Putten sucht man hier vergeblich, auch von vergoldeten Ornamenten und hölzernen Ikonen fehlt fast jede Spur: In der Kaplica Czaszek starren gebleichte Totenschädel Besucher aus ihren leeren Augenhöhlen an, Knochen «zieren» die Wände des Gotteshauses im Kurort Kudowa. Warum die «Kapelle der Totenschädel» so aussieht, wie sie aussieht? Es war das Werk eines Pfarrers.
Die Kriege lieferten das Material
Das barocke Gotteshaus stammt laut Homepage des Kurortes aus dem Jahr 1776. Zuständig für die Pfarrei war damals demnach Wacław Tomaszek. Auf Geheiss des Geistlichen wurden die Gebeine der im Dreissigjährigen Krieg (1618-1648) und Siebenjährigen Krieg (1756-1763) Gefallenen aus der Gegend ausgegraben, die Wände und die Decke mit 3.000 Schädeln und Knochen ausgekleidet. So finden sich noch heute die sterblichen Überreste der Gefallenen und Erkrankten von Kudowa, Duszniki und Polanica Zdrój in St. Bartholomäus.
Wie Bildern zu entnehmen ist, hat man die Gebeine nicht willkürlich in der Kirche aufgetürmt. Sie wurden sorgfältig gereinigt und zu kunstvollen Ornamenten arrangiert. Im vorderen Teil steht ein Altar, auf dem auch der Schädel des 1804 verstorbenen Pfarrers aufgebahrt ist. Wirklich gruselig wird es aber erst im Kellergewölbe beziehungsweise in der Krypta. Dort stapeln sich die sterblichen Überreste von weiteren 21.000 Personen.
Die dunkle Seite von Paris
Entfernt erinnert die Kapelle an die Katakomben von Paris. Dort schlummert im Verborgenen ein schauriger Rest der Vergangenheit. «Halt! Hier beginnt das Reich der Toten!», ist am Eingang der Katakomben zu lesen. Circa 20 Meter unter der Stadt der Liebe liegen die sterblichen Überreste von etwa sechs Millionen Menschen. Einst ein Steinbruch, wurde das Areal ab dem 18. Jahrhundert zum riesigen Friedhof. Auf den anderen Begräbnisstätten der Stadt war schlicht und einfach der Platz knapp geworden.
So geschehen auch in der Kaplica Czaszek. Über mehrere Jahrzehnte «sammelte» Wacław Tomaszek die Knochen der Toten und liess sie in der polnischen Kapelle anbringen, was «übrigblieb», wanderte in die Krypta. Heute ist das religiöse Gruselkabinett ein wahrer Besuchermagnet.