Der deutsche Kinomarkt hat eine lange und nicht immer rühmliche Tradition, ausländischen Filmen einen betont witzigen oder betont martialischen Beinamen zu spendieren. Und so verwundert es aus heutiger Sicht nicht, dass am 7. August 1986 der Streifen «Top Gun» nebst Anhang «Sie fürchten weder Tod noch Teufel» auf die deutschen Leinwände kam.
Beim Nachfolger «Top Gun: Maverick», der am 26. Mai 2022 und nach unzähligen Verschiebungen endlich anläuft, besinnt man sich beim Titel derweil auf die zuletzt immer grösser geschriebene Originaltreue - und lässt unfreiwillig komische Beinamen weg. Hier einige spannende Fakten zur 80er-Perle mit Tom Cruise (59), die erklären, warum «Top Gun» bis heute diverse Kult- bis «Guilty Pleasure»-Listen anführt - und gar als Vorreiter für das Gay-Blockbuster-Kino angesehen wird.
Mit freundlicher Unterstützung
Kaum zu glauben, aber «Top Gun» verschlang lediglich ein Budget von rund 15 Millionen Dollar - und spielte über 350 Millionen Dollar ein. Dass dies möglich war, lag allerdings auch an der freundlichen Unterstützung der United States Navy. Das Verteidigungsministerium machte logistische und finanzielle Mittel locker, um seine Kampfpiloten ins rechte Leinwand-Licht zu rücken. Ähnlich, wie «Cast Away» gerne als zweistündiger FedEx-Werbespot bezeichnet wird, gibt es daher die Unkenrufe, dass «Top Gun» nichts anderes als ein Rekrutierungsspot in Hollywood-Format gewesen sei.
Der Pazifist Bryan Adams
Das sah offenbar auch Schmuserocker Bryan Adams (62) so. Der sollte eigentlich den ikonischen Titelsong «Danger Zone» einsingen und wurde auch gefragt, ob er sein Lied «Only the Strong Survive» zum Soundtrack beisteuern könnte. Doch Adams habe aus dem Grund abgelehnt, dass der Film seiner Ansicht nach den Krieg verherrliche und wollte daher nichts damit zu tun haben. Und so besang an seiner Stelle und in bester 80ies-Manier Kenny Loggins (74) die «Danger Zone».
Kameraderie trifft Homoerotik
«Weisst du, was eines der verdammt grossartigsten Drehbücher ist, das in der Geschichte von Hollywood je geschrieben wurde? ‹Top Gun›!» - so schwärmt Regisseur Quentin Tarantino (59) in seinem Gastauftritt im Streifen «Sleep With Me» von 1994. Es sei primär keine Geschichte über Kampfpiloten, sondern «über einen Mann, der mit seiner eigenen Homosexualität ringt». Dies werde ein ums andere Mal durch Mavericks Zwist mit Konkurrent Iceman (Val Kilmer, 62) und deren finale «Liebesbekundung» dargestellt: «Du kannst jederzeit mein Flügelmann sein» - «Blödsinn, du darfst meiner sein!»
Auch die berühmt berüchtigte Volleyball-Szene, in der die Kampfpiloten eingeölt und oberkörperfrei gegeneinander antreten, sorgte dafür, dass «Top Gun» gerne als Teil des Gay-Kinos zelebriert wird. Ein Umstand, der laut Produzent Jerry Bruckheimer (78) zwar nicht beabsichtigt war, der ihn aber durchaus stolz macht. Und wenn so ein Ritterschlag auch noch von Quentin Tarantino kommt, «ist es immer ein Kompliment», sagte Bruckheimer «Indie Wire».
Bodyhorror im Kampfjet?
Es hat nicht viel gefehlt, und «Top Gun» wäre unter Umständen noch einmal in eine ganz andere Richtung gegangen. Denn es war ursprünglich vorgesehen, dass der kanadische Regisseur David Cronenberg (79) den Film auf Leinwand bannt. Der gilt seit jeher als Ikone des Body-Horrors, im selben Jahr wie «Top Gun» kam etwa sein Oscar-prämierter Schocker «Die Fliege» heraus.
Warum er letztendlich ablehnte, hat er erst kürzlich wieder «Variety» erzählt: «‹Top Gun› dreht sich um amerikanisches Militär-Zeug. Es stimmt, dass ich Maschinen mag, ich mag Autos und ich mag Flugzeuge. Aber es war einfach nichts, woran ich Interesse hatte. Regiearbeit nimmt mindestens zwei Jahre deines Lebens in Anspruch. Wenn du es anschaust, braucht es zwei Stunden.» Stattdessen führte schliesslich Tony Scott (1944-2012) Regie.