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Der Profifussballer im Interview

Timo Baumgartl: Nach seiner Krebsdiagnose half reden - und lachen

Timo Baumgartl musste 2022 die Schockdiagnose Hodenkrebs verkraften. Nach der Genesung engagiert er sich nun für die Movember–Kampagne zur Männergesundheit. Mit seinem Schnurrbart will er andere ermutigen, offen über Krankheiten zu sprechen.

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Profifussballer Timo Baumgartl (28) hatte in seinem Leben schon mit vielen sportlichen Herausforderungen zu kämpfen. Doch die persönlichste war die Diagnose Hodenkrebs, die er im Jahr 2022 erhielt. Von Beginn an ging er offen mit seiner Erkrankung um, sprach auch über mentale Probleme. Für seine schnelle Genesung sei es entscheidend gewesen, dass der Krebs in einem frühen Stadium festgestellt worden sei, erklärt er und betont, wie wichtig sowohl regelmässige Gesundheitsvorsorge als auch das Thema psychische Gesundheit bei Männern ist.

Aktuell unterstützt Baumgartl die Gillette–Initiative zum Monat der Männergesundheit, bei der unter anderem für jeden im November verkauften Gillette–Rasierer ein Euro an die Movember Foundation gespendet wird. Der sogenannte Movember setzt sich für die Bekämpfung der drei grössten Gesundheitsprobleme von Männern ein: Prostatakrebs, Hodenkrebs sowie psychische Gesundheit.

Weltweit lassen sich Millionen Männer im November einen Schnurrbart wachsen, um Aufmerksamkeit auf diese Themen zu lenken und offene Gespräche darüber anzuregen. Auch Baumgartl trägt aktuell Schnurrbart. «Ich kannte das selbst bisher nicht, aber Gillette, die die Movember Stiftung schon über mehrere Jahre unterstützen, kam im Oktober auf mich zu und bat mich, mitzumachen», erklärt der 28–Jährige im Interview.

Haben Sie sich an Ihren Schnurrbart mittlerweile gewöhnt?

Timo Baumgartl: Ja, auch wenn ich normalerweise keinen Schnurrbart trage. Die Aktion begann bereits am 31. Oktober mit dem offiziellen Shave Down – hier rasiert man sich einmal glatt und lässt dann den gesamten November über den Schnurrbart wachsen. Man muss aber keine bekannte Persönlichkeit sein, um sich im Movember zu engagieren. Der Schnurrbart soll insbesondere zum Gespräch anregen und die Chance bieten, sich über mentale und physische Gesundheit auszutauschen. Ein Thema, über das auch Männer noch viel mehr offen sprechen sollten.

Warum sind Gesundheit, Arztbesuche und Prävention bei Männern oft noch Tabuthemen?

Baumgartl: Diese Themen sind bei Männern oft tabu, da traditionelle Rollenbilder von ihnen Stärke und Unverwundbarkeit erwarten. Viele Männer vermeiden deshalb Arztbesuche oder Vorsorge, um nicht den Eindruck zu erwecken, verletzlich zu sein.

Wie wichtig ist es, dass Prominente wie Sie offen mit Ihrer Krebserkrankung umgehen oder umgegangen sind?

Baumgartl: Es ist sehr wichtig, dass Prominente offen mit ihrer Krebserkrankung umgehen, da sie so das Bewusstsein stärken, Ängste abbauen und andere zur Vorsorge motivieren können.

Ihre eigene Hodenkrebs–Diagnose 2022 kam für Sie völlig unerwartet. Wie haben Sie die erste Zeit nach der Diagnose erlebt?

Baumgartl: Die Diagnose war ein Schock, und die erste Zeit danach war geprägt von Angst, Unsicherheit und vielen Fragen. Schritt für Schritt musste ich lernen, damit umzugehen und meinen Fokus auf die Behandlung und Genesung zu richten. Am Ende haben mir meine Freundin, Familie und meine Freunde unfassbar geholfen. Und natürlich der Humor.

Was war für Sie rückblickend das Schwerste in dieser Zeit?

Baumgartl: Die ständige Konfrontation mit der eigenen Sterblichkeit und das Gefühl, dass sich der eigene Körper gegen einen wendet.

Was raten Sie Männern, vor allem in jungen Jahren, die mit einer lebensbedrohenden Krankheit konfrontiert werden?

Baumgartl: Ich würde ihnen raten, ihren Humor nicht zu verlieren. Lachen hilft, schwere Zeiten besser zu bewältigen und gibt Kraft, auch in schwierigen Momenten positiv zu bleiben.

Sie haben in der Vergangenheit auch offen über mentale Probleme wie Versagensängste gesprochen. Was hat Ihnen geholfen, diese Phase zu überwinden?

Baumgartl: Offen über meine Ängste und Emotionen zu sprechen und mir psychologische Hilfe zu suchen, war entscheidend. Es hat mir geholfen, besser mit meinen Gefühlen umzugehen und zu verstehen, dass es kein Zeichen von Schwäche ist, Unterstützung anzunehmen.

Warum ist es gerade im Umfeld Profifussball so schwierig, über psychische Probleme zu sprechen?

Baumgartl: Im Profifussball gilt es oft als Schwäche, über psychische Probleme zu sprechen, da dort Stärke, Belastbarkeit und ein «harter» Umgang mit Problemen erwartet werden. Das macht es schwierig, offen über mentale Herausforderungen zu reden.

Darum ging es auch bei Ihrem Besuch vor wenigen Tagen beim Training vom FC Viktoria 1889 Berlin?

Baumgartl: Ja, Gillette unterstützt das Projekt «Ahead of the Game» der Movember Stiftung, das unter anderem jungen Sportlern und Trainern ein Verständnis für physische und psychische Gesundheit vermitteln soll. In Deutschland gibt es das Projekt bisher so noch nicht und unser Besuch bei Viktoria war sozusagen ein erster Kick–off dafür.

Und wie haben das die jungen Fussballer aufgenommen?

Baumgartl: Die Jungs von Viktoria Berlin waren klasse. Man muss wissen, dass die erste Mannschaft von Viktoria einen Altersschnitt von circa 21 Jahren hat, das ist schon bemerkenswert jung. Ausserdem waren noch zwei oder drei Spieler der U19 dabei. Es war eine tolle Aktion, wir haben einige kleine Mentalübungen zusammen gemacht und ich konnte den Jungs zusammen mit Ben Ellermann, dem Movember–Botschafter und Kapitän der deutschen Rugbynationalmannschaft, ein paar Erfahrungen weitergeben. Ich denke, da ist in Summe viel Positives hängengeblieben. Und so gut wie alle Spieler (mit Bartwuchs) und Trainer haben sich sogar noch direkt vor Ort einen Schnurrbart rasiert – daraus sind dann noch richtig coole Fotos entstanden.

Von SpotOn am 22. November 2024 - 16:02 Uhr