Der frühere US-Aussenminister Henry Kissinger (1923-2023) ist tot. Der Nobelpreisträger, der in Deutschland geboren wurde, starb am Mittwoch (29. November) in seinem Haus in Connecticut im Alter von 100 Jahren. Das teilte seine Beratungsfirma Kissinger Associates mit. Er soll bei einer privaten Feier im Familienkreis beigesetzt werden. Eine Gedenkfeier soll später in New York stattfinden.
«Mächtigster Aussenminister der Nachkriegszeit»
Der Republikaner Kissinger war von 1973 bis 1977 Aussenminister der USA, und zuvor von 1969 bis 1975 Nationaler Sicherheitsberater der Präsidenten Richard Nixon (1913-1994) und Gerald Ford (1913-2006). Er war das älteste lebende ehemalige US-Kabinettsmitglied und das letzte überlebende Mitglied des Kabinetts von Präsident Richard Nixon. Die «New York Times» würdigte ihn als «mächtigsten Aussenminister der Nachkriegszeit» – der gefeiert wurde, aber auch umstritten war.
Kissinger prägte die US-Aussenpolitik massgeblich. Seine Bemühungen führten unter anderem zur diplomatischen Öffnung Chinas und zu Rüstungskontrollverhandlungen zwischen den USA und der Sowjetunion. Für das Pariser Waffenstillstandsabkommen im Vietnamkrieg erhielt Kissinger 1973 gemeinsam mit dem nordvietnamesischen Chefunterhändler Le Duc Tho (1911-1990) den Friedensnobelpreis. Diese Entscheidung des Nobelpreiskommitees ist allerdings umstritten. Tho lehnte die Ehrung ab, weil der Krieg trotz des Abkommens weiterging. Kissinger selbst wollte den Preis später zurückgeben.
Er war bekannt für seine politische Schärfe und Selbstsicherheit, die Kritiker eher als Paranoia und Egoismus bezeichneten. Während viele Kissingers Brillanz lobten, kritisierten andere ihn für seine Unterstützung antikommunistischer Diktaturen, vor allem in Lateinamerika.
Geboren in Fürth
Kissinger wurde 1923 als Heinz Alfred Kissinger im bayerischen Fürth geboren. Als lebenslanger Fussballfan war er Ehrenmitglied des Fussballvereins seiner Geburtsstadt, der SpVgg Fürth. 1938 floh die jüdisch–orthodoxe Familie vor dem Naziregime in die USA. Während des Zweiten Weltkriegs trat Kissinger als Dolmetscher in die US–Armee ein und wurde eingebürgerter Staatsbürger. Er bewahrte sich jedoch zeitlebens einen fränkischen Akzent. Nach dem Krieg besuchte er die Harvard University, wo er sowohl einen Master– als auch einen Doktortitel erwarb und eine Karriere als Professor und in der Politik begann.
Er blieb auch nach seinem Ausscheiden aus dem Amt ein fester Bestandteil der Politik, verfasste häufig Meinungsbeiträge, gab Interviews und trat 2010 in der Dokumentation «Nuclear Tipping Point» auf, in der er seine Haltung gegen Atomwaffen thematisiert.
Kissinger hatte zwei Kinder mit seiner ersten Frau Ann Fleischer, von der er sich 1964 scheiden liess. Seine zweite Frau, Nancy Maginnes (89), heiratete er zehn Jahre später. Er hinterlässt Maginnes, seine beiden Kinder sowie fünf Enkelkinder.