Wie geht es eigentlich Sandra? Sie wissen schon: die Popsängerin Sandra, die vor noch nicht einmal 37 Jahren einen Welthit hatte, der einem einfach nicht mehr aus den Ohren ging: «Maria Magdalena». Wer könnte das vergessen?
Dieser Sandra geht es blendend, nicht nur, weil sie am 18. Mai ihren 60. Geburtstag feiert. «Die 50» wären ihr zwar lieber, hat sie gutgelaunt der «Bild am Sonntag» gesagt. Doch eigentlich sei es ihr «vollkommen egal. Es gibt keinen Unterschied zwischen meinem 40., 50. und 60. Geburtstag. Ich fühle mich auch viel jünger.»
Auf ihrer Website ist sie auch schon wieder ganz - pardon! - die Alte. Da sehen wir eine Sandra in Action - wie früher. Wilde Mähne, schwarzer Lidstrich wie eine rätselhafte altägyptische Schönheit, auch wie früher.
Comeback in Planung
Sandra hat auch Aktuelles anzukündigen: Sie geht demnächst mit Thomas Anders (59) auf USA-Tournee und hat u.a. Auftritte in New York, Chicago, Los Angeles und Houston. Dem schliessen sich Shows in Madrid, Craiova (Rumänien), Bratislava (Slowakei), Dortmund und Düsseldorf an. Und sie hat «Pläne, in den nächsten ein bis zwei Jahren neue Musik zu veröffentlichen».
Dann wendet sie sich (auf ihrer Website) in perfektem Französisch an ihre Fans im Nachbarland und stellt klar, dass sie nichts mit irgendeinem Revival-Festival in Frankreich zu tun habe. Sie ist also auch in Frankreich eine Grösse. Tatsächlich ist Sandra ein deutsch-französischer Star, denn sie besitzt einen französischen Pass, weil ihr Vater Franzose war.
Geboren wurde sie als Sandra Ann Lauer in Saarbrücken, da hat man per se französisches Lebensgefühl im Blut. Bei Sandra war es die grosse Liebe zur Musik. Bereits mit zwölf siegte sie bei einem Gesangswettbewerb für Kinder, der Musikproduzent George Roman nahm daraufhin mit ihr die Single «Andy, mein Freund» auf, eine Liebeserklärung an einen Hund. Mehr Aktivitäten untersagten die Eltern mit dem Hinweis, das Kind müsse erst einmal die Schule fertig machen.
Sandras erste Band: Durchbruch in Japan und Korea
Dann aber mit 16, nach dem Schulabschluss, war es soweit: Sandra wurde Leadsängerin der Mädchengruppe Arabesque, ihre Vorgängerin war wegen Schwangerschaft ausgefallen. Diese Band hatte einen Mega-Erfolg, von dem in Deutschland kaum jemand etwas mitbekam. In Japan und Korea feierten bis zu 40.000 Menschen ihre Live-Shows, «in Deutschland waren es bei Disco-Auftritten vielleicht 30, von denen uns die Hälfte noch den Rücken zeigte», erzählte Sandra später.
Jedenfalls haben die drei Mädchen von Arabesque allein in Japan 13 Alben und 30 Singles veröffentlicht und sieben Millionen Tonträger verkauft. Und in Deutschland - nichts! Sandra beschloss den Ausstieg bei Arabesque. «Da hab ich dann den Vertrag gekündigt und gesagt, ich will solo-mässig was machen, auf Englisch. Und da haben die Mädels mich ausgelacht und gesagt, das wird nichts, man verlässt keine Band, du wirst nie erfolgreich. Und dann kam ‹Maria Magdalena›, und damit hab ich dann die Welt erobert», erinnerte sich Sandra im NDR.
Das war 1985, Sandra war 23. Sie hatte sich in den fünf Jahre älteren Keyboarder von Arabesque verliebt, Michael Cretu (64), ein hochbegabter Musiker mit rumänischen Wurzeln, der später ein grosser Komponist und Produzent werden sollte und auch mit Grössen wie Peter Schilling (66), Nicki (55) oder Juliane Werding (65) arbeitete.
Der grosse Hit: «Maria Magdalena»
Michael Cretu schrieb ihr mit seinem Kumpel Hubert Kah (61), einem Star der Neuen Deutschen Welle («Sternenhimmel»), den Song «(I'll never be) Maria Magdalena», wobei Hubert Kah im Background sang. Das Lied handelt von einem Mädchen, das nicht wie Maria Magdalena, werden könne und wolle.
Der Song wurde in über 30 Ländern ein Hit, u.a. 20 Mal die Nummer Eins - nur nicht in Deutschland. «Die im Fernsehen und Radio, die wollten mich nicht», sagte Sandra im NDR-Gespräch. «Aber dann kamen im Sommer die deutschen Urlauber aus Griechenland, Italien, Frankreich oder Spanien zurück und hatten dort meinen Song gehört. Diese Urlauber haben in Deutschland die Leute in den Musikgeschäften verrückt gemacht und immer wieder gefragt: ‹Wo kann man Maria Magdalena kaufen?› Erst dann bekam ich TV-Shows, und dann ging's richtig ab! Vier Wochen später war ich auch in Deutschland Nummer Eins.»
Es blieb nicht bei diesem einen Erfolgshit. Sandra legte nach mit Titeln wie «In The Heat Of The Night», «Hi Hi Hi» , «Everlasting Love», «Innocent Love», «Loreen», «Midnight Man» oder «Hiroshima». Sie war von 1985 bis 1993 der Star im Fernsehen, Radio und in der «Bravo» und gehörte deshalb zu den erfolgreichsten deutschen Popkünstlerinnen.
Was weniger bekannt ist: Michael Cretu hat 1990/91 auch das New-Age-Projekt «Enigma» auf den Weg gebracht, einen Welterfolg, Nummer Eins in 41 Ländern (z.B. in England). Auch da sang im Hintergrund Sandra.
Mehr Tonträger verkauft als Nena
Über 33 Millionen Tonträger hat sie verkauft, also wesentlich mehr als beispielsweise Nena (62) oder Sarah Connor (41), doch komme es ihr vor, dass Deutschland sie «vergessen» habe, wie sie bereits anlässlich ihres 50. Geburtstages in der Talkshow von Markus Lanz (53) sagte.
Vielleicht lag es auch daran, dass sie, seit 1988 mit Michael Cretu verheiratet, 1995 Mutter von Zwillingen wurde und sich «komplett» ihren Söhnen widmen wollte. Als die flügge wurden, fing Sandra wieder an zu arbeiten. An die grossen Erfolge in Deutschland konnte sie nicht mehr anknüpfen, doch im Osten füllte sie die Hallen und Stadien. In Russland, Polen, Usbekistan, in der Ukraine.
Das erfuhren auch ihre Söhne, die nicht viel davon mitbekommen haben, dass die Mama ein grosser Star war, in ihrem englischen Internat. Dort sagten ihnen russische Mitschüler ehrfürchtig: «Eure Mutter ist bei uns berühmter als Madonna!»
Die Ehe mit Michael Cretu wurde 2008 geschieden. 2010 heiratete sie erneut, Trennung 2014. Sie lebte zurückgezogen in ihrem Haus auf Ibiza, wo ihr langsam die «besoffenen Engländer» und die vielen Partys «auf den Senkel» gingen, wie sie 2018 dem «Stern» verriet. Zum Glück hat sie noch eine Wohnung in München.