Im Dresdner «Tatort: Was ihr nicht seht» bringt der Serienvergewaltiger Jan Oschatz (Felix Vogel, 33) K.o.–Tropfen auf besonders perfide Weise zum Einsatz. Statt sie seinen Opfern in Clubs oder Bars ins Glas zu kippen, verschafft sich der Mitarbeiter eines Objektschutzdienstes Zugang zu ihren Wohnungen und präpariert dort Getränke mit den sedierend wirkenden Stoffen. So stellt er sicher, bei seinen Vorbereitungen nicht beobachtet oder gefilmt zu werden und minimiert zudem das Risiko, auf frischer Tat ertappt zu werden.
Auch wenn die Täter in der Realität meist nicht derartig raffiniert vorgehen, werden sie dennoch nur selten für ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen. Dies hat vielfältige Gründe.
Strafrechtliche Verfolgung von K.o.–Tropfen–Delikten schwierig
Zum einen können sich Opfer nach ihrem Erwachen häufig nicht mehr an den sexuellen Übergriff oder den Tathergang erinnern, womit sich ein strafrechtlicher Nachweis der Tat schwierig gestaltet. Da K.o.–Tropfen oft in Kontexten verabreicht werden, in denen auch andere Rauschmittel wie Alkohol oder «normale» Partydrogen im Spiel sind, ist den Betroffenen nicht selten gar nicht bewusst, mit solchen Substanzen betäubt worden zu sein.
Selbst wenn ihnen klar ist, Opfer einer K.o–Tropfen–Attacke geworden zu sein, hindert sie manchmal ihr Schamgefühl – verbunden mit massiven Erinnerungslücken – daran, zur Polizei zu gehen. Überwinden sie sich zu diesem Schritt, kann es ihnen passieren, von den Beamten mit ihren verschwommenen Schilderungen nicht ernst genommen zu werden, da diese von einem übermässigen Alkohol– oder Drogenkonsum ausgehen. Ein weiteres Problem bei der strafrechtlichen Verfolgung solcher Delikte besteht darin, dass der gerichtsmedizinische Nachweis der als «K.o.–Tropfen» infrage kommenden Substanzen schwierig und nach einer kurzen Zeit kaum noch möglich ist.
Organisationen, die sich der Hilfe von Opfern solcher K.o.–Tropfen–Delikte verschrieben haben, wie «Weisser Ring» oder die Initiative «K.O.–Tropfen – Nein Danke!», weisen darauf hin, dass es keine verlässliche Statistik darüber gibt, wie viele Menschen jährlich Opfer von Vergewaltigungsdrogen werden. In vielen Bundesländern werden solche Verbrechen in den offiziellen Polizeiberichten nicht gesondert aufgeführt. Zudem sei davon auszugehen, dass bei solchen Taten die Dunkelziffer extrem hoch liege.
Was ist in den K.o.–Tropfen drin?
In Medienberichten ist zumeist unspezifisch von K.o.–Tropfen die Rede. Bei den in Vergewaltigungsfällen zum Einsatz kommenden Flüssigkeiten kann es sich jedoch um eine grosse Bandbreite von meist farb– und geruchlosen Substanzen handeln.
In früheren Jahren wurde häufig das als Narkose– oder Schlafmittel verwendete Medikament Rohypnol verwendet. Es beinhaltet den Wirkstoff Flunitrazepam aus der Gruppe der Benzodiazepine. Auch im «Tatort: Was ihr nicht seht» wird dieses Betäubungsmittel im Blut des Opfers Sarah Monet nachgewiesen.
Da dieser Wirkstoff jedoch schwer zu beschaffen und zudem relativ gut im Blut nachzuweisen ist, greifen die Täter mittlerweile in der Regel auf andere Mittel zurück. In einem Grossteil der Fälle kommt heute das Narkosemittel GHB (Gammahydroxybuttersäure) zum Einsatz, oft auch in seiner chemischen Vorstufe GBL (Gammabutyrolacton). Während GBL seit 2002 unter das Betäubungsmittelgesetz fällt, ist der Besitz von GBL, das unter anderem als Lösungsmittel in der chemischen Industrie verwendet wird, bisher weiterhin legal. Beide Stoffe sind in Clubs auch als Partydroge (unter den Namen «G» oder «Liquid Ecstasy») verbreitet, da sie in geringerer Dosierung euphorisierend und enthemmend wirken.
Zu den weiteren Substanzen, die als K.o.–Tropfen zum Einsatz kommen können, zählen das Narkosemittel Ketamin oder weitere Beruhigungsmittel und Psychopharmaka aus der Gruppe der Benzodiazepine wie Alprazolam (Handelsname Xanax), Diazepam (Handelsname Valium).
Wie kann man sich vor K.o.–Tropfen schützen?
Polizei und Opferschutzorganisationen fordern eindringlich dazu auf, in Kneipen und Clubs niemals Getränke unbeaufsichtigt stehen zu lassen und sich von Fremden keine Getränke von der Bar mitbringen zu lassen. Wer den Eindruck hat, Opfer einer K.o.–Tropfen–Attacke geworden zu sein, solle sich umgehend an die Polizei wenden und die Tat zur Anzeige bringen. Nur durch eine Anzeige werde es möglich, Täter zu ermitteln und mögliche weitere Opfer vor Schaden zu bewahren. Unterstützung und Hilfe für Betroffene bieten auch die örtlichen Frauennotrufe und Beratungsstellen.