Die britische Rockband Queen zieht momentan mit ihrer «Rhapsody Arena Tour» durch Europa. In Deutschland machten die Kultrocker in Berlin, Köln und zuletzt in München Halt. Am vergangenen Mittwoch (29. Juni) spielten Gitarrist Brian May (74), Schlagzeuger Roger Taylor (72) und Frontmann Adam Lambert (40) vor einer ausverkauften Olympiahalle - mit Hits wie «Somebody To Love» oder «We Are the Champions» heizten sie dem Publikum ordentlich ein.
Schon seit rund zehn Jahren steht der Sänger mit auf der Bühne, früher hatte die verstorbene Rocklegende Freddie Mercury (1946-1991) das Mikrofon in der Hand. «Ich betrachte mich gerne als Gast von Brian May und Roger Taylor», beschreibt Lambert seine Rolle in der Band. Der gebürtige US-Amerikaner hat sich vor dem Konzert in München zu einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur spot on news getroffen. Mit Mercury wolle er dabei nicht konkurrieren, «er ist unersetzlich». Doch in ganz bestimmten Momenten ist ihm die einstige Rocklegende besonders nah, wie Lambert verraten hat.
Sie haben einen guten Umgang mit dem Erbe von Freddie Mercury gefunden. Wie würden Sie Ihre Rolle in der Band beschreiben?
Adam Lambert: Ich betrachte mich gerne als Gast von Brian May und Roger Taylor. Natürlich sind die Songs, die wir spielen, die Songs von Queen - und die haben ihre Geschichte und Vermächtnis. Es ist aufregend, diese Kraft im Publikum zu spüren. Denn jeder kennt jedes Wort von jedem Song. Als sie mich vor etwa zehn Jahren fragten, ob ich mit ihnen zusammenarbeiten möchte, war ich sofort begeistert und sagte zu. Ich legte auf und dachte: «Oh mein Gott.»
Hatten Sie Respekt vor der Aufgabe?
Lambert: Der Druck ist gross. Mit Freddie Mercury kann man nicht konkurrieren, er ist unersetzlich. Ich glaube nicht, dass es jemanden wie ihn nochmal gibt. Aber das bedeutet nicht, dass die Musik nicht von den anderen Bandmitgliedern gespielt werden sollte. Sie geben auf der Bühne alles und sind grossartige Entertainer und Musiker. Sie wollen auftreten und ihre Musik spielen - brauchen dafür aber einen Sänger. Ich bin eine Art Dienstleister für sie und das Publikum. Ich bemühe mich, das den Menschen zu vermitteln und sie zu ermutigen, mit mir zu singen.
Also treten Sie eher in den Hintergrund?
Lambert: Es geht nicht um mein Ego, es geht um die Musik und die Band. Ich habe das Gefühl, dass von einem Frontmann gewisse Dinge erwartet werden. Und wie Sie wissen, war Freddie sehr gut darin. Er war präsent, witzig und kraftvoll. Also darf ich nicht faul sein. Ich muss auftrumpfen, mich aufplustern und so stark sein, wie ich nur kann. Das gehört zu meinem Job.
Apropos Freddie, was würde er über Ihre Auftritte wohl sagen?
Lambert: Ich weiss es nicht, aber ich hoffe, er würde sie mögen. Ich denke oft an ihn. Ich stelle meine Bühnenoutfits immer selbst zusammen. In diesen Momenten frage ich mich manchmal: «Was würde Freddie dazu sagen, würde es ihm gefallen?» Ich versuche, ihn einzufangen, ohne ihn als Sänger zu imitieren. Brian und Roger sind der Meinung, dass es ihm sehr gefallen würde.
Haben Sie das Gefühl, dass Freddie in irgendeiner Weise bei Ihnen ist?
Lambert: Ja. Es gibt Momente, in denen ich eine Gänsehaut bekomme und es sich einfach surreal anfühlt. In der Show ist Freddie auch auf der grossen Leinwand zu sehen und seine Stimme zu hören. Es ist erstaunlich, was es mit dem Publikum macht. Die Zuschauer tragen Freddie in ihren Herzen. So bleibt der Geist von jemandem erhalten. Es ist die Erinnerung, die die Menschen an ihn haben - auch Brian und Roger. Wenn sie die Lieder singen und ihn auf dem Bildschirm sehen, kommen Gefühle hoch. Ein Teil davon zu sein, ist wirklich schön.
Zwischen Ihnen und Ihren Queen-Kollegen besteht ein Altersunterschied von etwa 30 Jahren. Inwieweit inspirieren Sie sich gegenseitig oder lernen Sie voneinander?
Lambert: Ich habe eine Menge von Roger und Brian gelernt. Sie sind viel herumgekommen, haben so viel gesehen. Beide sind zudem unglaublich intelligent, sehr belesen. Es ist also immer schön, sich mit ihnen über die Welt und Politik zu unterhalten. Ich komme aus Amerika und Brian und Roger aus dem Vereinigten Königreich. Wir unterhalten uns regelmässig über die kulturellen Unterschiede, ich rede zudem gerne über Popkultur und soziale Themen. Mir persönlich liegt die LGBTQ-Plus-Bewegung sehr am Herzen. Ich habe in den letzten Jahren eine Welle des Wandels in der US-amerikanischen Musikindustrie miterlebt. Brian und Roger sind auch sehr aufgeschlossen. Freddie war ein Teil der Band und ihnen gegenüber offen, was seinen Lebensstil anging - sie lieben ihn. Es wäre interessant, zu wissen, wie es Freddie in der heutigen Zeit ergehen würde.
Haben Sie jemals darüber nachgedacht, wie lange Sie noch mit Queen auf Tournee gehen wollen?
Lambert: Nein. Ich habe auch nicht gedacht, dass es so lange gehen würde. Die Tatsache, dass wir zehn Jahre später immer noch auf Tournee sind, ist sehr überraschend für mich. Aber das Publikum ist fantastisch und Brian und Roger sind grossartig. Es fühlt sich an wie eine Familie, wir haben eine Menge Spass und lachen viel. Zudem darf ich mich wie ein Rock‹n›Roll-Clown verkleiden. Allerdings sind die Shows für mich stimmlich eine Herausforderung, es ist kein Spaziergang. Aber wenn man etwas Schwieriges geschafft hat, klopft man sich hinterher auf die Schulter. Es gibt mir das Gefühl, dass ich ein Ziel habe. Zudem hat es ein Haus finanziert (lacht).