Einmal mehr erobert Iris Berben (72) den Laufsteg. Bei der Pariser Modewoche lief die Schauspielerin am Sonntagabend bei der fünften Laufstegshow «Le Défilé L'Oréal Paris» über den Catwalk. Gemeinsam mit Rebecca Mir (30), Jacob Rott (22) und vielen mehr feierte Berben in der École Militaire, im Herzen von Paris, das Empowerment von Frauen. Im Interview erklärt Berben, welche Frauen bis heute ihre grossen Vorbilder sind und warum eine Model-Karriere für sie nie in Frage kam.
Liebe Frau Berben, es ist nicht das erste Mal, dass Sie auf dem Laufsteg zu sehen sind. Geniessen Sie diese Ausflüge ins Model-Geschäft?
Iris Berben: Es ist wie ein grosser Kindergeburtstag. Ein Zusammentreffen vieler, unterschiedlicher Frauen, die extrem lustig und gut gelaunt sind. In der Tat ist es wie ein Ausflug, bei dem es für ein paar Minuten einfach darum geht, zu bestehen - für mich ein absoluter Spassfaktor.
Wie nervös sind Sie vor dem Gang auf dem Laufsteg?
Berben: Am Anfang war ich schon sehr nervös. Ich fragte mich: «Wie soll das alles funktionieren?» Denn es ist deutlich anders als in der Schauspielerei, alles ist ganz genau getaktet. Mit der Zeit wird es aber immer entspannter. Einerseits, weil man umgeben von Profis ist, aber auch, weil einen das Publikum so toll trägt. Das eine Mal, wo ich für L'Oréal Paris beim «Le Défilé» in Frankreich mit dabei sein durfte, war so unglaublich leicht und entspannt. Dort konnte ich erleben, wie einen das Publikum quasi mitzieht und die Nervosität komplett von einem abfällt.
Hatten Sie je mit dem Gedanken einer Model-Karriere gespielt?
Berben: Nein, das war irgendwie noch nie mein Weg. Ich benötige andere Inhalte, ich muss mich anders mit dem Leben auseinandersetzen. Ich brauche und liebe das Erarbeiten verschiedener Rollen und Lebensbilder. Die Modelwelt - wie ich sie in den jungen Jahren erlebte - war mir einfach zu kurzlebig. Auch war die Filmerei schon so früh an meiner Seite, dass ich gar nicht auf den Gedanken kam, eine Model-Karriere zu beginnen. Aktuell geniesse ich es als Ergänzung, ab und zu kleine Schritte in die Modelwelt zu setzen und dennoch der Schauspielerei rundum treu zu bleiben.
Schönheit ist keine Frage des Alters, wann fühlen Sie sich selbst am schönsten?
Berben: Ich denke, wenn man glücklich ist, fühlt man sich auch am schönsten. So geht es mir zumindest. In den Momenten, in denen ich mir meinen Privilegien - wie ich lebe, dass ich einen Beruf habe, für den ich geliebt werde, dass ich gesund bin, dass ich stetig neuen Herausforderungen begegnen darf - bewusst bin, bin ich glücklich. Diese Zufriedenheit lässt mich schön fühlen. Die Tatsache, immer wieder in andere Figuren schlüpfen zu können und mich mit der Diversität an Menschen und Lebensformen auseinandersetzen zu können, gibt mir Kraft und macht den Geist sehr weit. Es ist ein Privileg, so leben zu können.
Was war das schönste Kompliment, das Sie je bekommen haben?
Berben: Ich habe in meinen 72 Jahren extrem viele Komplimente verschiedenster Art bekommen. Das ist natürlich auch immer ein sehr schöner Push. Aber ich glaube, das schönste Kompliment ist es, wenn Menschen sagen, dass man sie inspiriert. Wenn man ihnen in gewisser Art und Weise ein Leuchtturm ist, ein Vorbild und dadurch das Gefühl erlangt, den richtigen und einen guten Weg zu gehen. Einen Weg, der bedeutsam für einen selbst ist und ebenso sichtbar für andere.
Mit der mittlerweile fünften Laufstegshow «Le Défilé» feiert L'Oréal Paris einmal mehr weibliches Empowerment - was genau ist Female Empowerment für Sie?
Berben: Wir müssen weiter fordern, wir müssen uns die gleichen Möglichkeiten schaffen, die für Männer existieren. Es muss möglich sein, Familie zu gründen und trotzdem einem Beruf nachzugehen. Und auch die ungleiche Bezahlung ist immer noch ein ganz grosses Thema. Wir müssen einen Punkt erlangen, an dem alle unsere Forderungen nicht mehr durch Quoten erkämpft werden müssen, sondern in dem Verständnis und dem Miteinander einer Gesellschaft vollständig integriert sind. L‹Oréal Paris unterstützt genau diesen Ansatz und greift aktiv Themen auf, die für alle Frauen unabhängig des Alters wichtig sind. Es war für mich unglaublich spannend, als ich anfing, gemeinsam mit Helen Mirren, Jane Fonda und Andie MacDowell erste Spots für das Unternehmen zu drehen, die Frauen weltweit sichtbar machten. Frauen zu zeigen, auch über eine Altersgrenze von 20 Jahren hinweg - da ist L›Oréal Paris ein grosser Vorreiter und ein grosser Komplize, den wir alle an unserer Seite haben. Die Marke nimmt Themen auf, bringt sie an die Öffentlichkeit und zeigt bei Veranstaltungen wie dem Le Défilé in Paris ein Bild von Frauen, das sich quer durch die Gesellschaft zieht. Und das ist wichtig!
Was zeichnet Ihrer Meinung nach eine starke Frau aus?
Berben: Individualität. Unverwechselbarkeit. Selbstbestimmung. In meinen Augen ist eine starke Frau eigenwillig und eigensinnig und versucht auch bei einer Kraft an Widrigkeiten, nicht einzuknicken. Wir alle wissen, dass unser Leben voller Kompromisse ist, aber wir müssen sehr genau überlegen, wo und an welchen Punkten wir diese eingehen möchten. Diese Entscheidung selbstbestimmt treffen zu können, zeichnet für mich eine starke Frau aus.
Was würden Sie als Ihre grösste Stärke bezeichnen?
Berben: Ich kann sehr gut aushalten und durchhalten. Diese Stärke hilft mir dabei, meinen eigenen Weg zu gehen und meinen Werten treu zu bleiben.
Welche Frauen sind bis heute Ihre grossen Vorbilder?
Berben: Es fällt mir immer schwer, ein konkretes Vorbild zu benennen. Wenn es um das Thema Selbstbestimmung geht, ist es allerdings eindeutig meine Mutter. Sie ist ein sehr selbstbestimmter Mensch gewesen und hat dies in einer Zeit verkörpert und gelebt, die absolut unpopulär dafür war. Und genau aus diesem Grund wird sie mir immer ein extrem starkes Vorbild sein. Ansonsten haben mich Persönlichkeiten aus dem Film oder der Literatur inspiriert - Frauen wie Simone de Beauvoir, die uns neue Frauenfiguren vorlegten. Für mich werden immer Frauen als Vorbilder fungieren, die in einer anderen Zeit lebten und Frauenbilder in die Welt brachten, die wir noch heute partizipieren und verteidigen müssen. Mit jeder Generation gibt es neue Widrigkeiten, denen es sich zu stellen gilt und neue Dinge, welche erarbeitet werden müssen. Hier bauen wir auf den Stärken der Frauen aus der Vergangenheit kontinuierlich auf.