Nach dem 50. Thronjubiläum von König Carl XVI. Gustaf (77) und dem 50. Geburtstag von Prinz Daniel steht einen Tag vor Weihnachten noch ein runder Ehrentag in der schwedischen Königsfamilie an: Königin Silvia wird am heutigen 23. Dezember stolze 80 Jahre alt. Sie schaffte es, als bürgerliche Ausländerin zur allseits geschätzten Königin zu werden und eine starke Rolle innerhalb der Monarchie einzunehmen. Ihr Erfolgsrezept: Sie brachte Familiensinn und Organisationstalent mit und fand ihre Erfüllung unter anderem im Einsatz für schwierige soziale Themen.
Diese frühen Erlebnisse prägten sie
Dass sie einmal die schwedische Königin werden würde, war bei ihrer Geburt am 23. Dezember 1943 alles andere als abzusehen. Silvia Renate Sommerlath kam als viertes Kind des Kaufmanns Walther Sommerlath (1901–1990) und seiner brasilianischen Ehefrau Alice Soares de Toledo (1906–1997) in Heidelberg zur Welt. Aber bereits in ihrer Kindheit machte sie Erfahrungen, die ihr später als Königin zugutekamen. Sie hatte drei ältere Brüder und musste deshalb früh lernen, sich durchzusetzen: «Weil ich die Jüngste war, musste ich immer kämpfen, um Aufmerksamkeit zu bekommen, um die Leute dazu zu bringen, mich auch zu sehen und zu hören», schilderte die Königin einmal der schwedischen Zeitung «Aftonbladet».
Weiter wurde sie durch ihre Kindheit in Brasilien geprägt. Denn als sie vier Jahre alt war, zog die Familie von Heidelberg nach São Paulo. Silvia wuchs dort zehn Jahre lang auf. Sie selbst hatte zwar eine glückliche Kindheit, erlebte jedoch viel Elend in der Stadt. Diese Eindrücke von armen, bettelnden Menschen waren eine erste Motivation, sich später für wohltätige Zwecke einzusetzen.
Als Silvia 14 Jahre alt war, ging es zurück nach Deutschland. Ihr Abitur absolvierte sie am Luisen–Gymnasium in Düsseldorf, anschliessend machte sie eine Ausbildung zur Dolmetscherin in München. Sie ist ein Sprachentalent, spricht sechs Sprachen fliessend und beherrscht zudem die schwedische Gebärdensprache. Nach der Ausbildung arbeitete sie zunächst im argentinischen Konsulat in München. Bei den Olympischen Spielen in München 1972 war sie als Chef–Hostess im Einsatz – und lernte dabei einen ganz besonderen Mann kennen.
Dieses Treffen veränderte ihr Leben
Denn unter den Menschen, die sie betreute, war auch der damalige schwedische Kronprinz. Eine Begegnung, die ihr Leben von Grund auf verändern sollte. Das ungleiche Paar verliebte sich – entgegen aller damaligen Konventionen. Sie war drei Jahre älter, eine Bürgerliche und keine Schwedin, also eigentlich nicht die perfekte Kandidatin. Deshalb hielten die beiden ihre Beziehung auch erstmal geheim. Denn erst, nachdem Carl Gustaf 1973 zum König geworden war, durfte er eine nicht–adelige Frau heiraten.
Durch die Hochzeit am 19. Juni 1976 in der Stockholmer Storkyrka wurde Silvia Sommerlath zur schwedischen Königin und übernahm damit eine Rolle in der Öffentlichkeit. Seit 2011 ist sie übrigens die am längsten amtierende Königin Schwedens. Und Silvia verstand es, ihre Rolle auszufüllen und die Herzen des schwedischen Volkes zu gewinnen. Mit ihrer sympathischen, charmanten Art, aber auch mit ihrem Engagement für Familie und Wohltätigkeit.
Ihre Rolle als Königin
Die ersten Ehejahre fokussierte Silvia sich auf ihre wachsende Familie: 1977 kam Kronprinzessin Victoria (46) zur Welt, 1979 folgte Prinz Carl Philip (44), 1982 Prinzessin Madeleine (41). Die Royals wurden zur Vorzeigefamilie des Landes, präsentierten sich regelmässig etwa zu Weihnachten beim gemeinsamen Backen oder im Schnee.
Silvia war wichtig, dass ihre Kinder trotz der royalen Sonderstellung so normal wie möglich aufwachsen, weshalb sie mit so mancher Tradition am Hofe brach. So besuchten die Königskinder etwa öffentliche Schulen. Auch aus Problemen machte sie nie einen Hehl – sie ging zum Beispiel offen mit der Lese–Rechtschreibschwäche von Victoria und Carl Philip um und sprach auch über die Magersucht ihrer ältesten Tochter.
Ihre Entscheidung, die junge Kronprinzessin damals aus dem Fokus und dem Druck der Öffentlichkeit zu nehmen und sie erstmal nach Amerika zu schicken, hat womöglich sogar die Zukunft der Monarchie gerettet: Victoria kehrte gesund und glücklich zurück und hat nun die besten Voraussetzungen, um das anspruchsvolle Amt ihres Vaters irgendwann einmal zu übernehmen.
Als Familienmensch erfreut sich Silvia inzwischen vor allem an ihren acht Enkeln. «Die Enkelkinder sind das Dessert im Leben, das man einfach nur geniessen kann», sagte sie und versucht, soviel Zeit wie möglich mit ihnen zu verbringen. Gerne holt sie die Kleinen zum Beispiel von der Schule ab. Und nur wenige Tage vor ihrem Geburtstag zeigte sich die Königin mit ihren Enkeln beim Baumschmücken.
Silvia interpretierte ihre Rolle als Frau des Königs, indem sie ihrem Mann den Rücken stärkte. Bei Auftritten lagen die Augen der Öffentlichkeit zwar meistens auf ihr, dennoch stahl sie dem König nie die Show. Auch während des Skandals um Carl Gustaf nach der Veröffentlichung des Buches «Der widerwillige Monarch» (2010) behielt sie offiziell die Fassung und verhinderte damit wohl, dass das Königshaus ernsthaft in Gefahr geriet. «Ich bereue es nicht, ihn geheiratet zu haben – den Menschen geheiratet zu haben, den ich liebe», betonte sie und schwieg würdevoll zu seiner angeblichen wilden Vergangenheit.
Im Einsatz für Kinder
Sie schaffte es aber auch, ein eigenes Profil zu entwickeln und sich für Projekte einzusetzen, die ihr wichtig sind. Silvia rückte dabei Themen in den Vordergrund, die bis dahin wenig Aufmerksamkeit unter Royals erfahren hatten. So gründete sie 1999 die «World Childhood Foundation», die sich vor allem für den Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch einsetzt. 2019 eröffnete sie das «Childhood–Haus» in ihrer Heimatstadt Heidelberg, in dem missbrauchte Kinder betreut werden.
Auch dem Thema Demenz widmet sie sich: Nachdem ihre Mutter daran erkrankt war, gründete sie 1996 die Stiftung «Silviahemmet» (Dt. «Silvias Haus»). Sie wird bei diesen Themen international als Expertin geschätzt und gerne gehört. Darüber hinaus ist sie Schirmherrin von mehr als 60 Organisationen und wurde für ihr Engagement bereits mehrfach ausgezeichnet.
Als eine der jüngsten Ehrungen erhielt sie im Mai 2023 die Ehrenbürgerwürde in ihrer Heimatstadt. Der Heidelberger Oberbürgermeister Eckart Würzner lobte sie als «grossartige Botschafterin der Stadt und der Region». Im Juni bekam Silvia in Schottland zudem die Ehrendoktorwürde der Stirling–Universität für ihren jahrzehntelangen Einsatz für Demenzkranke.
Eine grosse Party ist zu ihrem runden Geburtstag übrigens nicht geplant. Die Königin wird ihren Ehrentag wohl wie in der Vergangenheit im privaten Kreis ihrer Familie geniessen. Und vermutlich freut sie sich auf das nächste Jahr, wenn Madeleine und ihre Familie endlich wieder von Florida nach Schweden ziehen werden. Dann sind alle ihre Lieben wieder vereint.
Die Königin im TV
Der SWR zeigt anlässlich des Ehrentags die Doku «Silvia – zur Königin geboren» von Leontine von Schmettow (am 25. Dezember, 20:15 Uhr). In der ZDF–Mediathek ist zudem die Doku «Silvia. Schwedens deutsche Königin» von Julia Melchior zu sehen.