Dass unfreiwillig ins Schlagergeschäft geratene Künstler die Reissleine ziehen und zu ihren eigentlichen musikalischen Vorlieben zurückkehren, ist ein seltener Fall. Vor allem wenn sie als Schlagerstar grösste Erfolge feiern und einfach so weitermachen könnten. Rock–Legende Peter Maffay (75) war so mutig, diesen risikoreichen Schritt zu gehen.
Karriere–Start als Schnulzenkönig
Nachdem er ab 1969 einen fulminanten Karrierestart als Schnulzensänger («Du») hingelegt hatte, der ihn zum Stammgast in der «ZDF–Hitparade» und der «Bravo» machte, trennte er sich 1973 von seinem ersten Produzenten Michael Kunze (80), um fortan in Lederjacke und hautengen Jeans rockigere Töne anzuschlagen. Spätestens mit seinem Album «Steppenwolf» (1979) hatte er sich musikalisch vollständig vom Schlager emanzipiert, auch wenn dieser – bis heute – in seinen Liedtexten immer wieder nachhallt.
Metamorphose zum rockenden «Steppenwolf»
Der durchschlagende Erfolg dieses Albums, das auf Anhieb die Spitze der deutschen Albumcharts erklomm und sich rekordverdächtig verkaufte, stellte eindrucksvoll unter Beweis, dass dem am 30. August 1949 in Rumänien geborenen Sänger sein drastischer Imagewandel geglückt war. Und er im Rock‹n›Roll–Geschäft sein markant rollendes R nun noch dramatischer zum Einsatz bringen konnte. Wie etwa in seinem 1980 veröffentlichten Superhit «Über sieben Brücken musst du geh'n», der Coverversion eines Songs der DDR–Rockband Karat.
In einem Interview mit dem «Tagesspiegel» konstatierte er vor wenigen Jahren über diese Umbruchphase: «Diese Metamorphose war enorm wichtig. Sie hat bei mir Renitenz erzeugt. Augen zu und durch: Es musste sein.»
Rolling–Stones–Desaster 1982
Dass man dem Ex–Schlagersänger seinen Imagewandel zum harten Rocker Anfang der 1980er Jahre noch nicht allgemein abgekauft hatte, musste Maffay im Jahr 1982 leidvoll erfahren, als man ihn als Vorband für mehrere Deutschland–Konzerte der Rolling Stones buchte.
Im Jahr 2024 blickte Maffay im «Rolling Stone» mit Grauen auf die schlimmsten Konzerterlebnisse seines Lebens zurück. «Es flog so alles auf die Bühne – auch Eier. Es war ein Schock. Es war erniedrigend», so der Sänger. «Am Ende spürte ich noch die Lust, uns zu guillotinieren.»
Heavy–Metal–Debüt in Wacken
55 Jahre nach der Veröffentlichung von «Steppenwolf» kann Peter Maffay auf eine atemberaubende Karriere als Deutschrocker zurückblicken. Mit 20 Nummer–eins–Alben und über 50 Millionen verkauften Tonträgern zählt er zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Musikern überhaupt.
In diesem Jahr stand er sogar zum ersten Mal beim Wacken Open Air auf der Bühne – wenn auch nur als Gaststar des rockenden Comedian Bülent Ceylan (48, «Ich liebe Menschen»). Dort wurde er von den versammelten Heavy–Metal–Fans keineswegs ausgebuht, sondern mit Respekt und Applaus empfangen – auch wenn sich in den sozialen Medien hinterher manche Wacken–Jünger darüber empörten und witzelten, ob im nächsten Jahr dann vielleicht Helene Fischer (40) vorbeikommen werde.
Ein Rockstar mit Bodenhaftung
Auch wenn Maffay als Rocker neu durchstartete, blieben ihm jegliche Rock‹n›Roll–Allüren stets fremd. Der "Berliner Morgenpost« sagte er dazu: »Ich hatte ja nie wirklich Lust auf Glanz und Glamour. Und diese merkwürdigen Klischees von zertrümmerten Gitarren in Hotelzimmern hab‹ ich eh nie kapiert«. Und er ergänzte: »Das ist nicht meine Idee von Rock›n‹Roll. Für mich bedeutet Rock›n'Roll: Freiheit im Denken und Handeln. Und eine Plattform, um mit anderen Menschen in guter Verbindung, in Gemeinschaft zu sein."
Im «Stern»–Interview antworte er kürzlich auf die Frage, welche Rolle die klassische Mixtur «Sex, Drugs and Rock‹n›Roll» in seinem Leben gespielt habe: «Ich habe Drogen nie genommen. Und den Rock‹n›Roll ausgekostet, so gut ich konnte – und werde das auch in Zukunft tun.»
«We Love Rock‹n›Roll – Farewell Tour 2024»
Unter dem Motto «We Love Rock‹n›Roll» absolvierte der mittlerweile zu einem zerknitterten Rock–Dinosaurier gereifte Peter Maffay im Juni und Juli dieses Jahres seine «Farewell Tour 2024», mit der er seine Bühnenkarriere offiziell beendete – zumindest, was die bisher gewohnten Arena–Megashows angeht.
Wie der Musiker dem «Stern» berichtete, will er sich in den nächsten Jahren vornehmlich um seine Familie kümmern. Immerhin ist er 2018 mit seiner neuen Partnerin Hendrikje Balsmeyer (37) auf seine alten Tage noch einmal Vater einer Tochter, Anouk (5), geworden.
«Ich glaube, dass für die meisten Dinge in meinem Leben irgendwann der richtige Zeitraum anbricht», erklärte er dem Magazin. «Es gibt einfach ein bisschen andere Prioritäten in meinem Leben: die Familie, mein Sohn, unsere kleine Tochter, Hendrikje, meine Frau ... Ich möchte einfach in dem Zeitfenster, das mir noch zur Verfügung steht, darauf ein bisschen mehr Augenmerk richten». Dies heisse jedoch nicht, dass er zukünftig keine Musik mehr machen oder keine Konzerte mehr spielen werde. Aber Tourneen in der Dimension der nun absolvierten werde es zukünftig nicht mehr geben.
Sohn Yaris tritt in Maffays Fussstapfen
Auf seiner grossen «Abschiedstournee» schickte der legendäre Deutschrock–Star in Form seines Sohnes Yaris (20) auch gleich die nächste Maffay–Generation ins Rennen. Im Vorprogramm seiner Shows durfte der musikalisch ambitionierte Junior einige seiner ersten Songs präsentieren, die er vor wenigen Wochen auf seiner Debut–EP «Yaris» veröffentlichte.
Auch wenn Yaris optisch ein wenig an den Skandal–Barden Gil Ofarim (42) erinnern mag, tritt er musikalisch klar erkennbar in die Fussstapfen seines berühmten Vaters und liefert in Songs wie «Fühlen», «Abenteuer» oder «Nur mit Dir» eine ähnliche Mixtur, mit der auch dieser schon grossen Erfolg hatte: waschechter Rock‹n›Roll – mit einer ganz kleinen Prise Schlager.