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Schauspieler wurde in Deutschland gross

«Past Lives» im Kino: Teo Yoo fühlte sich immer wie ein «Aussenseiter»

«Past Lives» startet am 17. August deutschlandweit in ausgewählten Kinos. Im Interview spricht Hauptdarsteller Teo Yoo über sein Aufwachsen in Deutschland, seine Schauspieltechniken und erinnert sich an den schönsten Moment während der Dreharbeiten zurück.

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Hae-sung (Teo Yoo) und Nora (Greta Lee) haben eine besondere Verbindung in «Past Lives».
Hae-sung (Teo Yoo) und Nora (Greta Lee) haben eine besondere Verbindung in «Past Lives». © Twenty Years Rights LLC

Egal ob Musik, Serien oder Filme - die Popkultur Südkoreas ist seit Jahren international auf dem Vormarsch. Der neue Film von A24 Films (bekannt für «Everything Everywhere All at Once» und «The Whale»), ist eine Gemeinschaftsproduktion Südkoreas und von den USA. Regisseurin Celine Song erzählt darin die Geschichte einer Jugendliebe, die trotz Auswanderung, Heirat und Co. die Spannung über mehrere Jahrzehnte aufrechterhält. Dabei trifft die Geschichte vermutlich einige Zuschauerinnen und Zuschauer mitten ins Herz, denn die Gefühle von Sehnsucht, aber auch Entfremdung kommen womöglich einigen bekannt vor.

In den Hauptrollen der Nora und des Hae-sung sind Greta Lee (40) und Teo Yoo (42) zu sehen. Letzterer hat sich vor allem in Südkorea eine beachtliche Karriere als Seriendarsteller aufgebaut. Was viele nicht wissen: Yoo ist in Deutschland aufgewachsen, beherrscht die Sprache noch heute fliessend. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news spricht der 42-Jährige über seine aussergewöhnliche Lebensgeschichte. Er erinnert sich an seine liebsten, deutschen Gerichte zurück und gibt eine Vermutung ab, weshalb er letztendlich die Hauptrolle in «Past Lives» ergattern konnte.

«Past Lives» spannt über mehrere Jahrzehnte. Sie mimen den Hae-sung in verschiedenen Abschnitten seines Lebens. Wie haben Sie es geschafft, Ihre Figur sowohl als Mitte Zwanzigjährigen als auch in der Gegenwart glaubwürdig zu spielen?

Teo Yoo: Ich denke, mit der Hilfe von Make-up und Haarstyling, das mich hat jünger aussehen lassen. (lacht) Aber auf einer professionellen Ebene habe ich eine Menge Recherche betrieben und Schauspieler studiert, die Rollen mit grossen Alterssprüngen gespielt haben. Zudem habe ich an meiner Stimme gearbeitet, an meinem Ton. Der jüngere Hae-sung hatte eine höhere Tonhöhe, der ältere Hae-sung eine etwas tiefere. Seine Stimme klang entspannter. Ausserdem tendieren wir als junge Erwachsene dazu, eine Art Naivität und Reinheit gegenüber unserer Aussenwelt zu haben. Ich finde, das kann man oft in den Augen der Schauspieler erkennen - generell zeigt sich sowas in den Augen aller Menschen. Ich habe mich emotional darauf vorbereitet, offener zu sein und mit diesen «wachen» Augen neugieriger zu wirken.

Beim älteren Hae-sung dachte ich mir: Er arbeitet jetzt seit einigen Jahren in seinem Job, er hat sich gerade eben von seiner Freundin getrennt, Druck von aussen lastet auf ihm. Man merkt ihm an, dass er einige Dinge erlebt hat, vielleicht Tragödien, vielleicht Erschöpfung. Das wollte ich auch mit den Augen ausdrücken.

Die Dreharbeiten fanden in New York und in Seoul statt. War es schwierig für Sie, an zwei ganz unterschiedlichen Orten zu drehen?

Yoo: Für mich persönlich nicht wirklich. Natürlich gibt es immer kulturelle Unterschiede, die möglicherweise beim Übersetzen verloren gehen, wenn man mit einer internationalen Crew nach Korea kommt und vor Ort arbeiten möchte. Aber alles ist glattgelaufen. Es ist überall auf der Welt dasselbe. Jeder möchte ehrlich sein und eine gute Geschichte erzählen.

Wie sind Sie Teil dieser aussergewöhnlichen Produktion geworden? Wurden Sie angefragt oder haben Sie an einem Casting teilgenommen?

Yoo: So wie ich es verstanden habe, war ich das letzte «Puzzlestück». John Magaro und Greta Lee waren bereits gecastet worden, aber zu diesem Zeitpunkt hatten sie ihren Hae-sung noch nicht gefunden. Aus allen Bewerbern aus Südkorea, die sich für die Rolle des Hae-sung beworben hatten, war ich anscheinend der Letzte, den Celine Song sah.

Meine Geschichte ist ein bisschen anders. Ich wurde in Deutschland geboren und bin dort auch aufgewachsen. Dann habe ich Schauspielerei in New York studiert. Danach ging ich nach Südkorea und lebe auch heute noch dort. Subjektiv betrachtet, hatte ich immer das Gefühl, ein Aussenseiter zu sein. Objektiv gesehen, war ich nie in einem Umfeld, in dem ich als Einheimischer betrachtet wurde. Hier wissen die Leute, dass ich ein Koreaner bin, der im Ausland geboren wurde, es gibt dafür sogar eine eigene Bezeichnung im Koreanischen. Deshalb hat man mich bei einigen Castings nicht als «traditionellen» Koreaner gesehen.

Auf die Rolle des Hae-sung wurde ich durch meinen US-Manager aufmerksam. Er schickte mir die Unterlagen zum Vorsprechen, ich drehte ein Bewerbungsvideo, eine Woche später hatte ich einen Video-Call mit Celine. Wir haben rund drei Stunden miteinander geredet, sie wollte, dass ich das gesamte Skript vorspiele, zweimal, dreimal. Ich vermute, sie wollte damit meine Bandbreite testen. Zwei Wochen später habe ich dann erfahren, dass die Rolle an mich ging.

Sie haben bereits angeschnitten, dass Sie in Deutschland geboren wurden. In den vergangenen Jahren ist die südkoreanische Popkultur hierzulande immer beliebter geworden. Wie fühlt sich das für Sie als Koreaner, der Wurzeln in Deutschland hat, an?

Yoo: Es macht mich sehr glücklich, aber ich finde es auch interessant. Ich wurde von klein auf an die Kultur meiner Eltern herangeführt. Ich wusste schon immer, wie gut das alles ist, die Musik, die TV-Serien, die Filme, die Küche, einfach alles. Aber es hat erst vor wenigen Jahren angefangen, dass der Westen aufmerksam darauf geworden ist und jetzt zuhört und zusieht. Es war immer schon da. Ich bin froh darüber, aber es ist überraschend, dass sie es erst so spät gemerkt haben. Die Leute wissen oft nicht, wie gut etwas ist, solange sie es nicht ausprobieren.

Es hängt immer davon ab, wie offen Menschen gegenüber anderen Kulturen sind. Weil ich in Deutschland aufgewachsen bin, ist mein Lieblingsgericht ein guter Döner. Ich vermisse mein Brötchen und eine gute Schweinshaxe. Wenn Leute etwas noch nicht erlebt haben und eventuell Angst vor einer neuen Erfahrung haben, die verpassen etwas. Ich bin einfach dankbar, dass viele Menschen offen für Neues sind.

Was hat Ihnen an den Dreharbeiten zu «Past Lives» am besten gefallen?

Yoo: Da handelt es sich um eine Behind-the-Scenes-Geschichte. Es gab diesen Moment, in dem wir vier, John, Greta, Celine und ich, auf der Strasse sassen. Wir haben die Szene in der Bar gedreht. Das ist eine der ausschlaggebenden Szenen des Films. Es war einfach verrückt, denn es wurde im Stadtbezirk East Village in New York gedreht. Und jeder von uns hat, das ist 15 bis 20 Jahre her - ich bin 2002 in New York angekommen, mit dem Traum, ein Schauspieler zu werden - gearbeitet, sich abgemüht, zwei Jobs geschaukelt und sein Apartment in genau diesem Bezirk gehabt.

Nun zwanzig Jahre später in dieser Strasse, in der ich gearbeitet hatte und Schwierigkeiten hatte, zu sitzen und zu sehen, dass jetzt Polizeiautos die Strasse für uns absperren, dass wir jetzt Wohnwägen mit unseren Namen darauf haben, wir die Hauptdarsteller eines A24-Films sind... das war surreal. Wir haben einfach alle geredet und gelacht und uns gedacht ‹Wow, ist das Leben nicht unglaublich?›. Das war ein sehr besonderer Moment für uns.

Von SpotOn am 17. August 2023 - 11:56 Uhr