Verführer, Sexsymbol, Mann mit dem gewissen Etwas – und so weiter. Diesen Ruf hat der amerikanische Schauspieler Richard Gere (75) seit Menschengedenken weg. Das liegt auch an seiner silbrigen Haarpracht, die ihn seit Jahrzehnten ziert – sagen wir: seit «Pretty Woman». Das war 1990.
Mittlerweile sind die Haare schlohweiss, doch das Gesicht ist immer noch schmal, ebenmässig und – zumindest von weitem betrachtet – nicht von tiefen Furchen durchzogen wie bei anderen gleichaltrigen Männern. Das berühmte sanfte, manchmal auch verschmitzte Lächeln, das viele Millionen Frauen so lieben, hat er noch drauf. Warum auch nicht? Schliesslich wird er am 31. August erst 75, und das Leben hat es bis dahin mit ihm im Grossen und Ganzen ziemlich gut gemeint.
Ausserdem kann einem Mann, dem alle Welt nachsagt, er sei einer der grössten Frauenflüsterer oder Frauenversteher überhaupt, Schlimmeres widerfahren als dieser Ruf, den er sich redlich verdient hat.
Hollywoodstar und «Sexiest Man Alive»
Seit Gere im Jahr 1980 in «Ein Mann für gewisse Stunden» einen schönen (noch nicht ergrauten) Edel–Callboy spielte, riss die Liste dieser Rollen nicht ab. Es folgten: «Atemlos» (1983), «Pretty Woman» (1990), «Die Braut, die sich nicht traut» (1999, wieder mit Julia Roberts), «Untreu» (2002) sowie die Musical–Verfilmung «Chicago» (2002). 1999 wurde Richard Gere vom «People»–Magazin zum «Sexiest Man Alive» gewählt.
Auch in Deutschland hat der Star die Frauenwelt nachhaltig erobert. Einer Umfrage des Magazins «Look» (von 2006) ergab, dass deutsche Frauen über 20 Richard Gere den meisten Sex–Appeal zuschreiben. Er rangierte damit auf Platz Nummer eins vor dem zwölf Jahre jüngeren George Clooney (63) und dem 15 Jahre jüngeren Brad Pitt (60).
Die Liste seiner tatsächlichen Eroberungen und On–Off–Lieben ist ebenfalls beeindruckend: Gere werden Beziehungen zu den Schauspielerinnen Penelope Milford (76), Tuesday Weld (81), Carole Mallory (82), Barbara Carrera (78), Kim Basinger (70), Priscilla Presley (79) und Barbra Streisand (82) nachgesagt. Ausserdem soll er mit der brasilianischen Malerin Sylvia Martins (70), der Schmuckdesignerin Loree Rodkin (75) und den Models Laura Bailey, Tina Chow, Dalila Di Lazzaro und Padma Lakshmi zumindest zeitweise liiert gewesen sein.
Richard Gere ist zum dritten Mal verheiratet
Von 1991 bis 1995 war er mit dem Supermodel Cindy Crawford (58) verheiratet. Ehefrau Nummer zwei war die Schauspielerin Carey Lowell (2002–2016, ein Sohn). 2018 heiratete er die spanische Publizistin und politische Aktivistin Alejandra Silva (41), mit der er zwei Söhne hat. Der Altersunterschied von mehr als 30 Jahren ist für sie «kein Problem. Er hat mir 20 gute Jahre versprochen. Er hat mehr Energie als ich, ist aktiver, es ist schwer, mitzuhalten!»
Als man ihn nach seinen Erfahrungen mit Frauen fragte, gab er 2017 dem «Lufthansa–Magazin» eine Antwort, die so gar nicht nach einem Lebemann klang: «Ich weiss nicht, was Frauen denken, aber ich weiss, wie ich mich verhalten soll. Eine Beziehung ist kein Handel, wo jeder abwägt, was er dem anderen gibt. Echte Liebe verlangt Selbstlosigkeit, wie bei Müttern und ihren Kindern. Das ist nicht immer einfach, das gebe ich zu.»
Das ist die eine, die berühmte Seite des Richard Gere, über die andere schrieb die «Süddeutsche Zeitung»: «Man mag es kaum glauben, aber auch Richard Tiffany Gere ist nicht als souverän lächelnder Silberrücken auf die Welt gekommen. Er war nicht immer der unaufdringliche Schönling.» Der 1949 in Philadelphia geborene Gere stammt aus einer traditionsreichen Familie, die auf die ersten Einwanderer in Amerika zurückgeht. Seine englischen Vorfahren sind 1620 mit der berühmten «Mayflower» an die Ostküste gelangt.
Richard Gere versteht viel von Musik
Nach einem abgebrochenen Philosophiestudium wollte er sich eigentlich der Musik widmen, denn er hatte früh mehrere Instrumente, Klavier, Gitarre, Trompete und Schlagzeug, erlernt und auch für das Studententheater komponiert. Gere ist ein durchaus versierter Musiker, der das Klavierthema in «Pretty Woman» und ein Gitarrensolo in «Die Braut, die sich nicht traut» geschrieben hat. Und in «Chicago» glänzte er mit einer Gesangspartie.
Der Hollywoodstar hat in seiner über 50–jährigen Karriere nicht nur den romantischen Schönling und Frauenliebhaber gespielt, sondern auch korrupte Polizisten («Internal Affairs»), einen schmierigen Wall–Street–Banker («Arbitrage»), einen IRA–Aktivisten («Der Schakal»), CIA–Agenten («The Double – Eiskaltes Duell») oder einen Obdachlosen («Time Out Of Mind»). Die Rolle des Gordon Gekko im Film «Wall Street» hat er 1987 abgelehnt, was er später bereute.
Im Broadway–Stück «Bent» hat er einen schwulen Häftling im KZ Dachau gespielt, dafür wurde er mit dem «Theatre World Academy Award» geehrt. Und im Film «Norman» verkörperte er sehr überzeugend den tragischen Absturz eines jüdischen Geschäftsmannes in New York City, für die Kritik war er damit Favorit für einen Oscar als bester Darsteller. Er hat ihn nie bekommen. Ausser einem Golden Globe für seine Rolle in «Chicago» gingen alle gängigen Hollywood–Auszeichnungen an ihm vorbei.
Von den Oscars ausgeschlossen
Nicht nur Richard Gere sieht sich seit vielen Jahren von den Oscars ausgeschlossen. 1993 war er gebeten worden, die Auszeichnung für das «Beste Szenenbild» an Luciana Arrighi und Ian Whittaker für «Wiedersehen in Howards End» zu überreichen. Gere hielt sich jedoch nicht an das Drehbuch, sondern nutzte die Bühne, um die chinesische Regierung für ihre Behandlung der Tibeter und des chinesischen Volkes zu kritisieren. Dieser Protokollbruch liess die Verantwortlichen vor Wut schäumen und zog einen jahrzehntelangen Oscar–Bann für Gere nach sich.
In einem Bericht von «The Hollywood Reporter» heisst es, dass Gere, der sich seit Jahrzehnten zum Buddhismus bekennt, ein persönlicher Freund des Dalai Lama ist und deswegen offizielles Einreiseverbot nach China hat, seinen Preis für seine Meinung zahle, «da Hollywood sich immer stärker an die autoritäre Supermacht heranschleicht und die Studios darauf achten, die Regierung, die den mittlerweile zweitgrössten Kinomarkt der Welt beaufsichtigt, nicht zu verärgern».
Gere selbst wird so zitiert: «Es gibt definitiv Filme, in denen ich nicht mitspielen kann, weil die Chinesen sagen würden: ‹Nicht mit ihm!› Vor kurzem hat mir jemand gesagt, er könne einen Film mit mir nicht finanzieren, weil das die Chinesen verärgern würde.»
So geht er seinen Weg ohne die grossen Studios, seiner schauspielerischen Leistung und seinem Ansehen hat es nicht geschadet. Er prangert Unrecht an, wo er es sieht, auch mit dem selbst gewählten Ziel «Mitgefühl zu spüren und Weisheit zu erlangen». Er versuche «selbstlos zu sein und anderen zu helfen. Das gelingt mir nicht immer, also ist mein Minimalziel, dass ich niemandem wehtue». So ein Satz macht den berühmten Schönling zu einem wahrhaft schönen Menschen.