«Unsere Vorstellung von Gemeinsamkeit ist so wie ein gutes Haarspray: Halt geben, aber nicht kleben»: Bestsellerautorin Hera Lind, die am 2. November ihren 66. Geburtstag feiert, verrät im Interview das Geheimnis ihrer glücklichen Ehe. Ausserdem spricht sie über ihre Fitnessroutine – «zweimal täglich eine Stunde intensive Bewegung» – und ihr neues Buch. Zu ihrem Festtag erscheint «Das einzige Kind» (Knaur Verlag). Darin erzählt Lind die wahre Geschichte von dem fünfjährigen Djoko, der während des Zweiten Weltkriegs ganz allein quer durch Europa flieht.
Wie werden Sie Ihren Geburtstag feiern?
Hera Lind: Wir werden an diesem Tag in Kapstadt sein und dort auf das Kreuzfahrtschiff Vasco da Gama gehen, wo ich Lesungen und Schreibseminare für die Passagiere anbiete. Wir lieben die Kontakte, die wir an Bord knüpfen, denn es sind natürlich immer spannende Lebensgeschichten, die wir erfahren.
Ihr Mann ist bereits Privatier. Lassen Sie es nun auch ruhiger angehen?
Lind: Wir haben unsere gemeinsame Leidenschaft gefunden: Schreibseminare bei uns in Salzburg! Er als perfekter Gastgeber, ich als begeisterte Vermittlerin des Schreibhandwerks. Da kommen wundervolle Geschichten ans Tageslicht, es wird gelacht, geweint, gelernt, geschrieben und gespeist. Ausserdem geniessen wir genauso unsere grosse Familie mit Kindern und Enkeln, also unsere Wohnung ist voller Leben! Wir sind sehr dankbar dafür.
Seit 24 Jahren sind Sie glücklich mit Engelbert Lainer–Wartenberg. Was ist ihr Beziehungsgeheimnis?
Lind: Wir passen einfach nur gut zusammen. Das ist wie ein Sechser im Lotto, ganz unverdient. Unsere Vorstellung von Gemeinsamkeit ist so wie ein gutes Haarspray: Halt geben, aber nicht kleben. Wir vertrauen einander, respektieren einander, geniessen die Stärken und nehmen die Schwächen des anderen mit Humor.
Wie halten Sie sich fit?
Lind: Zweimal täglich eine Stunde intensive Bewegung: morgens Pilates, abends einmal über unseren Hausberg oder zehn Sätze Tischtennis! Das klingt nach eiserner Disziplin, aber bei acht Stunden Schreibtischarbeit ist es eine herrliche Ergänzung zur geistigen Arbeit, die mich ja oft auch in schreckliche Szenarien mitreisst.
Wie sieht Ihre Zukunft aus? Planen Sie etwas Neues?
Lind: Ich plane nichts und bin dankbar für jeden Tag. Wenn wir gesund bleiben, unsere Kinder, Enkel und Freunde uns immer noch mögen und ich weiterhin so wunderbare Lebensgeschichten zugeschickt bekomme, die meine Leserinnen und Leser verschlingen, dann bin ich sehr glücklich.
Wovon träumen Sie noch?
Lind: Dass die Menschen endlich aufhören, sich gegenseitig fertig zu machen. Ganz ehrlich. Lernen wir denn nichts aus unserer Vergangenheit? Wohin führt denn ein Krieg, im Grossen oder im Kleinen? Wie grossartig ist es doch, einander zu helfen, Verantwortung zu übernehmen, zueinander zu stehen. In meinen Büchern kommen solche stillen Helden zutage. Wir können so viel von ihnen lernen.
Ihr Erfolgsrezept sind Tatsachenromane. Was reizt Sie über wahre Schicksale zu schreiben?
Lind: Der Kontakt mit meinen Protagonistinnen und Protagonisten, das behutsame gemeinsame Herausarbeiten ihres Schicksals, das Mitreissen meiner Leserinnen und Leser, das ist eine hohe Verantwortung, eine Gradwanderung und im besten Fall ein wunderbares Miteinander.
Was hat Sie an der Geschichte des kleinen Djoko berührt, dass Sie sie erzählen wollten?
Lind: Es ist das erste Mal, dass eine Kindheit – die Geschichte endet, als er 12 ist – über 450 Seiten trägt. Dass ein Knirps von noch nicht fünf Jahren das Schicksal in die Hand nimmt, dass er nicht aufgibt, dass er immer wieder Menschen trifft, die ihm ein Stück weiterhelfen, dass ihn Verletzung, Schmerz, Verfolgung, Angst und Terror nicht gebrochen haben. Dass er Vertrauen in das Gute hat. Er ist heute 88 und ein kluger, charmanter alter Herr.