Vor zehn Jahren – am 29. Dezember 2013 – verschwand Michael Schumacher (54) nach einem tragischen Skiunfall aus der Öffentlichkeit. In der fünfteiligen Doku–Serie «Being Michael Schumacher» erzählt BR–Autor Andreas Troll von dem Jungen auf der Kerpener Kartbahn, der mit Selbstbewusstsein und Zielstrebigkeit zur weltweit gefeierten Motorsport–Ikone wurde.
Selbst ist der junge Mann
Schumachers Vater erinnert sich an sie Fokussierung seines älteren Sohnes: keine Disco, keine Mädchen, stattdessen «Trainieren bis zum Umfallen». Michael sei «immer sehr intensiv in diesen Sachen» gewesen, erzählt er. Norbert Haug, Leiter Motorsport Mercedes–Benz 1990–2012, sinniert an anderer Stelle über die grosse Eigeninitiative des späteren Rennfahrers: «Hätte es die Kiesgrube, die Kartbahn des Vaters nicht gegeben, hätte es diese Freizeitbeschäftigung wohl nicht gegeben. Und da hat man sich dann eben selbst ausgebildet.» Wie gut Schumacher die heimische Kartbahn irgendwann beherrschte, beschreibt Sportjournalist Anno Hecker so: «Schumacher konnte an dem, was er hörte, erkennen, wer auf der Kartbahn fuhr.»
Förderer, glückliche Fügungen – und eine Lüge
Druck von der Familie hat der junge Michael offenbar nie bekommen, der Vater habe aber auf Manieren geachtet, wie Schumachers Entdecker und erster Förderer Gerhard Noack, heute Ehrenpräsident Kart–Club Kerpen–Manheim, erzählt. Diese Wurzeln und die «schöne, unkomplizierte Kindheit», wie sein jüngerer Bruder, Ralf Schumacher (48) es beschreibt, vergass der bodenständige Michael nie.
Glückliche Fügungen sorgten dafür, dass er zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. So wollte etwa Mercedes unbedingt einen deutschen Fahrer im neuen Rennteam haben und Schumi wurde engagiert.
Schumachers starkes Selbstbewusstsein betonen viele im Film. Einerseits machte es ihn immun gegen Kritik, es sorgte aber wohl auch für den grossen Karrieresprung auf der gefährlichen Rennstrecke in Belgien, dem Circuit de Spa–Francorchamps: Diese «Geschichte fängt an mit einer Lüge» – nur einer der vier spannenden Cliffhanger der Doku–Serie...
Kultstar und Teil des Teams
Im Verlauf der fünfmal 25 Minuten wird der siebenmalige Formel–1–Weltmeister von bekannteren und unbekannteren Weggefährten, anderen Sport–Stars und Experten als «Legende», «Ikone», «Held» und «Weltstar des Sports» bezeichnet. Zurecht, wie das gezeigte Archivmaterial eindrucksvoll illustriert. Ebenfalls gezeigt wird der Kult, der spätestens seit seinem Engagement bei Ferrari um den vielfachen Weltmeister und das Mass aller Dinge in der Formel 1 betrieben wird. Schier unendliche Mengen an Devotionalien werden weltweit bis heute in Ehren gehalten.
Die Doku serviert den Zuschauerinnen und Zuschauern aber keine einseitige Verherrlichung, «Schummelschumi» und andere Skandale oder Konflikte werden ebenso thematisiert wie der enorme Druck durch die Tifosi. «In Maranello ist Ferrari Religion», heisst es über den italienischen Sitz des Ferrari–Werkes und des dazugehörigen Rennstalls Scuderia Ferrari. Schumacher hält stand und gewinnt mit diesem Rennstall fünf seiner sieben Weltmeistertitel.
«Es geht ums Können und ums Wollen», fasst Schumacher sein Erfolgsgeheimnis zusammen. Pat Symonds, Renningenieur bei Benetton fügt an anderer Stelle indirekt noch einen weiteren Punkt hinzu: «Was man bei Michael verstehen muss, er war nicht nur der beste Fahrer, mit dem ich jemals gearbeitet habe. Er kannte jeden Mechaniker, kannte die Namen ihrer Ehefrauen, wusste, was ihre Kinder machten. Und das war ehrlich [...] Michael war richtig Teil eines Teams und dafür haben viele für ihn alles gegeben.» Schumacher sei ein «super Motivator nach innen» gewesen, der «sein Team nach aussen immer ganz klar in Schutz genommen» habe.
Auch sonst erzählt die Doku von zwei Persönlichkeiten: Im Rennanzug sei er «ein rücksichtsloser Killer» gewesen, ohne habe er mit Ehefrau (seit 1995) Corinna Schumacher (54) einen Liebesfilm geschaut und geweint.
Privatsache Familie
Nach seinem letzten Rennen im Jahr 2006 in Monza – und vor seinem Comeback 2010 – widmete Schumacher sich unter anderem dem Pferdesport. «Das Hobby meiner Frau, Western–Reiten, fasziniert mich auch», erzählt er. Und er schwärmt nicht nur vom Reitsport: «Wir sind in jeder Phase unseres Lebens gleichberechtigt gewesen, deswegen harmoniert es schon seit über 20 Jahren», sagt Schumacher über seine Ehefrau. «Meine Frau war für mich schon immer die starke Frau an meiner Seite, die mir immer Rückhalt gegeben hat.» In der Öffentlichkeit habe sie sich zurückgehalten, «weil das nicht ihr Ding» gewesen sei.
Bleibt noch die Frage nach dem schrecklichen, alles verändernden Unfall. Der wird nur in der Aussenansicht thematisiert. Bilder zeigen die weltweite Anteilnahme. Neues über seinen Gesundheitszustand erfährt man nicht. Das macht aber auch nichts, denn wie sagt ein Wegbegleiter im Film so schön über den Formel–1–Zirkus: «Sie fahren schon auch alle heute noch gegen Michael Schumacher.»
Die Doku–Serie «Being Michael Schumacher» ist ab 14. Dezember in der ARD Mediathek zu sehen. Am Vorabend (28. Dezember) des zehnten Jahrestages seines tragischen Unfalls im französischen Méribel werden die fünf Teile ab 23:35 Uhr im Ersten ausgestrahlt.