Erst in der vergangenen Woche sorgten neue Paparazzi-Bilder für Aufsehen, die Leinwand-Legende Jack Nicholson (86) im angeblich «zerzausten» Zustand auf dem Balkon seines Hauses zeigen. Vor diesen Aufnahmen war der mit drei Oscars meistausgezeichnete männliche Darsteller der Hollywood-Historie zuletzt im Oktober 2021 in der Öffentlichkeit gesichtet worden, als er mit seinem Sohn Ray Nicholson (31), der ihm wie aus dem Gesicht geschnitten ist, in Los Angeles ein Heimspiel seiner geliebten L.A. Lakers besuchte.
Die wenig schmeichelhaften Bilder des einstigen Superstars, der heute 86 Jahre alt wird, sorgten in den Weiten des Internets für Besorgnis. Doch wie der britische «Independent» berichtet, drückten auch etliche Socia-Media-User ihre Unterstützung für Nicholson aus. «Jack Nicholson ist immer noch cooler als die meisten von uns», hiess es da etwa, oder: «Wenn du Jack Nicholson bist, kannst du aussehen, wie auch immer du willst». Am treffendsten fasste wohl ein User den fotografischen Eingriff in die Privatsphäre des Stars mit den Worten zusammen: «Lasst Jack Nicholson in Ruhe. Er ist 85».
Letzte Rolle im Jahr 2010
Seit Beginn der Corona-Pandemie hat sich Nicholson weitestgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Zum letzten Mal auf der grossen Kinoleinwand zu sehen war er im Jahr 2010. An der Seite der viel jüngeren Schauspielstars Reese Witherspoon (47), Paul Rudd (54) und Owen Wilson (54) trat Nicholson in der wenig beachteten romantischen Komödie «Woher weisst du, dass es Liebe ist?» auf. Der Film von Regisseur James L. Brooks (82), der Nicholson zuvor zu zwei Oscar-Triumphen verhalf, spielte bei einem kolportierten Budget von 120 Millionen US-Dollar lediglich unterirdische 49 Millionen Dollar ein - und wurde so zu einem gewaltigen Flop.
Seitdem befindet sich Nicholson im inoffiziellen, nie verkündeten Ruhestand - eine Tatsache, die auch sein in der Zwischenzeit verstorbener «Easy Rider»-Co-Star Peter Fonda (1940-2019) im Jahr 2017 bestätigte. 2013 hatte er noch die Hauptrolle in der sechsfach oscarnominierten Tragikomödie «Nebraska» abgelehnt, die in der Folge an Bruce Dern (86) ging. Für die Komödie «St. Vincent» (2014), an deren Entwicklung Nicholson beteiligt war, soll er selbst Bill Murray (72) empfohlen haben.
Ein letztes anvisiertes Filmprojekt zerschlug sich im Jahr 2017. Nicholson hatte bereits für ein US-Remake der deutschen Erfolgskomödie «Toni Erdmann» (2016) unterschrieben, doch das geplante Projekt wurde nie zur Realität. So endete seine grosse Schauspielkarriere auf äusserst leise Art.
Mutter oder Schwester?
Zuvor hatte der Star mit den markanten Augenbrauen und dem diabolischen Lächeln über Jahrzehnte ganz oben auf Hollywoods Olymp residiert. Aufgewachsen bei seinen Grosseltern, hielt er seine Mutter June Frances Nicholson (1918-1963) über lange Jahre für seine Schwester. Mit gerade einmal 18 Jahren konnte er 1955 in Hollywood sein erstes bezahltes Schauspiel-Engagement ergattern. In den Folgejahren trat er etwa in den Roger-Corman-Filmen «The Little Shop of Horrors» (1960) oder «The Terror» (1963) auf. Doch mit der Schauspielkarriere wollte es nicht so recht vorangehen, und so verlegte sich Nicholson auch aufs Drehbuchschreiben. Er verfasste die Skripte zum Hippie-Kultfilm «The Trip» (1967) und dem psychedelischen Western «Ride in the Whirlwind» (1966), in dem er auch selbst die Hauptrolle spielte.
«Easy Rider» rettete seine Schauspielkarriere
Nur durch einen Zufall wurde dann der Hollywood-Star, wie wir ihn heute kennen, geboren. Als Darsteller Rip Torn (1931-2019) und «Easy Rider»-Star Dennis Hopper (1936-2010) in einen Streit gerieten, schlug Produzent Bert Schneider (1933-2011) stattdessen Nicholson für die Rolle des alkoholkranken Anwalts George Hanson vor - und der Rest ist, wie es so schön heisst, Geschichte.
Anfang der 1970er Jahre eilte Nicholson von Erfolg zu Erfolg, heimste Oscarnominierungen für seinen endgültigen Durchbruch «Five Easy Pieces - Ein Mann sucht sich selbst» (1970), Hal Ashbys (1929-1988) «Das letzte Kommando» (1973) und das Noir-Meisterwerk «Chinatown» (1974) ein, bevor er für Miloš Formans (1932-2018) «Einer flog über das Kuckucksnest» (1975) mit seinem ersten Oscar als «Bester Hauptdarsteller» ausgezeichnet wurde.
Von «Here‹s Johnny» bis «Besser geht›s nicht»
In den folgenden fünf Jahren liess es der auch für seinen exzessiven Lebensstil bekannte Nicholson als Darsteller ruhiger angehen, bevor er 1980 für Regie-Legende Stanley Kubrick (1928-1999) in «Shining» (1980) die unvergessene Dialogzeile «Here‹s Johnny» improvisierte. Im Jahr 1984 gewann er für «Zeit der Zärtlichkeit» seinen zweiten Oscar - dieses Mal als «Bester Nebendarsteller». Ein weiterer Academy Award als «Bester Hauptdarsteller» sollte im Jahr 1998 für seine Verkörperung des misanthropischen Schriftstellers Melvin Udall in James L. Brooks› Komödie «Besser geht's nicht» folgen.
Dazwischen soll Nicholson, der Kunstwerke von Pablo Picasso, Henri Matisse und Andy Warhol sein Eigen nennt, für die Darstellung des ikonischen Bösewichts der Joker in Tim Burtons (64) «Batman» dank einer lukrativen Gewinnbeteiligung mehr als 50 Millionen US-Dollar verdient haben.
Comedy-Rollen nach dem 11. September
«Als sich die gegenwärtige Weltsituation durch den 11. September ergab, traf ich eine sehr bewusste Entscheidung, mich wirklich in die Comedy zu vertiefen», verriet Nicholson einmal in einem Interview gegenüber dem irischen «Independent». Gemeinsam mit Regisseur James L. Brooks und Komiker und Schauspieler Adam Sandler (56) soll er den Plan ausgearbeitet haben, das Publikum in schweren Zeiten zum Lächeln zu bringen. «Mit Ausnahme von ‹Departed: Unter Feinden› habe ich seitdem fünf oder sechs Komödien hintereinander gedreht», so Nicholson im Jahr 2008.
Die möglicherweise charmanteste dieser Komödien ist «Das Beste kommt zum Schluss» (2007) von Regisseur Rob Reiner (76). In der Buddy-Komödie, die mit einem weltweiten Einspielergebnis von 175 Millionen US-Dollar auch ein beachtlicher finanzieller Erfolg war, spielen Nicholson und Morgan Freeman (85) zwei todkranke Männer, die ihre «Bucket List» (so der Originaltitel des Films) abarbeiten. Rückblickend ein würdiger Abschluss von Nicholsons grosser Schauspielkarriere.