Für so manchen Fan der «Harry Potter»-Bücher und -Filme könnte mit dem Erscheinen von «Hogwarts Legacy» ein kleiner Kindheitstraum in Erfüllung gehen. In einer offenen Welt schlüpfen Spielerinnen und Spieler in die Rolle einer Zauberschülerin oder eines Zauberschülers und erleben Abenteuer an der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei. Gleichzeitig wurde über «Hogwarts Legacy» zuletzt jedoch viel diskutiert - insbesondere wegen der Autorin J. K. Rowling (57), der seit mehreren Jahren vorgeworfen wird, transphob zu sein. Auf der einen Seite erscheint damit ein Videospiel basierend auf Rowlings Werk, das unzähligen Menschen gefallen könnte. Auf der anderen Seite forderten viele zuletzt sogar einen Boykott.
Im Kern ist «Hogwarts Legacy» wohl genau das Spiel, das sich Anhänger der beliebten Zauber-Saga lange erhofft haben. Gamerinnen und Gamer erschaffen zunächst ihren eigenen Charakter und nutzen dabei vorgegebene Anpassungsmöglichkeiten. Der sprechende Hut entscheidet letzten Endes jedoch nicht fest darüber, welchem Haus Spieler angehören - sie können selbst zwischen Gryffindor, Hufflepuff, Ravenclaw und Slytherin wählen. Zu Fuss erkunden sie in dem Action-Rollenspiel Schloss Hogwarts, besuchen Unterrichtsstunden, stellen sich magischen Kämpfen oder sie schwingen sich auf den Besen und machen sich in der Luft auf in Richtung des Dorfes Hogsmeade. Leider gibt es jedoch keine Möglichkeit, in «Hogwarts Legacy» Quidditch zu spielen.
Wo sind Harry, Hermine und Ron?
Eine Enttäuschung dürfte für einige Fans sein, dass es kein Wiedersehen mit beliebten Charakteren wie Harry, Hermine und Ron - in den Filmen dargestellt von Daniel Radcliffe (33), Emma Watson (32) und Rupert Grint (34) - geben wird. «Hogwarts Legacy» spielt im 19. Jahrhundert, vor den Geschichten von Rowling. Damit ist das Game zwar im Potter-Universum, der Wizarding World, verwurzelt, bereits bekannte Storys werden aber nicht nacherzählt. Stattdessen begeben sich Hexen- und Zauberer-Azubis im Verbotenen Wald auf ganz eigene Abenteuer, lösen Rätsel und mehr. Freundinnen und Freunde können sie dazu allerdings nicht einladen, denn «Hogwarts Legacy» besitzt keine Koop-Komponente.
Rund um die Veröffentlichung von «Hogwarts Legacy» gab es zuletzt viel Kritik, zum grössten Teil im Zusammenhang mit Rowling - und nicht an dem Spiel selbst, das laut erster Tests vieler Branchenportale offenbar sehr wohl überzeugen kann. So sei der Titel beispielsweise laut «PC Games» trotz mancher Schwächen genau das Game, «auf das Fans jahrelang gewartet haben und für solche nah dran an einem Meisterwerk».
Auf der Webseite von «Hogwarts Legacy» machen Entwickler und Publisher klar: «J. K. Rowling ist nicht an der Entwicklung des Spiels beteiligt [...]». Als Erfinderin der Welt wird Rowling jedoch sicherlich finanziell von dem Game profitieren. So stellt sich für Fans der Wizarding World die im Kulturbereich schon oftmals diskutierte Frage: «Kann ich oder sollte ich das Werk von Autorin oder Autor trennen?»
Eine Hexe und kein Zauberer
Was die Entwickler Avalanche Software von alldem halten, zeigen sie offenbar im Spiel selbst. Medienberichten zufolge gibt es in «Hogwarts Legacy» anscheinend den ersten Transcharakter der Wizarding World. So finde sich etwa laut des Branchenmagazins «Entertainment Weekly» in Hogsmeade mit Sirona Ryan die Besitzerin des «Three Broomsticks». Zwar werde es nicht explizit ausgesprochen, Ryan erkläre jedoch in einem Dialog, dass ein Goblin namens Logdok sie nach Jahren sofort wiedererkannt habe, während einige ihrer Klassenkameradinnen und -kameraden «eine Sekunde» gebraucht hätten, um zu realisieren, dass sie eine Hexe sei und kein Zauberer. Der Publisher Warner Bros. Games hat sich auf eine entsprechende Anfrage bis zum Erscheinen des Artikels jedoch nicht dazu geäussert.
Ende Januar ging Alan Tew, der Director des Spiels, aber im Gespräch mit «IGN» auf die Situation ein. «Wir wissen, dass sich unsere Fans in die Wizarding World verliebt haben und wir glauben, dass sie sich aus den richtigen Gründen verliebt haben. Wir wissen, dass es ein diverses Publikum ist.» Für die Entwickler gehe es darum, sicherzustellen, dass die Fans die Möglichkeit bekommen, sich willkommen zu fühlen: «Dass sie hier ein Zuhause haben und dass es ein guter Ort ist, um ihre Geschichte zu erzählen.»
Rowling war in den vergangenen Jahren immer wieder mit umstrittenen Äusserungen zu Transsexualität bei Twitter aufgefallen und dafür kritisiert worden. So hatte sie sich beispielsweise im Sommer 2020 über die Formulierung «Menschen, die menstruieren» lustig gemacht, was viele Userinnen und User als taktlos empfanden und der Autorin daraufhin vorwarfen, transphob zu sein. Auch Watson, Radcliffe und Grint bezogen Stellung gegen Rowlings Aussagen. So schrieb die Schauspielerin etwa bei Twitter: «Ich möchte, dass meine trans-Follower wissen, dass ich und viele andere Menschen rund um den Globus euch für das, was ihr seid, anerkennen, respektieren und lieben.»
Am heutigen 10. Februar wird «Hogwarts Legacy» offiziell für PC, PlayStation 5 und Xbox Series X/S veröffentlicht. Käuferinnen und Käufer der teureren, digitalen Deluxe-Version hatten schon ab dem 7. Februar Zugriff auf das Spiel. Am 4. April sollen Fassungen für PS4 und Xbox One folgen. Ab dem 25. Juli gibt es das Spiel dann auf Nintendos Switch.