Michael Schulte (33) veröffentlicht am 29. September sein neues Album «Remember Me». Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news erzählt der Sänger, welchen Song er für seine Söhne geschrieben hat, wie sich seine Musik durch sein Familienleben verändert hat und warum die Freundschaft zu Duettpartner Max Giesinger (34) so besonders ist. Zudem verrät der ehemalige «The Voice»–Kandidat und ESC–Viertplatzierte, was er von den neuen «The Voice»–Coaches hält und welchen Act er sich als deutschen ESC–Vertreter für kommendes Jahr wünscht.
Vier Jahre nach «Highs & Lows» veröffentlichen Sie Ihr neues Album. Was war an der Arbeit anders als am vorherigen Album?
Michael Schulte: Was das Songwriting angeht, war es nicht gross anders. Aber die Umstände drumherum waren natürlich anders und auch ein Grund dafür, warum es etwas länger bis zur Veröffentlichung gedauert hat. Corona hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht, sodass wir mit dem letzten Album aus 2019 erst 2022 auf Tour gehen konnten. Hinzukam, dass ich noch einmal Nachwuchs bekommen habe. Mit zwei Kindern zu Hause hat man auch nicht mehr ganz so viel Zeit. Dementsprechend hätte es keinen Sinn gemacht, vorher das Album zu bringen. Wir haben es dann ein, zwei Mal geschoben und haben auch nochmal ein paar Songs geschrieben, so hat es auch die Nummer mit Max [Giesinger, Anm.d.Red.] noch mit drauf geschafft.
Der Titeltrack behandelt das Thema: Wie wird man sich irgendwann an eine Person erinnern? Was wird bleiben, was hinterlässt man? Was wäre Ihnen denn wichtig, woran sollen sich die Menschen erinnern?
Schulte: Der Song ist für meine beiden Söhne. Weil ich meinen Papa relativ früh verloren habe, habe ich gemerkt, dass es jetzt bald 20 Jahre her ist und dass die Erinnerungen mehr und mehr verblassen und man nicht mehr ganz so viel über die Person nachdenkt, wie es mal in den ersten Jahren war. Das ist völlig in Ordnung und auch ganz natürlich, gerade wenn man selber mit dem Kopf sehr viel anderes zu tun hat. Trotzdem habe ich mich gefragt, wie das ist, wenn ich irgendwann nicht mehr da bin, wie sich wohl meine Kinder an mich erinnern werden. Hoffentlich erinnern sie sich positiv an mich und sagen, wir haben viele coole Sachen zusammen gemacht. Das ist für mich auch das Ziel, dass man versucht, möglichst viele schöne Dinge für und mit seinen Kindern zu machen, immer für sie da zu sein, sodass sie einen gut in Erinnerung behalten. Was das Musiker–Dasein angeht, würde ich mich natürlich freuen, wenn die Leute in 100 Jahren vielleicht noch was von mir hören, auch wenn die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist (lacht).
Wie versuchen Sie, die Erinnerungen an Ihren Vater aufrechtzuerhalten?
Schulte: Ich versuche mir ab und zu die Zeit zu nehmen, sich in Ruhe hinzusetzen und zum Beispiel Musik von damals anzuhören. Das bringt schnell die Erinnerungen zurück, die traurig und schön zugleich sein können.
In diesem Sommer haben Sie mit einer Campervan–Tour eine Erinnerung mit Ihrer Familie geschaffen. Wie war die Auszeit?
Schulte: Wir verreisen gerne und sind dieses Mal mit unserem Camperbus für drei Wochen durch Österreich, Schweiz, Deutschland, nach Italien und Frankreich und rüber nach Korsika gefahren. Das war natürlich als Familie sehr schön. Auf so einer Tour ist man komplett aus dem Alltag raus und unternimmt viele schöne Sachen in der Natur. Zum Beispiel einen See in wunderschöner Bergkulisse mit einem Tretboot erkunden, das beeindruckt auch die Kinder. Um die perfekte Mischung zu haben, haben wir dann auch noch ein paar Hotelnächte drangehangen, Glamping sozusagen (lacht).
Sie sagen, dass sich Ihre Musik, dadurch, dass Sie jetzt Familienvater sind, verändert hat. Wie genau?
Schulte: Inhaltlich natürlich insofern, dass einige Songs über oder für meine Kinder oder meine Frau sind. Und das Leben als Papa in einer Familie mit Kindern ist natürlich ein komplett anderes als als Single ohne Kinder. Als Mensch macht das was mit einem. Man reflektiert anders, man hat einen anderen Blick auf die Welt. Trotzdem möchte ich nicht nur über die «Happy Family»–Themen schreiben und habe ich auch Inhalte, die einfach sehr alltäglich sind, ob du jetzt Kinder hast oder nicht. Oder auch mal Themen, die ich selbst vor vielen Jahren erlebt habe und die ich jetzt in meinem Umfeld wieder mitbekomme und mitfühlen kann. In «Stay» wird etwa die Frage gestellt, ob man in einer Beziehung gehen oder bleiben und dafür kämpfen sollte, weil man es eigentlich nicht beenden möchte. Das passt nicht zu meiner aktuellen Situation, habe ich aber früher schon erlebt.
«Bye Bye Bye» oder «Waterfall» bringen einen sehr clubbigen Tanzsound mit. Wie kam es zu diesem Sound?
Schulte: Ich höre gerne selber mal ein bisschen etwas Dancigeres und ich mag es tatsächlich, meine Stimme auf solchen Beats zu hören. Deswegen haben wir uns mit R3hab zusammengetan und das Ganze ausprobiert. Dass das draussen so gut ankommt, auch in anderen Ländern, hätte ich auch nicht gedacht.
Mit «More To This Life» gibt es endlich ein Duett mit Max Giesinger. Sie haben lange nach einem Duettsong gesucht. Warum ist jetzt einer dabei rumgekommen?
Schulte: Irgendwie hat es zeitlich nie gepasst. Wir haben uns nach «The Voice» beide erst einmal auf unsere eigene Karriere konzentriert, er mit deutscher und ich mit englischer Musik. Max ist mit «80 Millionen» durch die Decke gegangen, ich hatte zwei Jahre später den ESC. Da hätte das überhaupt nicht gepasst, zusammen einen Song zu machen. Letztes Jahr hat Max dann gesagt: «Mensch, ich hätte auch mal Bock auf Englisch zu singen, sollen wir das nicht jetzt endlich mal versuchen?» Wir haben uns ins Studio eingeschlossen, ein bisschen was zusammengeschrieben und wären auch fein damit gewesen, wenn es nicht rauskommt. Aber mit «More To This Life» waren wir sehr zufrieden.
Was macht Ihre Freundschaft aus?
Schulte: Die Freundschaft macht aus, dass es völlig egal ist, wenn wir uns mal zwei Monate nicht sehen. Wenn wir uns dann wiedersehen, ist einfach alles wie immer und man versteht sich blind. Es gibt wenige Leute, mit denen man so richtig gut abhängen kann, wahrscheinlich sind es nur ein, zwei, wo es einfach komplett passt. Wo man im Zweifel mal eine Stunde in einem Raum ist und einfach gar nichts sagt, ohne dass man das Gefühl hat, man muss reden. Ich glaube, es gab in den zwölf Jahren, die wir uns kennen, auch noch nie irgendeine Situation, wo wir uns angenervt hätten.
Gibt es Nachteile, gemeinsam in der Musikbranche und befreundet zu sein?
Schulte: Wir sehen uns natürlich nicht ganz so häufig, weil wir beide Jobs haben, wo wir viel unterwegs sind. Auf der anderen Seite ist es schön, wenn man mit seinem Best Buddy einen ähnlichen Job hat und sich darüber austauschen kann. Wir haben uns lange Zeit selbst therapiert und versucht, uns immer wieder nach oben zu holen, wenn es nicht lief. Wir sind gemeinsam durch dick und dünn und haben uns gegenseitig motiviert, weiterzumachen und nicht aufzugeben. Vielleicht hätten wir sonst schon früh gesagt: «Komm, das wird nichts.»
In Ihrem Duett geht es um die kindlichen Eigenschaften, die man als Erwachsener verliert und eigentlich total positiv wären. An welche denken Sie dabei?
Schulte: Als Kind bist du extremst unbeschwert und machst einfach Sachen, ohne gross darüber nachzudenken, ob das jetzt gut ist oder nicht, ob das jetzt sinnvoll ist. Manchmal wäre das vielleicht auch als Erwachsener schöner, für dich zu sagen, ich mach das jetzt einfach mal. Als Beispiel mal zu sagen, ich finde meinen Job gerade so nervig, ich gehe jetzt hier weg und mache eine Weltreise, weil ich da Bock drauf habe. Weil ich mal wieder träumen möchte und was anderes sehen möchte.
Hatten Sie auch schon einen Moment, wo Sie ausbrechen wollten?
Schulte: Nicht ganz so extrem, aber 2017, als ich gemerkt habe, mit der Musik geht irgendwie gerade nichts voran, habe ich nochmal ein Studium angefangen. Ich wollte was ganz anderes machen und so den Druck rausnehmen aus diesem Versuch, irgendwie erfolgreich zu werden. Der komplette Tapetenwechsel hat mir wirklich sehr gutgetan, auch wenn ich in den Vorlesungen von 18– bis 20–Jährigen umringt war, die mich noch von «The Voice» kannten und sich wunderten, was ich hier tue (lacht).
Ihrer beider Karrieren starteten bei «The Voice of Germany», die neue Staffel startete kürzlich. Was sagen Sie zur neuen Jury?
Schulte: Ich war schon sehr überrascht, die Zusammenstellung hat wahrscheinlich niemand erwartet. Aber ich finde es mutig und spannend. Mein Keyboarder hat die Blind Auditions in der Band dort mitbegleitet und meinte, dass es sehr unterhaltsam war. Ich kann mir vorstellen, dass es der Show guttut, frischen Wind reinzulassen. Mark Forster und Co. haben das immer grandios gemacht. Aber vielleicht ist es auch mal schön, sich nach so vielen Jahren ein Stück weit neu zu erfinden.
Was würden Sie zu einem Doppelstuhl mit Max Giesinger sagen?
Schulte: Das würde ich sehr gerne machen. Wir hoffen, dass das irgendwann vielleicht mal passiert. Wir können uns das beide sehr gut vorstellen. Aber wir sind nicht die einzigen, die darauf Lust haben, also müssen wir mal sehen. Wir warten auf die Anfrage (lacht).
Was würden Sie den Talenten mitgeben?
Schulte: Ich würde ihnen auf jeden Fall erklären, dass die Arbeit erst nach der Show anfängt und dass sie Geduld mitbringen müssen und nicht davon ausgehen sollten, dass sie danach Superstars sind. Das ist, glaube ich, das, was bei vielen das Problem ist, dass sie denken, jetzt habe ich es geschafft, aber dann merken, dass man sich erst beweisen muss. Man muss Konzerte spielen, Alben veröffentlichen, Songs releasen, die im Idealfall irgendwann im Radio laufen. Das kann oft Jahre dauern und viele geben dann vielleicht zu schnell auf. Ehrgeiz und Ausdauer sind Grundvoraussetzung.
Die Bewerbungsphase für den deutschen ESC–Vorentscheid hat kürzlich begonnen. Was wünschen Sie sich für einen Act?
Schulte: Wenn man den Act nicht so kennt so wie bei mir damals, finde ich das eigentlich immer ganz schön. Es muss jemand richtig Authentisches sein, der eigene Musik mitbringt und sich da hinstellt, ohne grosses Brimborium, und einfach einen guten Song singt. Wo die Zuschauer das Gefühl haben, das ist ein echter Künstler oder eine echte Künstlerin. Ich kann es nur jedem empfehlen, man sollte die Chance nutzen, vor Millionen von Menschen auf der Bühne singen zu dürfen. Ich habe mir damals gesagt, dass ich eigentlich nichts zu verlieren habe, es ist egal, ob ich jetzt letzter werde oder nicht. Das ist so oder so eine grosse Ehre und eine aufregende, tolle Reise, die man mitnehmen sollte.
Was planen Sie beruflich für kommendes Jahr und wie vereinbaren Sie dies mit Ihrer Familie?
Schulte: Mit der Familie klappt das immer ganz gut. Ich bin meistens gar nicht so unfassbar lange am Stück unterwegs. Und gerade wenn ich dann auch mal Konzerte im Raum Hamburg, Hannover oder Bremen habe, dann können sie auch ganz gut mal mit dazu kommen. Ansonsten ist der Fokus natürlich voll auf das Album und die kleine Tour gerichtet, die Anfang Oktober ansteht. Und nächstes Jahr geht es dann auf jeden Fall weiter mit wieder neuer Musik und weiteren Tourneen. Ich bin noch lange nicht an dem Punkt angelangt, wo ich eine Pause brauche. Ich habe einfach Bock und mache so auf jeden Fall weiter, solange es geht.
Ist das Tourleben anstrengender als früher?
Schulte: Das Touren ist sogar schöner geworden. Ich habe mittlerweile ein tolles Team und viele Techniker mit dabei, die viel mehr Ahnung haben und alles perfekt geplant ist. Früher musste ich noch alles selber schleppen und aufbauen. Jetzt muss ich nur noch auf die Bühne gehen und darf singen. Das, was ich am liebsten mache.