Für Neulinge kann die Welt des Weins erstmal überwältigend sein. Die immer grösser werdende Vielfalt an Weinen, Regionen, Rebsorten und Produzenten macht es nicht einfacher, einen Überblick zu behalten und die richtigen Entscheidungen zu treffen. Wie entwickelt man den eigenen Geschmack? Welche Fehler gilt es zu vermeiden? Und was sind die Top–Weine für das kommende Jahr?
Margaret Rand, Wein–Connaisseurin und Herausgeberin des Weinführers «Der kleine Johnson 2025» (ab 7. September bei ZS, 22,99 Euro), erklärt im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news, worauf es beim Weinkauf ankommt, wie man Wein richtig lagert, und wie man den eigenen Geschmack richtig entwickelt.
Worauf sollten Weinneulinge auf dem Weinetikett achten?
Margaret Rand: Der wichtigste Schlüssel zur Qualität ist in der Regel der Name des Produzenten, das ist das A und O. Das ist viel wichtiger als die Bezeichnung oder sogar das Jahr. Es stimmt, dass es Tausende von Winzern auf der Welt gibt, und es ist unmöglich, sich zu merken, wer in welcher Region gut ist. Deshalb gibt es den «Kleinen Johnson». Denn genau das tun wir in unserem Weinführer: Wir zeigen die besten Produzenten in jeder Region.
Was sind die häufigsten Fehler, die Anfänger beim Weinkauf machen?
Rand: Sie gehen zu sehr auf Nummer sicher. Sie entscheiden sich für eine Region, von der sie schon gehört haben – in der Regel Bordeaux oder Burgund – und suchen nach einer Flasche in ihrer Preisklasse, die vielleicht von einem weniger guten Erzeuger oder aus einem weniger guten Jahrgang stammt und nicht so besonders ist. Und in der Regel haben Anfänger Angst, Fragen zu stellen. Ich empfehle, mutig in eine gute Weinhandlung zu gehen und hallo zu sagen. Menschen, die mit Wein zu tun haben, lieben es, darüber zu sprechen. Lassen Sie sich von ihnen führen. Und wenn Ihnen nicht gefällt, was sie empfehlen, gehen Sie beim nächsten Mal in ein anderes Geschäft.
Bei der grossen Auswahl kann es ganz schön schwierig sein, herauszufinden, was man mag. Gibt es irgendwelche Strategien, die Sie empfehlen können, um den eigenen Geschmack zu entwickeln?
Rand: Experimentieren Sie. Finden Sie einen Weinhändler, der Ihnen gefällt, und kaufen Sie eine gemischte Kiste. Kaufen Sie einen griechischen Weisswein, einen sizilianischen Rotwein, einen Schaumwein aus England, einen australischen Grenache – probieren Sie von allem etwas. Lesen Sie, was der Händler über die Weine und die Winzer sagt. Probieren Sie ihn zu diesem und jenem Essen. Und achten Sie dann auch darauf, wenn Sie den Wein trinken. Versuchen Sie, den Geschmack selbst zu beschreiben. Lesen Sie, was Weinkritiker schreiben, und versuchen Sie zu lernen, wie sie Wein verstehen.
Muss guter Wein immer teuer sein und wie kann es gelingen, hochwertige Weine zu einem erschwinglichen Preis zu finden?
Rand: Spitzenweine sind teurer als je zuvor, und es sieht nicht so aus, als würde sich das in nächster Zeit ändern. Aber die Spitzenerzeuger haben immer auch Einstiegsweine, die einfachere Versionen ihrer Spitzenweine sind. Manchmal sind sogar die Einstiegsweine ziemlich teuer, aber nicht immer. Modische Regionen und modische Erzeuger sind teurer als weniger modische, deshalb rate ich: Seien Sie kein Modeopfer.
Gibt es bestimmte Weinregionen oder Rebsorten, die durchweg gute Qualitätsweine zu einem vernünftigen Preis bieten?
Rand: Es wird immer schwieriger, aber gleichzeitig ist die Qualität überall besser als je zuvor. Sherry ist immer noch ein fantastisches Schnäppchen und bietet eine erstaunliche Qualität für den Preis. Südafrika ist ein grossartiges Pflaster, und auch Teile Italiens und Spaniens. In Österreich ist die Rebsorte Grüner Veltliner in jedem Preissegment köstlich und ergibt alles, von jungen Alltagsweinen bis hin zu komplexen Weinen, die lange gelagert werden können. Und natürlich sind Chardonnay und Cabernet Sauvignon in fast jedem Land eine gute Wahl.
Wie schneiden biologische und biodynamische Weine im Vergleich zu konventionellen Weinen ab, und lohnt es sich, sie zu probieren?
Rand: Ich habe noch nie einen geschmacklichen Unterschied zwischen Bioweinen und konventionellen Weinen festgestellt, aber bei biodynamischen Weinen kann es durchaus einen Unterschied geben – lebendiger, auf eine Art, die schwer zu definieren ist. Aber der konventionelle Weinbau wird immer mehr von biologischen und biodynamischen Methoden beeinflusst, und nicht alle Winzer, die diese Methoden praktizieren, wollen sich mit dem Papierkram und der Bürokratie beschäftigen, die mit einer Zertifizierung verbunden sind. Viele Winzer bezeichnen sich selbst als «nachhaltig», was undefiniert ist, aber so verstanden werden könnte, dass sie so wenig Chemikalien wie möglich einsetzen.
Was raten Sie zur Lagerung und zum Servieren von Wein, um das beste Trinkerlebnis zu gewährleisten?
Rand: Bewahren Sie den Wein dunkel und kühl auf, und servieren Sie ihn lieber etwas zu kühl als zu warm. Und investieren Sie in gute Gläser. Es ist deprimierend, wenn guter Wein in Gläsern serviert wird, die ihm nicht schmeicheln, weil sie zu klein sind oder die falsche Form haben. Sie sollten ein ziemlich grosses Glas verwenden, das dem Wein etwas Spielraum lässt. Und ein gutes Glas ist tulpenförmig, oft ziemlich breit in der Schale. Jede Form, die nach oben hin breiter wird, ist falsch, falsch, falsch. Der Wein kommt dann nicht optimal zur Geltung.
Gibt es aktuelle Trends in der Weinwelt, die sie weiterempfehlen würden?
Rand: Roséweine sind derzeit sehr in Mode, also experimentieren Sie mit Roséweinen aus verschiedenen Ländern und Regionen. Und probieren Sie orange Weine, die aus weissen Trauben hergestellt werden, die mit der Schale vergoren werden und dadurch eine bernsteinfarbene Tönung und einen Hauch von Tannin erhalten. Orangewein passt zu einer Vielzahl von Speisen, ich würde ihn zu Schweinefleisch oder Huhn trinken. Er kann unglaublich vielseitig sein. Der angesagteste Rotwein ist eindeutig der Pinot Noir – viele Rotweine versuchen jetzt, wie Pinot Noir zu schmecken. Dieser leichte, aromatische, seidige Stil ist einen Versuch wert.