«Seitdem ich mit mir befreundet bin, achte ich weitaus besser auf mich und auf mein Umfeld», verrät Moderator Horst Lichter (62) der Nachrichtenagentur spot on news zu seinem neuen autobiografischen Buch «Zeit für Freundschaft?!» (Knaur, 1. Oktober), das er mit Co–Autor Till Hoheneder verfasst hat. Darin erzählt der «Bares für Rares»–Star von den Menschen, die im Laufe des Lebens für ihn wichtig waren und heute noch sind und tauscht sich mit anderem Prominenten über die vielen Facetten des Themas Freundschaft aus. Im Interview spricht er über Freundschaft im Showbusiness und zu sich selbst.
Lieber Herr Lichter, Sie haben sich für Ihr Buch intensiv mit Freundschaft beschäftigt. Hat sich Ihre Sicht auf das Thema dadurch verändert?
Horst Lichter: Ja, gewaltig sogar! Immer wieder wurde alles auf den Prüfstand gestellt, was ich über das Thema Freundschaft zu wissen glaubte. Und aus jedem Arbeitsschritt – und ich habe viele Arbeitsschritte mit Till Hoheneder zusammen bearbeitet – kam ich zu einem anderen Entschluss. Zum Beispiel in der Frage, was einen wahren Freund ausmacht. Man liest überall, er ist immer für einen da, bei Krankheit, finanziellen Schwierigkeiten oder privaten Problemen. Daraufhin habe ich gesagt: Wenn ich erst in so eine Problemsituation kommen müsste, möchte ich meinen wahren Freund lieber nicht kennenlernen. Freundschaft kann man auch anders definieren, denke ich!
Neben Arbeit und Familie: Wie viel Raum nehmen Ihre Freunde in Ihrem Leben ein und wie viele Menschen bezeichnen Sie als gute Freunde?
Lichter: Oh, das ist schwierig... Über diese Frage habe ich auch im Rahmen des Buches viel nachgedacht. Es gibt eine Hand voll Menschen, die ich wirklich als Freunde bezeichne, wie man es meistens hört. Aber insgesamt gibt es einen Freundschaftskreis, mit dem ich befreundet bin, und das sind schon einige mehr. Das sind bestimmt um die 15, 20 Personen, da kommt immer mal jemand dazu und dann geht auch mal jemand.
Interessant ist Ihre Ansicht, dass Freundschaft keine Pflanze ist, die gepflegt werden muss. Was braucht eine gute Freundschaft für Sie?
Lichter: Das, was sich tatsächlich jeder von einer Freundschaft wünscht: absolute Ehrlichkeit und absolutes Vertrauen. Wenn ein Blick manchmal reicht und mehr sagt als 1000 Worte, das ist eine Freundschaft. Da zu sein, wenn es nötig ist, aber auch, wenn es mal nicht nötig ist. Freundschaft darf in meinen Augen nichts verlangen.
Was ist für Sie ein absolutes No–Go in einer Freundschaft?
Lichter: Betrug. Hinterlist. Neid und Gier.
Viele Menschen bezeichnen Ihren Partner als besten Freund. In Ihrem Buch heisst es, Sie «glauben nicht», dass Sie das wollten. Was unterscheidet für Sie Ihre Ehefrau von einem besten Freund?
Lichter: Mit meinem besten Freund teile ich nicht das ganze Leben, mit meiner Ehefrau schon. Deswegen ist das eine ganz andere Basis. Man kann befreundet sein, aber der Ehepartner ist der Ehepartner – bis dass der Tod uns scheidet. So sollte es sein.
Was geben Ihnen Ihre Freunde, was Ihnen keine anderen Menschen geben?
Lichter: Ein gutes Gefühl. Das gute Gefühl, gemocht zu werden, aber auch, dass man gesagt bekommt, wenn man vielleicht auf dem falschen Weg ist.
Was ist das Bedeutendste, was Sie einem Freund zu verdanken haben?
Lichter: Da muss ich tatsächlich nachdenken... es gibt einfach zu viele Dinge, die Menschen für mich getan haben und für die ich sehr dankbar bin. Aber etwas davon herauszustellen, fällt mir sehr schwer.
Ist es schwieriger als Prominenter, im Showbusiness Freundschaften zu schliessen? Mit wem aus der Branche führen Sie eine enge Freundschaft?
Lichter: Ja, es ist schwieriger. Gerade in den ersten Jahren habe ich oft gedacht, dass das alles warmherzige, liebenswerte Menschen sind, die alle das gleiche Ziel verfolgen – Freude und Spass zu haben, gemeinsam etwas Tolles erleben und das tun, wofür wir da sind: andere Menschen gut zu unterhalten. Jetzt bin ich mittlerweile 25 Jahre dabei und bin da nicht mehr so blauäugig. Wen ich wahnsinnig gerne mag, ist Jenke von Wilmsdorff, das ist ein ganz feiner Mensch. Aber es gibt auch noch ein paar andere tolle Menschen aus der Branche, aber das würde den Rahmen jetzt sprengen.
Gibt es zerbrochene Freundschaften, denen Sie hinterher getrauert haben?
Lichter: Die gibt es. Es gibt Freundschaften, die man beendet hat, weil man geglaubt hat, dass man sich als Freund in Dinge einmischen müsste, die einen wirklich nichts angehen. Das musste ich aber auch erst lernen. Nicht alles darf ein Freund! Ein Freund darf etwas sagen, Ratschläge geben, aber er darf sich eigentlich nicht einmischen.
Wann haben Sie das letzte Mal einen Menschen getroffen, mit dem sich eine Freundschaft entwickelt hat?
Lichter: Ich begegne jeden Tag so vielen tollen Menschen, deswegen ist es schwierig zu sagen, wann daraus ein Freund wird.
Sie sagen selbst: «Ich möchte mit mir befreundet sein». Was sind die grössten Vorzüge daran, wenn man sich mit sich selbst angefreundet hat? Was mögen Sie am liebsten an sich?
Lichter: Wenn man sich mit sich selbst angefreundet hat, hat man einige Dinge dazu zu sagen. Ich habe mich immer gefragt: Würde man wissentlich einem Freund schaden mit Nikotin, Alkohol oder Ähnlichem? Nein! Warum sich selbst? Würde man einen Freund absichtlich krank machen mit ständig falschem Essen und einem ungesunden Leben? Nein. Warum sich selbst? Würde man sich selbst verletzen, auspowern bis man umfällt, besseren Wissens? Nein. Seitdem ich mit mir befreundet bin, achte ich weitaus besser auf mich und auf mein Umfeld. Es ist sehr schön, mit sich befreundet zu sein.
Sie beschreiben auch gesundheitliche Aspekte. Andere Länder bekämpfen soziale Isolation mit Einsamkeitsministerien. Brauchen wir eine solche Institution auch hierzulande?
Lichter: Nein, brauchen wir nicht. Wir brauchen eine vernünftige Erziehung, in der Eltern ihren Kindern schon beibringen, was eine Freundschaft ist und wie man mit anderen Menschen umgeht. Wie hilft man? Wie ist generationenübergreifendes Zusammenleben? Es gibt den wunderbaren Film «Das blaue Band», da sieht man, dass Menschen weit über 100 werden. Bei all diesen Menschen sind ein paar wenige Dinge identisch: Sie ernähren sich vernünftig, aber nicht immer. Sie trinken auch mal ein Gläschen oder essen zu viel, aber nicht regelmässig. Sie arbeiten alle sehr hart und zwar körperlich. Aber das Wichtigste ist, dass all diese Menschen, die so alt werden, in einem funktionierenden, hervorragenden sozialen Umfeld leben. Da sind die Kinder, die Enkel, die Freunde, die Verwandtschaft und man kümmert sich umeinander. Ich glaube, das sollten wir alle tun und schon werden wir alle ein bisschen gesünder leben.