Max Giesinger (33) meldet sich mit neuer Musik zurück. An diesem Freitag (20. Mai) erscheint mit «Vier Einhalb» eine Deluxe-Version seines letzten Albums «Vier» (2021). Sieben neue und sehr persönliche Songs haben darauf Platz gefunden - das hat auch einen Grund. Während der Corona-Pandemie sei er «persönlich wichtige Themen angegangen» und habe über «viele Fragen nachgedacht, die ich mir selbst immer wieder stelle», erklärt der Star aus Baden-Württemberg im Gespräch mit der Nachrichtenagentur spot on news.
Giesinger, der 2012 in der ersten Staffel von «The Voice of Germany» den vierten Platz belegt hat, spricht zudem über seine Familienplanung, psychische Krankheiten und sein persönliches Engagement für den Umweltweltschutz. Er verrät auch, ob er wieder bei «The Voice Kids» auf dem Drehstuhl als Coach Platz nehmen will.
«Vier Einhalb» ist eine Deluxe-Version Ihres letzten Albums «Vier» - sieben neue Songs sind darauf zu hören. Wie kam es dazu? Warum eine Fortsetzung und keine neue Platte?
Max Giesinger: «Vier» hat sich wie ein kleiner Neuanfang angefühlt. Ich habe die Platte in einer Zeit geschrieben, in der ich mich offener und intensiver mit diversen Themen auseinandergesetzt habe als jemals zuvor. Und das Musikmachen war ein wichtiger Teil davon. Letztes Jahr bin ich mit zwei Freunden in die Eifel gefahren und wir haben uns in eine abgeschiedene Hütte zurückgezogen, um Musik zu machen. Und es war krass, wie all die Themen, über die ich mir Gedanken gemacht habe, plötzlich rauskamen und zu Songs wurden. Bei den sieben neuen Songs, die auf «Vier Einhalb» zu finden sind, war das ganz ähnlich. Für mich gehören sie zum selben Prozess, deswegen hat es für mich Sinn ergeben, alle auf einer Deluxe-Platte zu versammeln.
In Ihren Songs behandeln Sie private Dinge. Fällt es Ihnen schwer, sich zu öffnen?
Giesinger: Nein, ich würde sagen, dass ich das ganz gut kann. Alle haben Dinge, mit denen sie sich auseinandersetzen müssen. Da finde ich es eigentlich ganz normal, dass man darüber spricht und sich austauscht.
«Ich frag mich manchmal, was mit mir nicht stimmt», heisst es in einem Song. Inwiefern hadern Sie manchmal mit sich selbst oder Ihrem Leben?
Giesinger: Ich glaube, ich neige grundsätzlich zum Grübeln. In der Pandemie, wo alles runtergefahren wurde und alle gezwungen waren, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, wurde das natürlich erstmal nicht weniger. Aber es hat mir auch geholfen. Es war eine Zeit, in der ich für mich persönlich wichtige Themen angegangen bin und über viele Fragen nachgedacht habe, die ich mir selbst immer wieder stelle. Zum Beispiel, warum es mir schwerfällt, mich auf eine Beziehung einzulassen und warum ich mich oft rastlos fühle.
Hegen Sie den Wunsch einer eigenen Familie?
Giesinger: Grundsätzlich kann ich mir sehr gut vorstellen, irgendwann eine Familie zu haben. Vielleicht mit einem kleinen Häuschen mitten in der Natur. Ich geb' mir aber noch ein paar Jährchen.
In Ihren neuen Songs probieren Sie neue Sounds aus, manche Titel sind elektronisch angehaucht. Inwiefern muss ein Musiker/Musikerin in Ihren Augen wandelbar bleiben?
Giesinger: Ich glaube, dass man sich generell als Mensch in einem konstanten Prozess befindet. Die Welt dreht sich weiter, ob man das nun will oder nicht. Und so, wie man sich auch als Mensch entwickelt, macht man definitiv auch einen musikalischen Prozess durch. Mit acht Jahren steht man auf andere Musik als mit 45 Jahren. Ich bin einfach musikinteressiert und wenn mich etwas an einer bestimmten musikalischen Richtung interessiert, dann wirkt sich das natürlich auch auf meine Songs aus.
Der Song «Pulverfass» handelt von Ihrem älteren Ich, das sich den Vorwürfen seines Kindes stellt, weil wir die Welt zugrunde gerichtet haben. Inwiefern beschäftigen Sie sich mit dem Thema Umweltschutz?
Giesinger: Dass wir auf eine ziemliche Katastrophe zusteuern, wenn wir nicht sehr bald etwas grundsätzlich ändern, hat mittlerweile hoffentlich auch der Letzte mitbekommen. Ich persönlich versuche an den Dingen etwas zu verändern, die ich als Individuum beeinflussen kann: Ich habe meinen Fleischkonsum stark runtergefahren, versuche mir unnötige Inlandsflüge zu sparen und mit der Bahn zu fahren. Immer geht das bei meinem Job natürlich nicht - aber wenn jeder einen Teil dazu beiträgt, ist schon viel geschafft.
Was tun Sie konkret im Alltag, um die Welt etwas besser zu machen?
Giesinger: Die absolute Basis ist es ja, jedem Menschen freundlich und mit Respekt zu begegnen. Wenn das alle machen, ist die Welt schon mal ein bisschen besser. Ausserdem unterstütze ich diverse Charity-Projekte und versuche die Aufmerksamkeit, die ich als Musiker bekomme, auf solche Projekte zu lenken. Und eigentlich gehört auch das Musikmachen dazu. Wenn ich auf der Bühne stehe und sehe, dass die Leute eine gute Zeit haben, und man danach mitbekommt, dass alle zusammen gerade zwei sehr glückliche Stunden erlebt und alles um sie herum vergessen haben - das ist meiner Meinung nach auch etwas wert.
Sie haben vor Kurzem in einem Interview offen darüber gesprochen, sich einmal in Therapie begeben zu haben. Warum fällt es heute noch vielen Menschen schwer, über psychische Krankheiten zu sprechen?
Giesinger: Ich glaube, vielen Menschen fehlt noch das Bewusstsein dafür, dass man mentale Probleme ernst nehmen sollte. Man muss sich nicht erst dann Hilfe holen, wenn man schon komplett ausgebrannt ist. Wenn du merkst, dass etwas nicht stimmt - geh' der Sache auf den Grund und zögere nicht, dir Hilfe zu holen. Das wird häufig mit einer Form von Schwäche verbunden, obwohl es doch Stärke beweist, sich mit seinen Problemen auseinanderzusetzen und sie nicht wegzuschieben.
Warum ist es Ihnen so wichtig, mit diesem vermeintlichen Tabuthema aufzuräumen?
Giesinger: Indem wir das Thema enttabuisieren und Menschen anfangen, bei sich selbst aufzuräumen - ich würde sagen, dass ich fast niemanden kenne, dem ein paar Sessions nicht guttun würden - machen wir die Welt zu einer besseren. Die grössten Arschlöcher auf diesem Planeten benutzen ihre schrecklichen Waffen nur, um ihr angeschlagenes Ego aufzublähen oder irgendeinen Mangel an Selbstliebe zu kompensieren. Indem wir uns mit uns selbst auseinandersetzen, werden wir bewusster und emphatischer für alle anderen Menschen. Die Auswirkung davon ist nicht zu unterschätzen.
Was macht Sie momentan glücklich?
Giesinger: In den letzten Wochen haben wir die ersten Konzerte dieses Jahres gespielt, ohne Beschränkungen und zehn Meter Abstand zwischen Bühne und Publikum. Da habe ich wieder gemerkt, wie sehr ich das in den letzten Jahren vermisst habe. Und wie unfassbar viel Spass es macht, mit meiner Band und dem Publikum einen geilen Abend zu haben. Solche Momente machen mich sehr glücklich. Aber es können auch kleine Dinge sein, wie eine Runde Tischtennis mit einem guten Freund im Park nebenan.
Bei «The Voice Kids» waren Sie bereits als Coach zu sehen. Können Sie sich vorstellen, nochmal im Drehstuhl Platz zu nehmen?
Giesinger: Auf jeden Fall. Durch meine Teilnahme habe ich eine ziemlich spezielle Verbindung zu der Show. Und jungen Talenten ein bisschen was an Knowhow und Ratschlägen für ihre weitere Laufbahn mitzugeben, macht einfach Spass. Dementsprechend könnte ich mir das sehr gut vorstellen, dort mal wieder mitzumachen.