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Filmstar mit 92 Jahren verstorben

Ruth Maria Kubitschek: Das ewige «Spatzl» aus Nordböhmen

Schauspielerin Ruth Maria Kubitschek ist mit 92 Jahren in ihrer Wahlheimat Schweiz gestorben. Unsterblich machte sie sich als «Spatzl» in der Kultserie «Monaco Franze – Der ewige Stenz». Zum 90. Geburtstag würdigte auch der Bundespräsident «den Zauber ihrer Schauspielkunst».

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Ruth Maria Kubitschek als «Spatzl» in der Kultserie «Monaco Franze».
Ruth Maria Kubitschek als «Spatzl» in der Kultserie «Monaco Franze». Imago/United Archives

Ruth Maria Kubitschek ist am Samstag (1. Juni) in ihrer Wahlheimat Schweiz gestorben. Sie war eine erfolgreiche Schauspielerin und Bestseller–Autorin. Als «Spatzl» mit dem blonden Bob und dem charmanten Lächeln kennt sie auch heute noch jeder, der Helmut Dietls (1944–2015) Kultserie «Monaco Franze – Der ewige Stenz» (1983) gesehen hat.

Ruth Maria Kubitschek floh mit den Eltern aus Nordböhmen

Ruth Maria Kubitschek kam am 2. August 1931 in Komotau (Nordböhmen/Tschechoslowakei) zur Welt. Mit ihren Eltern floh sie nach Sachsen–Anhalt (DDR), was sie bis zuletzt geprägt hatte. «Ich kann mit den Flüchtlingen überall auf der Welt mitfühlen, weil es meiner Familie und mir ja auch so ging. Wir kamen mit nichts nach Deutschland. Damals waren es auch Millionen, aus Tschechien, Polen, Ostpreussen... Deutschland hat das alles verkraftet», sagte sie in einem Interview mit spot on news.

1953 heiratete Kubitschek den Naumburger Opernregisseur Götz Friedrich (1930–2000). 1957 kam der gemeinsame Sohn Alexander zur Welt. 1962 liess sich das Ehepaar scheiden. Kubitschek verliess mit ihrem Sohn die damalige DDR.

Alexander «möchte lieber anonym leben», sagte sie in einem Interview mit der Nachrichtenagentur zu ihrem Buch «Liebeserklärung an die Natur» (2014) und erinnerte sich dabei an kleine Episoden wie diese: «Wenn ich zum Beispiel in seiner ersten Wohnung mal die Fenster geputzt habe, haben ihn andere Hausbewohner gefragt: ‹Warum putzt die Kubitschek denn bei dir die Fenster?› Ähnliches passierte uns bei seinen beruflichen Terminen als Musiker. Wenn ich zu einer Premiere im Theater in Konstanz gehen wollte, bekam ich nur eine Karte ganz hinten, damit ich nicht mit ihm in Verbindung gebracht werde. Er möchte einfach lieber anonym leben», so der Filmstar.

Von 1976 bis zu seinem Tod im Jahr 2016 war die Schauspielerin mit dem legendären Fernsehproduzenten Wolfgang Rademann (1934–2016, «Die Schwarzwaldklinik,» «Das Traumschiff») liiert. Der Tod des Lebensgefährten hatte sie schwer mitgenommen. «Als Wolfgang im Januar 2016 starb, schwamm ich ziellos durchs Leben und wusste lange nicht, wo ich ankommen würde... Er war in meinem Leben viel präsenter und grösser, als ich mir das in unserem gemeinsamen fast 40 Jahren eingestehen wollte. Ich habe wahnsinnig lang von ihm geträumt.» Diese Trauerarbeit sei nun abgeschlossen, sagte sie 2018 der Zeitschrift «Bunte», «mir geht es wieder gut».

Ihr letzter Film «Frau Ella» (2013)

Neben «Monaco Franze» gehören unter anderem auch die beiden Erfolgsserien «Kir Royal» (1986) oder «Das Erbe der Guldenburgs» (1987–1990) zu Kubitscheks Filmografie. Für ihre schauspielerische Arbeit bekam sie im Laufe ihrer langen Karriere etliche Auszeichnungen, darunter das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.

Und eigentlich hatte sie sich gerade von der Schauspielerei verabschiedet, als das Angebot für «Frau Ella» (2013) an der Seite von Matthias Schweighöfer (43) kam. Kubitschek sagte doch noch einmal zu. Es sei «eine sehr anstrengende Zeit» gewesen, erinnerte sie sich im Interview mit spot on news. «Ich hatte wahnsinnige Fussschmerzen, weil ich mir das Gelenk ausgerenkt hatte. Aber durch diese Schmerzen habe ich auch so wunderbar alt ausgesehen, ich war wirklich in der Verfassung einer alten Frau. Und Matthias Schweighöfer war wunderbar. Er hat viel Humor und ist ein toller Junge», schwärmte sie.

Anlässlich ihres 90. Geburtstages schwärmte dann Bundespräsident Frank–Walter Steinmeier (68), als er der «grossartigen Schauspielerin» 2021 gratulierte. «Sie haben über die Jahre Ihr Publikum begeistert – vielfältig und überzeugend – und sich durch Ihr Lebenswerk Respekt und Anerkennung erworben», wandte sich Steinmeier in einem Schreiben mit persönlichen Worten an sie. Unvergessen seien die Rollen der Schauspielerin als «Spatzl» in Helmut Dietls (1944–2015) Serie «Monaco Franze» und als Verlegerin in «Kir Royal». «Wir Zuschauer können Ihnen nur immer wieder aufrichtig danken für den Zauber Ihrer Schauspielkunst, für melancholische und erheiternde Stunden», erklärte der Bundespräsident.

Aufblühen in der Wahlheimat Schweiz

Zum Zeitpunkt des hochoffiziellen Dankesschreibens lebte Ruth Maria Kubitschek längst in ihrer Wahlheimat Schweiz. Anlässlich der Buchveröffentlichung «Anmutig älter werden» vor zehn Jahren, erzählte sie vom grossen Umbruch in ihrem Leben und dem Umzug in die Alpenrepublik mit 60 Jahren:

«Mein Leben fing eigentlich erst mit 60 Jahren an. Ich hatte bis dahin so viel Gepäck auf meine Schultern geladen – sowohl äusserlich als auch geistig. Jeder Schmerz, jede Verletzung kam immer wieder hoch. Also habe ich alles, was ich bis zu meinem 60. Lebensjahr zusammengerafft habe, losgelassen. Ich habe meine Wohnung in München aufgegeben, alle Möbel verschenkt und bin in die Schweiz. Das war eine tolle Erfahrung. Von da an wurde ich auch richtig schöpferisch. Ich habe viel gemalt und meine Bücher geschrieben. Zudem hat mich die Katastrophe von Tschernobyl [1986] wachgerüttelt. Ich habe Märchen geschrieben und die Kostbarkeit jeder Blume und jeden Baumes in den Mittelpunkt gestellt. Mit 65 habe ich dann schliesslich gemeinsam mit einer Freundin den Garten geschaffen als Dankeschön an die Erde.» Dort stehen vermutlich auch heute noch ihre «zwei italienischen Zitronenbäumchen», die nach zwei «tollen Schauspielerinnen benannt wurden: Sophia Loren ist etwas grösser, Gina Lollobrigida dafür etwas robuster».

In diesem Gespräch erzählte Kubitschek auch von ihrer spirituellen Einstellung zum Sterben und dem, was ihrer Ansicht nach danach kommt. «Ich denke, dass wir so lange auf die Erde kommen müssen, bis wir eben vollkommen geworden sind. Dass wir alles, was wir jetzt verursachen, im nächsten Leben austragen müssen [...] Ich glaube, du bekommst nur das im Leben aufgebürdet, was du auch ertragen kannst.»

Von SpotOn am 2. Juni 2024 - 19:46 Uhr