Übermässiger Verbrauch natürlicher Ressourcen, Wasserverschmutzung, Textilabfälle: Die Modeindustrie ist einer der grössten Umweltsünder und für rund zehn Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Zudem hat sie auch einen hohen sozialen Preis: Nur schätzungsweise zwei Prozent der Beschäftigten in der weltweiten Modeindustrie erhalten laut «Fashion Revolution» einen zum Leben ausreichenden Lohn.
Doch fair und nachhaltig produzierte Kleidung ist häufig hochpreisig. Allerdings werben auch immer mehr Fast-Fashion-Ketten mit nachhaltigen Stoffen, fairen Arbeitsbedingungen und Recycling-Optionen. Oft sind diese Versprechen aber irreführend. Aber woran erkennt man das? Welche Merkmale machen nachhaltige, faire Mode wirklich aus und wann spricht man von Greenwashing?
Was ist Greenwashing?
Nachhaltig, umweltbewusst, conscious – Schlagworte, mit denen immer mehr Modeunternehmen werben. Oft ist für den Verbraucher schwer zu erkennen, ob er wirklich einen verantwortungsbewussten Kauf tätigt oder auf sogenanntes Greenwashing hereinfällt. Eine Studie aus dem Jahr 2023 ergab, dass fast 60 Prozent der umweltbezogenen Aussagen von zwölf grossen Marken in Grossbritannien und Europa unbegründet oder irreführend waren.
Den Begriff Greenwashing prägte 1986 der Umweltschützer Jay Westervelt in einem Essay über Handtuchnutzung in Hotels. Es bedeutet im übertragenen Sinn, sich ein grünes Mäntelchen umzuhängen und PR-Methoden anzuwenden, deren Ziel es ist, ein Unternehmen in der Öffentlichkeit umwelt- oder verantwortungsbewusster darzustellen als es in Wahrheit ist. Das kennt man von Lebensmittelfirmen, der Autoindustrie und eben auch der Modebranche.
Zahlen sind wichtiger als Worte
Um herauszufinden, ob eine Marke ihre Behauptungen stützen kann, sollte man nach Zahlen recherchieren: Wirbt ein Unternehmen zum Beispiel damit, bestimmte Kleidungsstücke seien aus Bio-Baumwolle oder recyceltem Material, kann es sein, dass es sich dabei nur um einen geringen Anteil an diesem Material handelt.
Ist ein Unternehmen wirklich nachhaltig und transparent, sollte man konkrete Informationen auf der Webseite finden. Oft genügt schon ein Blick aufs Etikett im Geschäft, um festzustellen, ob das Kleidungsstück wirklich das ist, was das Unternehmen verspricht. Besteht es zum Beispiel aus mehr als zwei Materialien, kann es nicht recycelt werden.
Leere Recycling-Versprechen
Viele Fast-Fashion-Unternehmen werben mit Recycling-Optionen: Kunden können ein altes Kleidungsstück zurückbringen und erhalten im Gegenzug einen Rabatt auf ein neues. Das Unternehmen verspricht, Abgegebenes zu recyceln. Was aber genau mit den abgegebenen Kleidern passiert, verraten die Firmen oft nicht.
Umweltschützerin Elizabeth Cline schätzt, dass weniger als ein Prozent der Kleidung wirklich recycelt wird. Denn bei den meisten Kleidungsstücken geht das nicht so einfach: Sie bestehen häufig aus gemischten Materialien, die nicht mehr brauchbar sind und auf der Mülldeponie enden.
Nicht auf Schlüsselwörter hereinfallen
Nur, weil etwas natürlich oder vegan ist, ist es nicht automatisch umweltfreundlich oder nachhaltig. Stoffe wie Viskose, Bambus oder Zellwolle werden von Unternehmen häufig als «natürliche» Alternative genannt, wirklich umweltfreundlich sind sie meistens aber nicht. Bambus etwa wird häufig mit Pestiziden angebaut und mit Chemikalien verarbeitet, für die weltweite Viskoseherstellung werden jährlich 150 Millionen Bäume gefällt.
Auch das Stichwort «vegan» ist irreführend. Denn veganes Leder und Pelz werden oft aus Erdöl oder Polyurethan gefertigt – schlecht für den Planeten. Dabei ginge es auch umweltfreundlich: Tierleidfreies Leder gibt es zum Beispiel aus Papier, Kork, Baumrinde und sogar Ananas.
Diese Zertifikate und Siegel helfen
Inzwischen gibt es immer mehr Zertifikate und Siegel, die Auskunft über ökologische und soziale Standards geben. Der Global Organic Textile Standard (GOTS) zeichnet Kleidung aus, die zu mindestens 90 Prozent aus Naturfasern besteht, von denen mindestens 70 Prozent biologisch erzeugt sein müssen. Neben ökologischen Faktoren werden auch faire Bezahlung und das Verbot von Kinderarbeit berücksichtigt.
Noch höhere Standards hat laut der Verbraucherzentrale das Siegel «IVN Best»: Das Gewebe oder Gestrick eines Textils muss zu 100 Prozent aus ökologisch zertifizierten Naturfasern bestehen. Zudem werden Mindestlöhne gezahlt und die Kernarbeitsnormen der International Labour Organisation (LBO) eingehalten.
Das Bluesign-Zertifikat achtet auf besonders umweltfreundliche Herstellung; es wird von Wissenschaftlern und Nachhaltigkeitsexperten vergeben. Das Siegel «Fair Trade Cotton» darf tragen, wer unter fairen Arbeitsbedingungen Baumwolle aus Bio-Anbau verwendet und zu 100 Prozent fair herstellt. Seit September 2019 gibt es zudem den «Grünen Knopf» als deutsches Textilsiegel: Um es zu erhalten, müssen Firmen insgesamt 46 Sozial- und Umweltkriterien berücksichtigen. Weitere Siegel sind Fair Wear Foundation, Cotton made in Africa und OEKO-Tex Made in Green.
Weitere Tipps zum Kleider-Kauf
Faire und nachhaltige Mode hat oft einen stolzen Preis. Eine grossartige Alternative ist Second-Hand-Mode. So werden Ressourcen geschont und der Lebenszyklus von Kleidungsstücken verlängert. Darüber hinaus ist es wichtig, möglichst nur Kleidung zu kaufen, die man wirklich mag und auch länger tragen wird, statt auf Trendpieces zu setzen. Ein bewusster Umgang mit Kleidung bedeutet zudem, sie gut zu pflegen und kleine Reparaturen vorzunehmen, wenn möglich. Kleidung, die man selbst nicht mehr trägt, sollte man verkaufen oder verschenken, anstatt sie ungenutzt im Schrank liegenzulassen.