Jahrelang trainieren Mädchen mit dem Traum, «Germany's next Topmodel» (Donnerstag, 20:15 Uhr, ProSieben) zu werden, den sexy Hüftschwung und den eleganten Gang - und dann kommt «GNTM» 2023 und will genau das Gegenteil.
Vorher aber geht's für die Models in Alices Wunderland: Mit verrückten Hut-Kreationen auf dem Kopf sollen die Mädchen zauberhaft posieren, was fast allen bei der hübschen Kulisse und dem perfekten Make-up mühelos gelingt. Fotograf Brian Bowen Smith sorgt dabei für gute Laune - einer platzt dabei allerdings bald die Hutschnur.
So kommen fast alle Mädchen nach ihrem Shooting strahlend zurück in die Umkleide, werden von den anderen beklatscht und erzählen von ihrem Erfolg. Bei Anya (19) sieht das etwas anders aus. Als selbsternannte Einzelkämpferin kapselt sie sich bewusst von der Gruppe ab - trotzdem will auch sie den Applaus der anderen. «Es freut sich kaum einer für mich, das macht mich so traurig», herrscht sie die ganze Gruppe aus dem Nichts an.
Die Tränen fliessen, das Unverständnis auf beiden Seiten ist gross. Cassy (23), der dadurch ihr grosser Moment gestohlen wurde, ist sauer: «Das nervt mich jetzt. Jetzt kommst du nach Hause und wir haben Spannungen im Zimmer. [...] Das fuckt mich ab!» Das Problem zieht sich bis zum nächsten Tag. Dann bitten die Mädchen Anya, das Zimmer zu wechseln. Die Aussenseiterin versucht die Situation erst mit einer Entschuldigung zu entschärfen, muss aber trotzdem umziehen. Und will im Anschluss noch weniger mit allen zu tun haben.
Edgy statt elegant, stampfen statt schweben
Dann kommt Ablenkung ins Haus: Heidi Klum (49) stellt ihren guten Freund, visionären Designer und «Making the Cut»-Gewinner Yannik Zamboni vor, dessen Kleider die Girls beim Elimination-Walk tragen werden. Allerdings ein bisschen anders als sonst. Seine Mode ist besonders extravagant, edgy und bricht mit den Normen. «Alle Looks sind All-Gender-Inclusive und das soll man auch dem Model ansehen», erklärt Zamboni beim Teaching. Dafür hat er genaue Vorstellungen: Yannik will keinen sexy Hüftschwung sehen, keine Hände auf den Hüften, seine Ansage lautet «selbstbewusst, tough und I don't give a fuck». Seine Models sollen stampfen statt schweben und breitbeinig statt ladylike posieren. «Sie sah aus als wolle sie jemanden töten», ist sein grösstes Lob.
Styling und Klamotten unterstreichen am nächsten Tag: Ums langweilige Hübsch sein geht's hier nicht mehr. Die Mädchen bekommen zittrige Kajal-Kreise um die Augen, ölige Haarsträhnen ins Gesicht geklatscht, zwei sollen mit nackten Hintern auf den Laufsteg. Der befindet sich auch noch in der Union Station in Downtown Los Angeles, Passanten und ihre Handys inklusive.
Wie fokussierte Zombies auf der Jagd
Allerdings hat sich das Üben gelohnt: Auf dem Laufsteg machen die Models ihre Mama mehr als stolz. Wie fokussierte Zombies auf der Jagd nach der nächsten oberflächlichen Barbie stampfen sie in ihren zerrissenen und dekonstruierten Kleidern auf Heidi und Yannik zu, sehen dabei zum Fürchten, aber auch ziemlich cool aus. Nackter Hintern, wackelige Boots, filmende Zuschauer? Alles kein Problem. They don't give a fuck. Als die so völlig verwandelte Somajia (21) auf den Laufsteg kommt, kriegt Klum ihre Kinnlade nicht mehr unter Kontrolle: «Wer ist das?!» Bei Cassy, die selbstbewusst und mit nacktem Hinterteil läuft, ist Heidis einzige Sorge, «dass die Leute da hinten keinen Herzinfarkt bekommen». Bald verzweifeln die Juroren an ihren vorbildlichen Schützlingen: «Die haben geübt, da will heute niemand rausfliegen.»
Einige können die Aufgabe aber nicht gut umsetzen: Emilia (19), die weder Hüfte noch Hände unter Kontrolle bekommen hat. Ein Schock für die 1,94 grosse Modelanwärterin, für die damit ein Kindheitstraum platzt. Eliz (22) muss ebenso gehen, verabschiedet sich aber positiver von der Erfahrung bei «GNTM». Zur Überraschung aller war es das aber noch nicht: Auch Zoey (26) fliegt raus. Sie kann es nicht fassen und reagiert mit selbstbewusster Wut: «Ganz ehrlich, kein Einziger hätte erwartet, dass ich raus bin.»