Salman Rushdie (75) leidet ein halbes Jahr nach dem Anschlag auf sein Leben weiter physisch und psychisch unter den Folgen. «Ich setze mich hin, um zu schreiben, und nichts passiert», erklärt Rushdie im Gespräch mit dem Magazin «The New Yorker». Es ist sein erstes Interview nach dem Attentat am 12. August 2022.
Bei einem Vortrag im US-Bundesstaat New York griff ein 24-Jähriger den Schriftsteller mit einem Messer an. Der Sohn von libanesischen Einwanderern verletzte Rushdie schwer an Hals, Arm, Gesicht und Leber. Der britisch-indische Autor ist seitdem auf einem Auge blind und kann eine Hand nicht mehr bewegen.
«Noch nicht aus dem Wald heraus»
«Ich schreibe, aber es ist eine Kombination aus Leere und Müll, Dinge, die ich schreibe und am nächsten Tag lösche», erzählt Rushdie in dem Interview weiter. «Ich bin noch nicht aus diesem Wald heraus, wirklich nicht».
Neben einer Schreibblockade leidet Salman Rushdie an Alpträumen. Er träume nicht direkt von dem Messerangriff, aber trotzdem «beängstigende» Dinge. Körperlich gehe es ihm besser. Er kann aufstehen und gehen. Nur das Tippen falle ihm schwer, weil er kein Gefühl in manchen Fingern habe.
Seit über 30 Jahren droht Rushdie Gefahr
1989 hatte der damalige iranische Revolutionsführer Ayatollah Khomeini (1902-1989) über eine Fatwa zum Mord an Salman Rushdie aufgerufen. Eine iranische Stiftung setzte ein Kopfgeld von einer Million US-Dollar fest, später wurde es von anderen Institutionen bis auf vier Millionen erhöht. Der Grund: Rushdie, der aus einer muslimischen indischen Familie stammt, habe mit seinem Roman «Die Satanischen Verse» den Islam, den Koran und den Propheten Mohammed beleidigt.
Seit 1989 lebte Rushdie an verschiedenen geheimen Orten, unter Polizeischutz. Auf mehrere Übersetzer der «Satanischen Verse» wurden Attentate verübt. Der japanische Übersetzer Hitoshi Igarashi wurde 1991 erstochen.
In den letzten Jahren vor dem folgenreichen Messerangriff hatte Rushdie kaum noch auf Personenschützer zurückgegriffen. Den Veranstaltern der Lesung im August 2022, die keine Metalldetektoren eingesetzt hatten, macht er keine Vorwürfe. «Ich habe die letzten Jahre immer wieder versucht, Anschuldigungen und Verbitterung zu vermeiden», sagte er «The New Yorker». «Ich versuche, nach vorne zu blicken und nicht zurück. Was morgen passiert, ist wichtiger als was gestern war».
Am Dienstag soll Rushdies neues Buch «Victory City» auf Englisch erscheinen. Die Veröffentlichung der deutschen Übersetzung ist für den April geplant.