«Mit Start der EM und den Fans im Rücken hat sich Deutschland zum echten Favoriten aufs Finale gemausert», freut sich Fussballerin Svenja Huth (33) am Rande eines Pressevents von Amazon Ring. Huth hat Mitte März ihren Rücktritt aus der Frauen–Nationalmannschaft verkündet – nach 88 Länderspielen und 14 Toren für Deutschland sowie erfolgreicher Qualifikation für das anstehende Olympische Fussballturnier in Paris.
Gemeinsam mit dem Schiedsrichter Harm Osmers (39) diskutierte sie vor dem spannenden Spiel der Österreicher gegen die Niederlande unter anderem zum Thema Videobeweis, der auch im Laufe des Turniers bereits mehrfach zum Einsatz gekommen ist. «Ich glaube, dass der VAR seine Berechtigung hat, aber es noch Verbesserungspotenzial in Sachen Transparenz gibt», so die 33–Jährige.
Die Schiedsrichter bei der EM scheinen souveräner mit dem VAR (Video Assistant Referee) umzugehen als in der Bundesliga. Woran liegt das in Ihren Augen?
Svenja Huth: Wenn ich ehrlich bin, ist mir das bisher noch gar nicht so aufgefallen. (lacht) Ich glaube, dass der VAR seine Berechtigung hat, aber es noch Verbesserungspotenzial in Sachen Transparenz gibt. Ein paar Regeländerungen bei der EM, zum Beispiel, dass nur Kapitäne mit dem Schiedsrichter sprechen können, halte ich für einen guten Schritt in die richtige Richtung – das hilft dem Schiedsrichter vielleicht auch bei der Arbeit mit dem VAR.
Welche zusätzlichen Szenen sollten Ihrer Meinung nach vom Video–Schiri überprüft werden, beispielsweise auch Gelbe Karten oder Ecken?
Huth: Auf dem Event von Ring zum Videobeweis im Fussball und zu Hause hat auch Bundesliga–Schiedsrichter Harm Osmers den VAR nochmal erläutert. Er hat gesagt, dass der VAR bei genau vier Situationen einschreiten soll. Wenn wir jetzt noch Gelbe Karten oder Ecken dazunehmen würden, würde es sich negativ auf den Spielfluss auswirken. Der Fussball ist und bleibt auch Fehlersport – ob bei den Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern, Fussballerinnen und Fussballern oder Trainerinnen und Trainern. Und in meinen Augen lebt er auch davon.
Könnten Sie sich vorstellen, nach der aktiven Zeit als Fussballerin eine zweite Karriere als Schiedsrichterin einzuschlagen?
Huth: Ich habe grossen Respekt vor allen Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern und finde es auch wichtig, dass der Nachwuchs gefördert wird. Ich glaube aber nicht, dass ich nach meiner aktiven Karriere nochmal auf dem Platz stehe. Und dazu zählt auch der Job als Schiedsrichterin.
Bei der EM dominieren aktuell die grossen Teams wie Frankreich, Spanien, Portugal, Deutschland das Geschehen. Für Sie eine Überraschung oder erwartbar?
Huth: Für Deutschland waren die letzten Jahre nicht leicht und auch wenn wir in den letzten Spielen das Feuer für die Nationalmannschaft ein wenig entfachen konnten, war das Spiel der Männer noch nicht perfekt. Aber wir sehen, was eine EM auslösen kann. Frankreich, Spanien und Portugal waren schon erwartbar und mich freut es, dass Teams wie Österreich bisher eine super Vorrunde gespielt haben.
Das deutsche Team steht nach guten Leistungen im Achtelfinale. Hat es das Zeug zum Turniersieg?
Huth: Die Qualität im Kader ist auf jeden Fall da, um um den Titel mitzuspielen. Mit Start der EM und den Fans im Rücken hat sich Deutschland zum echten Favoriten aufs Finale gemausert.
Welcher deutsche Spieler überzeugt Sie bislang am meisten?
Huth: Es ist schwer, da einen einzelnen herauszupicken. Musiala und Wirtz machen es sehr gut, Füllkrug von der Bank ist enorm stark. Über Toni Kroos brauchen wir nicht reden. Aber mich freut es auch für Ilkay Gündogan, dass er durch seine Leistung jetzt die Anerkennung bekommt, die er schon längst verdient gehabt hätte.
Wie verfolgen Sie die EM? Zu Hause auf dem Sofa, live im Stadion oder beim Public Viewing?
Huth: Es ist eine gesunde Mischung aus allem. Ich durfte vergangene Woche in Stuttgart bei unserem Spiel gegen Ungarn dabei sein. Ein Riesen–Erlebnis!
Einige Fussballerinnen sind bei der Herren–EM als Expertinnen im Einsatz. Wie bewerten Sie ihre Kommentare?
Huth: Ich finde es gut, dass wir auch Expertinnen dabeihaben und kenne die meisten natürlich sehr gut. Alle machen es prima.
Sie sind Anfang des Jahres aus der Nationalmannschaft zurückgetreten. Kommen beim Anblick der Herren–DFB–Elf nostalgische Gedanken auf?
Huth: Natürlich denke ich total gerne an meine lange Zeit beim DFB zurück. Ich konnte unglaublich viele Erfahrungen sammeln und als Spielerin und Mensch reifen. Dafür bin ich dankbar. Jetzt fiebere ich als Fan mit – natürlich für alle Nationalmannschaften und freue mich auf alles, was künftig auf mich wartet.