Das Kunstwort «Cybergrooming» beschreibt Aktivitäten zumeist erwachsener Täter im Internet, die gezielt sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen vorbereiten. Bei den Kriminellen handelt es sich oft um ältere Männer, die sich in sozialen Netzwerken den Opfern gegenüber zunächst als gleichaltrig ausgeben und dabei mit falschen Profilen arbeiten. Im «Tatort: Avatar» geht der Täter besonders perfide vor: Der Familienvater schreckt nicht davor zurück, Bilder und Videos seines jugendlichen Sohnes zu nutzen, um seine Fake–Identität aufzubauen.
Cybergrooming über digitale Kanäle stellt häufig nur die Vorstufe zu Missbrauchsdelikten in der realen Welt dar. Nachdem den Opfern falsche Vorstellungen von ihrem Gegenüber vermittelt wurden, werden schliesslich Treffen ausserhalb der Chatforen eingefädelt. In manchen Fällen werden Kinder und Jugendliche dazu gebracht, pornografisches Bildmaterial von sich anzufertigen und dem Täter zu schicken. Dieses Material nutzen die Übeltäter im nächsten Schritt häufig, um ihre Opfer damit zu erpressen: Sie drohen damit, die bereits gelieferten Bilder zu veröffentlichen und fordern von den Betroffenen weitere Aufnahmen.
Cybergrooming: Dunkelziffer ist extrem hoch
Das tatsächliche Ausmass von Cybergrooming lässt sich nicht erfassen. Abgesehen davon, dass den minderjährigen Opfern der sexuelle Missbrauch in manchen Fällen gar nicht bewusst wird, werden viele Delikte nicht bekannt, weil sich die Betroffenen aus Scham nicht an ihre Eltern oder andere Erwachsene wenden. Offiziellen Angaben zufolge wurden in der bundesweiten Kriminalstatistik im Jahr 2022 insgesamt 2331 Fälle erfasst, «bei denen Täterinnen und Täter über das Internet auf Kinder oder Jugendliche eingewirkt haben, um einen sexuellen Missbrauch vorzubereiten». Die Dunkelziffer solcher Taten müsse jedoch als weitaus grösser eingeschätzt werden.
So können Eltern ihre Kinder schützen
Die Polizeiliche Kriminalprävention rät Eltern, die einen Fall von Cybergrooming vermuten oder entdecken, möglichst umfassend Beweismittel für das Delikt zu sichern. Dazu gehört vor allem die Dokumentation des erfolgten Chat–Verlaufs und eine Sicherung der versendeten Bilder und Videos. Parallel dazu sollten sich die Erziehungsberechtigten umgehend an eine örtliche Polizeidienststelle wenden, um den Täter auf dem jeweiligen digitalen Kanal zu blockieren und seinen Account löschen zu lassen. Die weiteren Schritte zur Ermittlung der dahinterstehenden Person liegt danach in den Händen erfahrener Spezialisten. Den betroffenen Familien wird dazu geraten, auch weitergehende Hilfe anzunehmen. Hierfür gibt es zahlreiche Opferberatungsstellen, die Kinder und Eltern dabei unterstützen, das Erlebte zu verarbeiten und zukünftig weitere Attacken zu verhindern.