben.