Female Empowerment ist bei Leslie Clio (35) Programm. Ihr neues Album «Brave New Woman» hat sie ausschliesslich mit einem Team aus Frauen auf die Beine gestellt - und veröffentlicht den Longplayer am 4. Februar auf ihrem eigenen neu gründeten Musiklabel. Nebenbei handeln die Songs noch von Selbstbestimmung und Aufbruch - eben von einer «mutigen neuen Frau». Leslie Clio kritisiert im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news, dass es immer noch eine «strukturelle Benachteiligung» von Frauen in der Musikbranche gibt. «Es ärgert mich, dass Frauen in unserem Business immer noch so unterrepräsentiert sind», sagt die 35-Jährige. Ausserdem verrät die Sängerin, warum ihr Veganismus so wichtig ist und wie man mit der Ernährungsform simpel starten kann.
Ihr neues Album trägt den Titel «Brave New Woman». Wie sind Sie zu dieser «mutigen neuen Frau» geworden?
Leslie Clio: Tatsächlich über Lebenserfahrungen. Ich fühle mich wie eine Zwiebel: Je mehr ich mich von Dingen löse, desto näher komme ich an meinen Kern. Ich glaube, jede Erfahrung ist eine Chance, etwas zu lernen, auch wenn es manchmal weh tut. Ich entscheide, was ich daraus mache und wie ich über eine Situation denke. Es geht um Perspektive und Selbstwert. Auf sich selbst zu setzen und seine Frau zu stehen.
Was würden Sie Ihrem jüngeren Ich raten, das noch nicht so selbstbestimmt war wie Sie es jetzt sind?
Clio: Ich war eigentlich immer schon selbstbestimmt, stand schon sehr früh auch finanziell auf eigenen Beinen. Was mir aber gefehlt hat, war Selbstvertrauen. Ich würde ihr sagen, du kannst das und trau dich, deinen Impulsen zu folgen. Und verschwende nicht so viel Energie an Typen, sondern konzentrier dich auf dich selbst!
Ihre Songtexte sind sehr ehrlich und direkt. Sagen Sie auch in Ihrem Privatleben den Menschen immer Ihre Meinung?
Clio: Ja, ich glaube schon, zumindest ist es meine Intention.
Der Song «Girl With A Gun» bedeutet Ihnen «am meisten», wie Sie sagen. Wodurch wurde der Song inspiriert?
Clio: «Girl With A Gun» beinhaltet für mich alles, was ich in den letzten Jahren gelernt habe und was auch am Ende der Grund ist, warum ich mein eigenes Label gegründet habe und mein Album «Brave New Woman» genannt habe. Es geht darum, auf sich selbst zu setzen und sich selbst zu vertrauen («stick to your guns»). Immer den Mut zu haben, sich von allem zu lösen, was einem nicht guttut. Seinen Weg zu gehen, auch Fehler zu machen, aber sich von nichts aufhalten zu lassen. Mach dein Ding und bleib dir treu! «No one's gonna tell you how to move on - except the girl with a gun».
Ihnen ist ein Befreiungsschlag gelungen, Sie haben Ihre eigene Plattenfirma gegründet und ein neues Team um sich versammelt. Warum war Ihnen das wichtig?
Clio: Kreativität als solches ist mein Mittelpunkt. Meine Intention ist es, mit meiner Musik Menschen einen Soundtrack zu ihren Gefühlen, Situationen und Stimmungen zu bieten. Darin unabhängig zu sein, bringt kreative Freiheit und ist für mich ein grosses Glück.
Ein Statement Ihres neuen Albums ist unter anderem auch, dass Ihr Team nur aus Frauen besteht. Inwiefern sind Frauen in der Musikbranche benachteiligt?
Clio: Es besteht einfach immer noch eine strukturelle Benachteiligung, die man jeder Statistik ablesen kann. Es geht um fehlende Sichtbarkeit und fehlende Plattformen. Es ärgert mich, dass Frauen in unserem Business immer noch so unterrepräsentiert sind. Der einzige Weg aus dieser patriarchalischen Sackgasse besteht darin, Frauen einzustellen, so einfach ist das. Ich bin megastolz, dass in meinem Team so ein Haufen toller Frauen zusammengekommen ist und ich das möglich machen konnte.
Haben Sie schon einmal Nachteile erlebt, weil Sie eine Frau sind? Wie sind Sie damit umgegangen?
Clio: Ständig, aber ich beschäftige mich nicht mehr damit, wer mich mag oder wer mir was nicht gönnt. Eine «Brave New Woman» zu sein, heisst für mich, nach innen zu schauen und sich auf sich zu konzentrieren. Das Beste aus allem zu machen, was das Leben einem bietet.
Wie hat sich die Rolle der Frau in der Musikbranche über die Jahre verändert?
Clio: Das Thema ist viel sichtbarer geworden, das ist gut und ein Anfang. Aber ich bin der Meinung, dass sich noch einfach viel zu wenig verändert hat.
Was muss noch getan werden, damit Frauen gleichgestellt sind?
Clio: Ich wünsche mir eine Musiklandschaft, in der jede Frau sein darf, wer sie ist. In der man es nicht nur als Typ Helene Fischer schafft, sondern man auch als Frau und Künstlerin Kante zeigen darf, ohne dass es unfaire Konsequenzen hat. Ich träume von einer Industrie, die jede Art von Künstlerin repräsentiert, und von Facettenreichtum. Ich glaube, dafür braucht es auch endlich Frauen in den Chefetagen.
Sie leben seit vielen Jahren vegan. Warum ist Ihnen das so wichtig?
Clio: Ich nenne mich ¾-Veganer: Je undogmatischer man ist, desto leichter fällt es mir. Deshalb sind es nun schon fast zehn Jahre. Mir geht es dabei ausschliesslich um die Tiere. Ich verstehe einfach nicht, wie es noch Massentierhaltung gibt, wo wir doch alle ganz genau wissen, was für Konsequenzen Fleischkonsum für den Planeten bedeutet. Ich finde, es liegt in der Verantwortung eines jeden Einzelnen, sich zu informieren, wo sein Essen herkommt und was der wahre Preis für den Konsum von tierischen Produkten ist.
Welchen ersten Schritt empfehlen Sie Menschen, die ebenfalls vegan leben wollen, sich aber bisher nicht aufraffen konnten?
Clio: Einfach irgendwo anfangen. Kuhmilch durch Pflanzenmilch zu ersetzen, ist wohl der einfachste Schritt. Beim Kochen Kuhsahne durch Pflanzensahne ersetzen. Sich beim Kochen mit Fleischersatzprodukten ausprobieren. Allein gesundheitlich hat vegane Ernährung nur Vorteile. Ich empfehle, sich mit der tollen Aufklärungsarbeit von zum Beispiel Niko Rittenau oder «Vegan ist Ungesund» zu beschäftigen, für die Hartgesottenen geht auch das PETA-Profil.
2018 haben Sie an «Sing meinen Song» teilgenommen. Welche TV-Show würde Sie noch reizen?
Clio: Ich wünschte, es gäbe wieder so Musikquiz-Sendungen wie früher, zum Beispiel «Hast Du Töne?», da könnte ich den Musik-Nerd raushängen lassen.
Mit ihrem neuen Album geht Leslie Clio auch auf Tour: Leipzig (30.3.), Stuttgart (31.3), München (1.4.), Berlin (3.4.), Hamburg (4.4.), Köln (5.4.) und Mainz (6.4.).