Triumphiert sie bei der US–Wahl am 5. November, wird Kamala Harris mit 60 Jahren als erste Präsidentin ins Weisse Haus einziehen. Am heutigen 20. Oktober feiert die 1964 – in Zeiten der Bürgerrechtsbewegung – im kalifornischen Oakland geborene Politikerin ihren runden Geburtstag. Die Tochter einer Tamilin aus dem indischen Madras und eines gebürtigen Jamaikaners ist ein Familienmensch und legte wie ihre Eltern eine fabelhafte Karriere hin.
Kein eigenes Kind, aber die «Momala» für zwei
Kamala Harris hat kein eigenes Kind. Spätestens mit ihrer Hochzeit vor rund zehn Jahren kamen aber zwei Teenager ins Haus. Denn die Baptistin ist seit August 2014 mit dem jüdischen Rechtsanwalt Douglas Emhoff (60) verheiratet. Aus seiner ersten Ehe (1992–2008) stammen sein Sohn und seine Tochter, die bei der Hochzeit damals Teenager waren. Über das erste Treffen mit den beiden sagte Harris, die Emhoff bei einem von einer Freundin 2013 arrangierten Blind Date kennen lernte, dem Magazin «Elle»: «Cole und Ella hätten nicht freundlicher sein können. Sie sind brillante, talentierte und lustige Kinder, die zu bemerkenswerten Erwachsenen herangewachsen sind. Ich war bereits begeistert von Doug, aber ich glaube, es waren Cole und Ella, die mich in ihren Bann gezogen haben.»
Und tatsächlich scheint die gesamte Patchwork–Konstellation von Respekt geprägt zu sein. Denn auch über die Mutter der beiden, Filmproduzentin Kerstin Mackin, spricht sie in den höchsten Tönen und nennt sie «Freundin». Kerstin sei eine wunderbare Mutter, sagte Harris und weiter: «Kerstin und ich haben uns auf Anhieb verstanden und sind gute Freunde. Sie und ich wurden zu einem Cheerleader–Duo auf der Tribüne bei Ellas Schwimm– und Basketballspielen – oft zu Ellas Leidwesen.»
Dass so viel Sympathie und Harmonie ungewöhnlich sind, wissen alle Beteiligten und so «scherzen wir manchmal, dass unsere moderne Familie fast ein bisschen zu gut funktioniert». Vielleicht hängt damit auch zusammen, dass der gemeinhin eher negativ besetzte Begriff «Stiefmutter» in dieser Familie nicht genutzt wird: «Als Doug und ich ein paar Jahre später heirateten, waren Cole, Ella und ich uns einig, dass uns der Begriff ‹Stiefmutter› nicht gefiel. Stattdessen haben wir uns den Namen ‹Momala› ausgedacht», verriet sie dem Magazin ihren Kosenamen.
Gemeinsame Familienzeit ist bei einer so erfolgreichen Politikerin natürlich rar gesät – und doch scheint es eine Art Ritual zu geben. «Unsere Zeit als Familie ist das Sonntagsessen. Wir versammeln uns alle um den Tisch», sagte sie. Im Laufe der Zeit habe sich eine gute Rollenverteilung entwickelt: «Cole deckt den Tisch und wählt die Musik aus, Ella macht wunderbare Desserts, Doug fungiert als mein Souschef und ich koche.»
Erstaunliche Karriere – und oft eine Pionierin
Ihren Karrierehöhepunkt kann sie als erste Frau im US–Präsidentenamt vielleicht am 5. November feiern. Aber auch der Weg dorthin ist von Pionierleistungen geprägt. Kamala Harris ist die erste Frau, die erste Schwarze Person und die erste Person indischer Abstammung im Amt der US–Vizepräsidentin. Sie war die erste weibliche Bezirksstaatsanwältin San Franciscos. Und schon in jungen Jahren war die Tochter von Emigranten – ihr Vater ist Wirtschaftswissenschaftler Donald J. Harris (geb. 1938) – eines der ersten Kinder ihrer Stadt, das eine Schule besuchen durfte, die bis dahin nur Weissen vorbehalten war.
In einem Interview mit «Good Morning America» verriet Kamala Harris 2020 laut dem «People»–Magazin, dass sie am Tag der Amtseinführung als Vizepräsidentin «an ihre Mutter denken» werde. Über die Brustkrebsforscherin Dr. Shyamala Gopalan (1938–2009), die 2009 an Krebs starb, sagte Harris weiter: «Ich wurde von einer Mutter erzogen, die immer zu mir sagte: ‹Kamala, du magst die Erste sein, die viele Dinge tut – pass auf, dass du nicht die Letzte bist.›»
Harris' kämpferischer Geist zeigte sich schon, als ihre beste Schulfreundin ihr anvertraute, vom Stiefvater missbraucht zu werden. Familie Harris nahm das Mädchen schlussendlich bei sich auf. Das habe beider Leben verändert, erzählt die Freundin im Interview mit dem «Bayerischen Rundfunk». Harris sei damals klargeworden, dass sie Menschen für ihre Taten zur Verantwortung ziehen wolle.
«Eine Juristin gefeiert wie ein Popstar», heisst es im «BR»–Porträt. Kamala Harris sei zum Symbol einer Sehnsucht geworden nach einem Amerika, das es vielleicht wieder geben könne: «Ein Land, das vereint ist im Glauben an die Demokratie und das bereit ist, sie zu verteidigen.»