1. Home
  2. News
  3. Königin Silvia ist eine «Vorreiterin für die nächste Generation»
«Silvia. Schwedens deutsche Königin»

Königin Silvia ist eine «Vorreiterin für die nächste Generation»

Königin Silvia von Schweden ist ein beeindruckendes Role Model für künftige Königinnen. Was Kate, Mary und Co. von ihr lernen können, erklärt Königshausexpertin Julia Melchior im Interview über die kluge Frau mit dem grossen Familiensinn.

Artikel teilen

Für den Film «Silvia. Schwedens deutsche Königin» gab die Königin persönlich ein Interview.
Für den Film «Silvia. Schwedens deutsche Königin» gab die Königin persönlich ein Interview. Tobias Corts / BROADVIEW TV / ZDF

Königin Silvia von Schweden (79) ist «nicht nur die Repräsentantin, die das Königreich schmückt und den König unterstützt», erklärt Dokumentarfilmerin und Königshausexpertin Julia Melchior im Interview mit spot on news, sie nutzte die Bühne auch, um Dinge zu bewegen. Darüber hinaus hat die gebürtige Heidelbergerin ihren «ausgeprägten Familiensinn mit in die Königsfamilie gebracht», als sie 1976 den schwedischen König Carl Gustaf (77) heiratete. Wie sich der zeigt, ist unter anderem in rührenden Archivaufnahmen im TV–Porträt «Silvia. Schwedens deutsche Königin» (in der ZDF–Mediathek) zu sehen. Die Königin erzählt in dem Film auch persönlich liebevolle Familienanekdoten. Alles in allem ist Silvia ein echtes Role Model für Frauen des Königs, sagt die Royal–Expertin über die Frau, die am morgigen Samstag (23. Dezember) ihren 80. Geburtstag feiert.

Mit Königin Silvia hat sich im schwedischen Königshaus viel verändert. So heisst es beispielsweise, sie habe einen neuen Kommunikationsstil eingebracht. Würden Sie das auch so sehen?

Julia Melchior: In gewisser Weise schon. Früher wurden Probleme im Königshaus, ob in Schweden oder anderswo, eher unter den Teppich gekehrt. Man sprach nicht darüber. Bloss keine Schwäche zeigen. Silvia ist die erste, die Probleme offen angegangen ist. Sie hat über die Dyslexie [Lese–Rechtschreibschwäche, Red.] ihrer Kinder Victoria [46] und Carl Philip [44] gesprochen, über die Magersucht ihrer Tochter Victoria, über die Demenz ihrer Mutter. Das macht die Familie zum einen menschlich, hat aber auch eine grosse Signalwirkung. Wenn die Königsfamilie sich einem Problem stellt, dann schaffen wir das auch. Dieser offene Umgang hat der Familie viele Sympathien eingebracht.

Prinzessin Kate (41), Prinzessin Mary von Dänemark (51) und andere meistern ihre Aufgaben als eingeheiratete Royals auch sehr gut. Wie einfach ist das, wenn man nicht in ein Königshaus hineingeboren wurde, sondern sich aktiv dafür entschieden hat?

Melchior: Diese bürgerlich geborenen Frauen haben ihre Entscheidung ja nach reiflicher Überlegung und sehr bewusst getroffen. Dadurch bringen sie auch eine grosse Bereitschaft mit, sich einzugliedern in die Institution, die an der Spitze des Staates steht. Das ist kein Celebrity–Leben für Egoshooter, sondern sie müssen sich dem System auch nützlich erweisen. Das ist gar nicht so einfach. Denn für die Frau des Königs oder des zukünftigen Königs gibt es keine Vorgaben. Sie müssen die Rolle selbst definieren.

Silvia ist da eine Vorreiterin für die nachfolgende Generation. Sie ist eine Bürgerliche mit Berufserfahrung, die in ein Königshaus eingeheiratet und aus dieser Rolle etwas gemacht hat. Sie ist nicht nur die Repräsentantin, die das Königreich schmückt und den König unterstützt, sondern nutzt die Bühne, um Dinge zu bewegen. Sie hat sich eine eigene Agenda gesetzt, die sie auch durchzieht. Ich sehe Königin Silvia als eine moderne, durchaus emanzipierte Frau ihrer Zeit in einer sehr traditionellen Rolle.

Wie erleben Sie Silvia und Carl Gustaf als Paar?

Melchior: Es ist ja bekannt, dass auch diese Ehe ihre Probleme hatte. Dennoch sehe ich ein gutes Paar. Der König und die Königin haben zusammen viel durchgemacht und viel geleistet. Die beiden haben auch Spass miteinander. Ich habe schon oft gehört, dass der König sehr lustig ist. Und nun habe ich selbst erfahren, wie lustig die Königin sein kann. Ich denke, der König erkennt auch an, was seine Frau aus ihrer Rolle gemacht hat. Und was sie für sein Amt bedeutet. Das ist eine Partnerleistung. Dabei hat Silvia ihm noch nie die Show gestohlen. Die beiden konkurrieren nicht miteinander, obwohl alle Augen immer auf die Königin gerichtet sind, ist dennoch klar: Der König ist der Staatschef, er ist die Hauptperson.

Inwiefern hat Silvia ihre Schwiegertochter Sofia (39) dabei unterstützt, in die Königsfamilie hineinzuwachsen?

Melchior: Sie war eine Schlüsselfigur bei der Integration von Sofia, aber auch von Prinz Daniel [50]. Sofia war bei der Königsfamilie zuhause schnell willkommen. Sofia erzählte einmal, dass die Königin sie spontan eingeladen hatte, bei ihnen zu übernachten, und sie dann mit einem Übernachtungs–Set ausgestattet habe. Die Königin rechnet Sofia sicherlich hoch an, dass sie eben diese Bereitschaft mitbringt, sich in die Familie und die Institution einzugliedern. Niemand muss sich dabei selbst aufgeben, aber wer einheiratet, dem muss klar sein, dass man dem System dient. Sofia hat auch schon Einsatz gezeigt, bevor Prinz Carl Philip in ihr Leben trat. Sie hatte ein Projekt für die Förderung und den Schutz von Kindern in Südafrika ins Leben gerufen. Die Königin hat einmal gesagt, dass sie grosse Achtung davor hat.

In Ihrem Film zeigen Sie Silvia auch als Grossmutter. Wie ist sie als Oma?

Melchior: Wenn sie über ihre Enkelkinder spricht, sieht man gar nicht mehr die Königin vor sich sitzen, sondern eine stolze Grossmutter, die mit Freude und Wärme von ihren Enkeln erzählt. Sie sagte mir, dass sie auch gerne die Aufgaben einer Grossmutter wahrnimmt, wenn sie Zeit dazu hat. Dann holt sie die Kinder von der Schule ab oder besucht sie zuhause. Von Königin Silvia stammt das Zitat: «Die Enkelkinder sind das Dessert im Leben, das man einfach nur geniessen kann.»

Und wie ist das Verhältnis zu ihren eigenen Kindern?

Melchior: Das scheint sehr eng zu sein. Die Königin sagte mir, dass sie viel Spass in der Familie haben und auch über alles reden können. Sie hatte ja selbst auch ein enges Verhältnis zu ihren Eltern und ihren drei älteren Brüdern. Und diesen ausgeprägten Familiensinn hat sie dann auch mit in die schwedische Königsfamilie gebracht. Denn wir wissen ja von König Carl Gustaf, dass er seinen Vater sehr früh verloren hat und ein sehr förmliches Verhältnis zu seiner Mutter hatte. Da war die Nanny den Kindern näher als die Mutter. Er hat nicht diese Nestwärme erfahren wie Silvia. Der König hat durch Silvia quasi Familie erst richtig gelernt.

Königin Silvia feiert am 23. Dezember ihren 80. Geburtstag. Was ist da geplant?

Melchior: Es gibt eine Reihe von Veranstaltungen und Empfängen im Vorfeld, um die Königin zu ehren. Kürzlich hat Königin Silvia die Mitglieder ihrer Stiftungen aus aller Welt zu einem Festkonzert eingeladen, das eine Musikakademie anlässlich ihres Geburtstags ausgerichtet hat. Was am Geburtstag selbst geplant ist, ist nicht bekannt. Es wird aber ganz bestimmt kein bombastisches Fest und keinen Galaabend geben wie zum runden Geburtstag des Königs. Die grossen Feierlichkeiten in diesem Jahr galten seinem 50. Thronjubiläum und auch das zeigt wieder, wie sie ihre Rolle interpretiert: Der König ist die Hauptfigur.

Wie hat Sie es bisher gehalten mit ihrem Geburtstag am Tag vor Weihnachten?

Melchior: Ich weiss nur, dass sie vor dreissig Jahren mit einem grossen Fest und vielen anderen gekrönten Häuptern in ihren 50. Geburtstag hineingefeiert hat. Aber sonst wird der Geburtstag der Königin am Tag vor Weihnachten immer privat gehalten. Der Termin ist natürlich auch ein bisschen undankbar, um gross zu feiern.

Wie feiert die schwedische Königsfamilie Weihnachten?

Melchior: Normalerweise kommt die ganze Familie, mit Kindern und Enkeln, am 24. Dezember auf Schloss Drottningholm, dem Wohnsitz des Königspaars, zusammen. Da wird gefeiert mit einem kleinen Gottesdienst und einer grossen Bescherung.

Von SpotOn am 22. Dezember 2023 - 17:48 Uhr