Spätestens seit der Corona–Pandemie ist Homeoffice für viele Menschen, die in Bürojobs arbeiten, zum Arbeitsalltag geworden. Für einige ist Remote Work mittlerweile unverzichtbar, um den Arbeitsalltag flexibler an die eigenen Lebensumstände anpassen zu können. Immer häufiger verbinden Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auch Arbeit mit Urlaub, Stichwort Workation. Ist diese Art, zu reisen und die Arbeit quasi vom Büro mit in den Urlaub zu nehmen, gut für unsere mentale Gesundheit? Das beantwortet Speakerin, Autorin und Mental–Health–Advokatin Dominique de Marné im Interview.
Was bedeutet Mental Health?
Dominique de Marné: Mental Health verbindet das innere Erleben von Emotionen und Gedanken. Eine gute mentale Gesundheit heisst für mich, von inneren Vorgängen nicht eingeschränkt zu werden.
Findet das Thema Mental Health in der Gesellschaft genügend Beachtung?
De Marné: Die Häufigkeit, in der wir darüber reden, ist langsam bei einem guten Ausmass angelangt. Aber wie, und welche Inhalte, da haben wir noch viel Arbeit vor uns. Aber wir sind auf einem guten Weg.
Apropos Arbeit: Wie sehen Sie das Thema Mental Health am Arbeitsplatz?
De Marné: Mental Health und der Arbeitsplatz bedingen sich in vielen Punkten. Schon dadurch, wie viel Zeit wir mit Arbeit verbringen. Bei der Arbeit sind wir nicht Maschine, sondern genauso Mensch. Wir bringen unser Privatleben mit.
Was halten Sie von dem Begriff Work–Life–Balance?
De Marné: Den Begriff Work–Life–Balance finde ich schwierig, weil er aussagt, dass es einerseits Work und andererseits Life gibt. So funktioniert das nicht. Beides geht ineinander über. Die Menschen sind sich diesem Zusammenhang oft nicht bewusst.
Bei einer Workation verbindet man eine Reise mit dem Arbeitsplatz. Warum kann diese Kombination positive Auswirkungen auf unsere mentale Gesundheit haben?
De Marné: Ein neuer Ortswechsel und Blickwinkel tun uns gut. Eine andere Arbeitsumgebung zu haben, auch wenn es nur die Arbeit im Haus eines Freundes ist, ist bereits ein Anfang. Etwas anderes zu sehen, andere Reize, mit einem anderen Bewusstsein in die Arbeit zu gehen – das braucht unser Gehirn ab und zu. Sonst kommt es in einen Alltagstrott, worunter die Kreativität leidet. Selbstbestimmung ist für unsere Mental Health ebenfalls sehr wichtig. Ich arbeite von wo und vielleicht auch zu welchen Zeiten ich möchte. Bestenfalls verbringe ich Workation in einer Umgebung, die mir guttut und meine Akkus auflädt. Der nahe Übergang von Arbeit zu qualitativer Freizeit ist ein unschätzbarer Akku–Lader.
Für wen ist eine Workation das richtige Modell?
De Marné: Nicht jeder ist der Typ dafür. Dazu gehören ein gewisses Vertrauen und Selbstorganisation, gerade in schöner Umgebung trotzdem die benötigte Arbeitsleistung abrufen zu können. Es kann schwerfallen, sich mit Bergen oder Strand vor der Nase auf die Arbeit zu konzentrieren. Manche haben die nötige Disziplin, sich überall fokussieren zu können. Dazu muss man sich selbst gut kennen.
Wie kann man sich als Workation–Einsteiger langsam herantasten?
De Marné: Gerade am Anfang würde ich erst mal nur ein bis zwei Wochen ausprobieren, um zu merken, was die Workation mit mir macht. So kann ich lernen, was ein für mich funktionierender Rhythmus ist.
Wie kann man sich die Rückkehr an den normalen Arbeitsplatz im Anschluss wieder leichter gestalten?
De Marné: Es darf mir auch schwerfallen, zurückzukommen, weil es mir in der Sonne und am Strand gefallen hat. Man kann sich das Gefühl des Urlaubs auch mitnehmen und ein Foto auf den Schreibtisch stellen. Fürs Homecoming kann ich mich auf die Dinge fokussieren, auf die ich mich freue: gemeinsame Teamsitzungen und Mittagessen. Oder Kolleginnen und Kollegen, die ich lange nicht gesehen habe.
Eignet sich eine Workation auch in Begleitung, zum Beispiel wenn die Familie mitkommt?
De Marné: Kommunikation ist der Schlüssel, dann kann die Familien–Workation ein tolles Erlebnis sein. Es ist wichtig, klare Grenzen zu ziehen und mit dem Partner zu kommunizieren, wie man sich organisiert. Wer arbeitet wie viele Stunden pro Tag und Woche? Teilt man sich Vormittag und Nachmittag auf? Oder teilt man die Werktage auf und verbringt das Wochenende zusammen? Es ist ebenso wichtig, mit Partner und Kind zu kommunizieren, wenn man Zeit für sich braucht.
Wie kann man bei einer Workation Stressfaktoren minimieren bzw. den Erholungsfaktor erhöhen?
De Marné: In Deutschland habe ich Sicherheit, was Sprache, Währung und Essen angeht sowie eine Kultur, die ich kenne. Im Ausland habe ich viele Reize, die Stress bedeuten können und einen Druck, Neues sehen und erleben zu müssen. Den idealen Workation–Ort in dem Sinne gibt es nicht. Es gibt aber Faktoren, die ich beachten kann, um ein gutes Arbeitsumfeld zu finden: Wie ist es mit Wildcampen, Preisen, Sprachbarrieren? Habe ich ausreichend Erholungsangebote wie Wanderwege, einen Strand?
Was können Sie aus eigener Erfahrung berichten?
De Marné: Ich war häufig auf Workation. Zuletzt auf einem vierwöchigen Roadtrip mit meinem Partner und unserem Kind im Carado Reisemobil entlang der Nord– und Ostseeküste und der Mecklenburger Seenplatte. Dabei lag die Balance zwar mehr auf Urlaub als Arbeit. Dadurch habe ich aber fokussierter gearbeitet.
Wie ist Ihnen das gelungen?
De Marné: Weil ich wusste, dass die Belohnung nach dem Job auf mich wartet, sobald ich die Tür meines T457 aufmache. Gleichzeitig steigerte sich die Qualität beider Teile meines Lebens. Nämlich die für mich als Mensch und für uns als Familie, aber auch die meiner Arbeit. Ich war produktiver, weil ich wusste, in welcher Umgebung ich mich befinde, und dass ich nach getaner Arbeit meine Akkus für mich und meine Familie füllen kann.
Haben Sie gute Erfahrungen mit einem Reisemobil als Zuhause während der Workation gemacht?
De Marné: Definitiv! Ich parke an den schönsten Orten, um mit tollem Ausblick zu arbeiten. Und danach kann ich genau diese Natur geniessen. Ich kann meinen Urlaubs– und Arbeitsort flexibel gestalten. So kann ich nach Lust und Laune einen Szenenwechsel planen, je nachdem, ob es mich an den Strand, die Berge, den Wald oder die nächste Altstadt zieht. Diese Freiheit ist Selbstbestimmung auf höchstem Niveau, was positiv auf die mentale Gesundheit einzahlt.