«Lost in Translation»–Regisseurin Sofia Coppola (52) erzählt in ihrem neuen Biopic «Priscilla» die Geschichte der grossen Liebe zwischen der jungen Priscilla Beaulieu (78) und der Rock‹n›Roll–Legende Elvis Presley (1935–1977). Doch anders als in Baz Luhrmanns (61) breitangelegten Werk «Elvis» aus dem Jahr 2022 steht in Coppolas intimerem, ruhigeren und präziser beobachteten Film ganz die Erlebniswelt der späteren Priscilla Presley im Vordergrund – mit allen Abgründen, die sich dadurch auftun. Die Independent–Produktion ist durchgängig aus ihrer Perspektive erzählt.
Regisseurin Coppola berichtet im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news von Geheimnissen, die ihr die echte Priscilla Presley über ihren verstorbenen Ehemann verraten hat, wie sie den speziellen visuellen Stil von «Priscilla» fand, und welche besonderen Umstände die Produktion begleitet haben.
Frau Coppola, was hat Sie an der Buchvorlage, den Memoiren «Elvis and Me» von Priscilla Presley, und der Geschichte der echten Priscilla fasziniert? Warum wollten Sie gerade diese Geschichte erzählen?
Sofia Coppola: Ich interessierte mich einfach für diese Zeit und die Rollen der damaligen Frauen und war gleichzeitig überrascht, wie wenig ich über diese so berühmte Figur wusste. Daher fand ich es interessant, ihre Erlebnisse zu entdecken, die selbstverständlich von aussen wie ein amerikanischer Traum wirkten. Ich wollte die menschliche Seite und auch die dunkle Seite darin finden.
Sie haben erklärt, dass sie nicht zwei Darstellerinnen für Priscilla Presley casten wollten – einmal als Teenagerin, und dann später in ihren Zwanzigern. Inwiefern war Cailee Spaeny also die richtige Besetzung für die Hauptrolle in «Priscilla»?
Coppola: Das ist richtig. Es ist erstaunlich, wie jung Cailee aussehen kann. Sie ist Mitte 20, aber ich dachte, sie hat einfach so ein Babyface, doch zugleich eine Reife und Tiefe, sodass sie die Verwandlung wirklich auf glaubhafte Weise durchmachen konnte.
Was waren Ihre Einflüsse oder Mittel zur Schaffung des einzigartigen visuellen Stils von «Priscilla»? In der «Vogue» haben Sie etwa berichtet, dass Sie sich vor Start der Dreharbeiten zur Inspiration Fotografien von William Eggleston angesehen haben?
Coppola: Ja, er ist einer meiner Lieblingsfotografen und schoss zu dieser Zeit Bilder im Süden, also kam es mir als Erstes in den Sinn, seine Fotos anzusehen. Ich liebe einfach die Farbe dieser Epoche und die spezielle Art und Weise, wie sich Menschen in Farbtönen kleideten, die man heutzutage gar nicht mehr sieht. Auch die Farben der Autos. Es hat einfach wirklich geholfen. Und er schoss eine Fotoserie in Graceland, die Details wie die Vorhänge oder kleine Figuren in dem Anwesen zeigt. An diese Fotos habe ich also für die Eröffnungssequenz gedacht – und generell immer dann, wenn es um Graceland ging.
Was war Ihnen bei der Auswahl der Kostüme und Kleider für «Priscilla» besonders wichtig? Warum haben Sie sich beispielsweise für Chanel und Valentino entschieden?
Coppola: Das geschah, weil wir ein kleiner Low–Budget–Film waren. Wir brauchten jede Hilfe, die wir kriegen konnten. Also sagte Stacey [Battat], die Kostümdesignerin: «Glaubst du, wir können Chanel um Hilfe bitten?» Denn ich bin mit dem Designer befreundet. Das Hochzeitskleid ist auch solch ein grosser, bedeutender Moment, und sie haben ein unglaubliches Couture–Studio mit jeder Art von Spitze. Ich wusste also, dass sie etwas Wunderschönes herstellen würden, also fragte ich sie, ob sie für uns eine Interpretation des Hochzeitskleides anfertigen würden. Chanel unterstützt gerne Filme, und es war grossartig, das zu haben.
Valentino stellt dagegen Männerkleidung her und hat einige wunderschöne Anzüge und Kleidungsstücke für Jacob Elordi angefertigt. Das hat sehr zum Look des Films beigetragen.
In einigen Rezensionen Ihres neuen Films steht, dass der Grössenunterschied zwischen Ihren beiden Stars Jacob Elordi und Cailee Spaeny das Machtungleichgewicht zwischen den beiden Figuren symbolisiert und Elvis' Verhalten, das gelegentlich ans Raubtierhafte grenzt. War das Ihre Absicht bei der Besetzung von Jacob Elordi?
Coppola: Nein, ich habe ihn nicht wegen seiner Grösse besetzt. In Wahrheit habe ich ihn wegen seiner Fähigkeiten und seiner Persönlichkeit gecastet. Er besitzt Eigenschaften, die ich in der Figur zeigen wollte, ist so charismatisch und hat auch eine sensible Seite, von der ich wusste, dass sie die verletzliche Seite von Elvis zeigen konnte.
Es stellte sich dann heraus, dass er sehr gross ist und sie sehr klein. Als wir die zwei Darsteller zusammenbrachten, war es eine Herausforderung, sie zu filmen. Und ich denke tatsächlich, dass es letztlich eine physische Erinnerung an die Geschichte und die Dynamik zwischen ihnen ist. Ich glaube, man versucht einfach, alles zu seinem Vorteil zu nutzen. Am Ende benutzt du alles, was du nutzen kannst.
Priscilla Presley wird als ausführende Produzentin des Films aufgeführt. Können Sie uns bitte etwas über ihre Rolle in der Produktion erzählen? Hat sie etwa das Set besucht oder war am Schreibprozess beteiligt?
Coppola: Sie hat mir erlaubt, ihre Geschichte zu adaptieren. Ich schrieb dann das Drehbuch. Sie las es anschliessend, gab mir Feedback und beantwortete Fragen.
Doch bei all dem hat sie mir wirklich den Raum gegeben, den Film so zu machen, wie ich es wollte. Das Set hat Priscilla Presley nicht besucht. Sie wollte uns nicht nervös machen und schaute uns nicht beim Drehen über die Schulter, sondern wollte mir unbedingt meinen Freiraum geben.
Den Film zeigte ich ihr, als er fertig war, und das hat sie wirklich sehr berührt. Sie hatte das Gefühl, dass er wirklich zeigt, wie ihr Leben war. Mir war das so wichtig.
Gab es auch sehr überraschende oder unerwartete Dinge, die Sie von Priscilla Presley erfahren haben? Etwa etwas, das gar nicht in ihrem Buch erwähnt wurde, oder einen speziellen Moment, der Sie erstaunt hat?
Coppola: Beim Lesen ihres Buches habe ich mich exakt so gefühlt – ich habe so viele verschiedene Dinge durch ihre Memoiren herausgefunden. Aber ja, sie hat mir auch ausführlich von Details berichtet, keinen Schockierenden, aber kleinen Details, die ich in den Film eingebaut habe, wie zum Beispiel, dass Elvis die Dialoge aus alten Filmen auswendig konnte. Ich wollte zeigen, dass er wirklich ein ernsthafter Schauspieler werden wollte. Das fand ich wichtig.
Diese spezielle Szene aus «Priscilla» stammt nicht aus Priscilla Presleys Memoiren?
Coppola: Ich glaube, der Kinobesuch findet sich so nicht im Buch. Das hat sie mir erzählt. Und ich hatte das Gefühl, das wäre eine schöne Möglichkeit, sowohl den Beginn ihrer Beziehung zu zeigen als auch seine echten künstlerischen Ambitionen.
Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie erfuhren, dass Sie für «Priscilla» keine Originallieder von Elvis Presley verwenden dürfen? Hat Sie das gezwungen, Ihre Pläne zu ändern oder vielleicht sogar das gesamte Projekt infrage zu stellen?
Coppola: Nein, ich wusste die ganze Zeit über, dass sie die Marke Elvis und die geschäftliche Seite stark beschützen. Bei Projekten, in die der Nachlass nicht involviert ist, besteht die Möglichkeit, keine Erlaubnis dafür zu erhalten, seine Musik zu benutzen. Das war mir also immer klar. Ich dachte allerdings, es würde vielleicht klappen, weil Priscilla Presley als Produzentin beteiligt ist. Als wir dann herausfanden, dass es nichts werden würde, mussten wir einfach kreativer darin werden, die Welt aufzubauen. Wir konzentrierten uns dann mehr auf sie.